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0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

Titel: 0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten
Autoren: Delfried Kaufmann
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die Gouverneure der einzelnen Staaten sind doch sehr selbständig, und unter dem Druck der Weißen, oft auch durchaus im Einklang mit der eigenen Meinung, beschneiden sie die Rechte der Schwarzen und Mischlinge. Daraus hat sich ein leiser und unterirdischer Kampf zwischen den Bundesbehörden und den Behörden der einzelnen Staaten entwickelt, denn, wie bei allen Dingen, die von der Leidenschaft angepeitscht werden, verwischt sich häufig genug der Unterschied zwischen Recht und Unrecht.
    Es kann leicht Vorkommen, daß ein Weißer, der im Süden gegen die Gesetze verstoßen hat, von seinen Mitbürgern gegen den Zugriff einer Washingtoner Behörde geschützt wird. Dazu kommt, daß der ganze Süden, so seltsam das klingt, irgendwie miteinander verwandt ist. Das ist natürlich nicht im wörtlichen Sinne zu verstehen, aber sie stecken dort unten voller Tradition bis unter die Kragenknöpfe, und ein Weißer, der mit dem Appell an die gemeinsame Hautfarbe um Hilfe fleht, hat gute Aussichten, daß ihm diese Hilfe auch gewährt wird. Jedenfalls hielt man es aus diesen und anderen Gründen in Washington für geraten, daß der Fall des »Mississippi-Piraten« von auswärtigen G-men bearbeitet werden sollte, um die eingesessenen Leute davor zu bewahren, mit irgendwelchen Bezirken ihres Gefühlslebens in Konflikt zu kommen.
    Phil und ich hatten uns von dem hübschen Fräulein im Reisebüro eine romantische Fortsetzung unserer modernen »Viermotorigen-Reise« von New York nach Cairo aufschwätzen lassen.
    Wir gingen in Cairo an Bord der »Precious« und gondelten mit ihr innerhalb von vierundzwanzig Stunden flußabwärts nach Memphis.
    Aus Gründen der Touristenromantik ist die »Precious« nicht etwa ein moderner Flußdampfer, sondern ein feuerspeiender Raddampfer, naturgetreu den Kähnen der Pionierzeit nachgebildet, messingblitzend, mit Samt und Trotteln überladen und mit Holz gefeuert.
    Früher wurde auf diesen Dingen unter anderem heftig gespielt und geschossen, und ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Ernährung der Mississippi-Fische bestand aus Leuten, die beim Falschspiel erwischt worden waren. Heute haben sie eine moderne Lautsprechereinrichtung, durch die ein Mann die Sehenswürdigkeiten der Flußufer trompetet und auf die Punkte mit historischen Ereignissen hinweist.
    So stolz ich auf Amerika bin, so kann ich doch nicht behaupten, daß das Mississippi-Tal zwischen Cairo und Memphis besonders eindrucksvoll wäre. Es besteht aus einer endlosen Ebene, die dem Fluß, wenn er anschwillt, außer einigen Kunstdämmen keine ernsthaften Hindernisse in den Weg stellt. Ein großer Teil der Ebene ist bewaldet und liefert damit den Rohstoff für die Hauptindustrie des Stromgebietes: Holz in jeder Form und Verarbeitung. Hinzu kommt Weizen aus den kultivierten Landstrichen, Viehzucht und viel Baumwolle.
    Eine Unzahl größerer und kleinerer Flüsse führen dem Mississippi Wasser zu. Lange Uferstrecken sind versumpft, und ein Gewirr von toten Armen mit stehendem Wasser bietet den Mücken und allem anderen Ungeziefer, einschließlich einiger Formen von giftigen Schlangen willkommene Brutstätten.
    Wie vor rund hundert Jahren spielt sich ein großer Teil des Lebens auf dem Wasser des Flusses ab, denn die Uferstraßen sind spärlich und selten gut gebaut. Es gibt wenig wirklich Städte im Stromgebiet. St. Louis, Cairo an der Ohio-Mündung, Memphis, New Orleans… und aus.
    Ein sehr großer Teil der Mississippi-Bewohner haust heute noch nicht am, sondern auf dem Wasser. Sie bauen dort unten eine schwerfällige Art von Hausbooten, teils mit, teils ohne Motor. Und in einer solchen Mischung aus Haus und Boot leben vor allen Dingen die ärmeren Schichten der Bevölkerung, denn diese schwimmenden Häuser sind die einzigen Erfindungen, die mit einem Hochwasser fertig werden, ohne ernsthaften Schaden zu nehmen.
    Phil und ich sahen eine Anzahl solcher Boote auf unserer Fahrt stromabwärts, teils in größeren Gruppen zusammenliegend, teils sehr verstreut, manchmal einzeln. Wir begegneten ihnen auch, wenn sie von Dampfern stromaufwärts gezogen wurden, oder aus eigener Kraft mit der Strömung abwärts schaukelten. Sie sind wirklich einzigartige und nur auf dem Mississippi vorkommende Bauten.
    Ich sagte schon, die Fahrt nach Memphis dauerte runde vierundzwanzig Stunden. Natürlich gab es Kabinen auf der »Precious«, und wir schliefen nicht schlecht auf Schaumgummimatratzen an Bord des alten Pionierdampfers. Wir frühstückten am anderen Morgen
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