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0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

Titel: 0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten
Autoren: Delfried Kaufmann
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hohlen Hand vor Nässe schützten.
    »Was also war los?« fragte ich.
    »Am besten erzählt es dir Cummingham selbst. — Los, Slim!«
    »Also, das war so«, begann Slim in seiner bedächtigen Art. »Ich dachte mir, heute informierst du dich einmal bei den Leuten, die ganz am Südstrand des Bezirkes Basqueville wohnen. Ihre Hausboote liegen fast fünf Meilen vom Rathaus weg, aber sie gehören noch zum Distrikt. — Wissen Sie, G-man, das Hochwasser bietet mir einen guten Vorwand, die Flußbewohner zu besuchen. Sie wissen alle, daß ich etwas vom Mississippi verstehe, und sie hören gern meine Meinung darüber, ob der Fluß dieses Jahr wieder so hoch steigen wird wie vor sieben Jahren, als er selbst die Kirche von Basqueville unter Wasser setzte. — Schön, ich unterhielt mich also mit Jonathan Lyberman, der in der Holzmühle arbeitet, dann mit Esra Father, der vom Fischfang lebt. Er lud mich zum Essen ein. Am Nachmittag ging ich dann zu Jean Subot, dem das letzte Hausboot in dieser Reihe gehört. Mit Jean Subot hat es seine besondere Bewandtnis. Ich glaube nicht, daß er je im Leben gearbeitet hat. Jedenfalls, solange ich ihn kenne, rührt er keine Hand und alles, was er sich im Leben zu erreichen wünscht, ist soviel Whisky, daß er darin baden kann. Er wäre längst verhungert und verdurstet, wenn er nicht einen Sohn besäße. Jean Subot jun. ist Arbeiter in der gleichen Holzmühle wie Jonathan Lyberman. Wenn dem alten Subot der Whisky bis zum Kragen steht, erzählt er immer, in welch großartigen Verhältnissen er sich befände, wenn die verdammten Yankees nicht den Krieg gegen den Süden gewonnen und die Sklaverei der Neger aufgehoben hätten. Denn sein Vater soll während des Bürgerkrieges seine großen Güter verloren haben. — Wir haben Subots Gerede nie ernst genommen. Hier unten im Süden laufen die Landstreicher zu Tausenden herum, deren Familien angeblich vor rund hundert Jahren die Herren im Lande gewesen sein sollen. Subots verrottetes Hausboot hängt voll mit Erinnerungsbildern an weiße Landhäuser, riesige Baumwollfelder, schnurrbärtige Südstaatenoffiziere usw. — Ich machte also meinen Besuch bei dem Alten, während Mr. Decker draußen im Regen wartete. Ich hatte eine Taschenflasche voll Whisky bei mir, und wir tranken uns eins. — Auf einmal öffnet sich die Tür, und der junge Subot tritt ein, und im Handumdrehen geht der Krach los. Er schreit seinen Vater an, warum er hier mit mir säße und sich von mir aushorchen ließe. Er nannte mich einen verdammten Spitzel, der die dreckigen Geschäfte der Nordstaaten-Spitzel besorgte. Kurz und gut, er warf mich hinaus, und wahrscheinlich hat es nur die Anwesenheit von Mr. Decker verhindert, daß er mich nicht in den Fluß warf. Er war erheblich in Fahrt. Okay, ich kletterte also wieder zu Mr. Decker ins Boot und machte mir meine Gedanken über Subots jun. hitziges Benehmen. Ich erinnerte mich an manches, was ich über ihn gehört hatte. Der junge Jean ist ein ordentlicher Bursche und fleißiger Arbeiter, aber der Spleen seines Vaters rumort auch in seinem Gehirn. Sie werden das als Leute aus dem Norden kaum richtig verstehen können, aber es gibt immer noch hier im Süden die Angehörigen der ehemals großen Familien, die den Reichtum, das Herrendasein und den plötzlichen, völligen Zusammenbruch ihrer Großeltern nach dem Bürgerkrieg einfach nicht vergessen können und nicht vergessen wollen. Immer noch glauben sie, es gäbe eine Möglichkeit, das Rad der Geschichte rückwärts zu drehen, und sie glauben um so fester daran, je schlechter es ihnen geht. Jean Subot sen. und jun. gehören zu diesen Leuten, nur daß der Alte seinen Kummer in Whisky ertränkt, während dem Jungen ein Handeln wohl zuzutrauen wäre. Wir ruderten also noch einmal zum Hausboot von Jonathan Lyberman zurück, und ich brachte den alten Jo dazu, mit mir über die Subots zu sprechen, besonders über den Jungen, der mit ihm in der Holzmühle am gleichen Sägegatter steht. Im Handumdrehen fielen vier Namen von jungen Leuten, mit denen Jean jun. öfter zusammensteckte. Verstehen Sie recht, Mr. Cotton. Wir plauderten darüber, wie alte Leute sich zu unterhalten pflegen, wenn sie nichts anderes zu tun haben und draußen der Regen rauscht. ›Na ja‹, sagte der alte Jonathan, ›Crosby Crow hat ja nun sein Glück gemacht.‹ Er habe plötzlich einen Matrosenposten auf einem Frachter bekommen, und von dort aus sei es leicht, auf einen Seedampfer überzuwechseln, wo viel bessere
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