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0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

Titel: 0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten
Autoren: Delfried Kaufmann
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zurück. Auf der Heckbank saß ein schlanker, etwas mehr als mittelgroßer Mann im Ölzeug, der den Kopf hängen ließ, wie ich beim kurzen Aufblitzen einer Taschenlampe sah.
    Phil hat mir später erzählt, auf welche Weise er den jungen Subot aus der Wohnung holte. Das Hausboot lag allein. Zwischen den Läden schimmerte Licht. Phil kletterte auf die Plattform und pfiff leise, so daß es sich wie ein Signal anhörte. Beim dritten Versuch ging die Tür auf, und Jean Subot jun. steckte den Kopf heraus. Blitzschnell packte Phil ihn am Kragen, zog ihn nach draußen und drückte ihm den Lauf der Null-acht gegen den Leib. Der Junge war ein Hitzkopf. Als er sich gefaßt hatte, wollte er sich trotz der j Null-acht in Phils Hand mit ihm anlegen. Da Phil in keiner Weise die Absicht hegte, ihn zu durchlöchern, mußte er ihm zwei harte Sachen schicken.
    Subot stürzte auf das nasse Deck des Hausbootes. Phil benutzte die kurze Ohnmacht, um auf den Zehenspitzen ins Haus zu schleichen und sich nach dem Alten umzusehen. Er fand Subot sen. in einem alten Schaukelstuhl schlafend, und eine leere Flasche schlechten Gins ließ darauf schließen, daß sein Schlaf außerordentlich tief und fest war. — Draußen fand Phil den Jungen damit beschäftigt, wieder zu Verstand zu kommen. Da der Bursche wieder Krach anfangen wollte, legte Phil ihm einfach Handschellen um. Er zwang ihn, sich sein Ölzeug aus der schwimmenden Hütte zu holen. Der Alte schnarchte weiter und bemerkte nichts davon. Sie verfrachteten Jean ins Ruderboot. Alles, was er noch sagte, war, als er Cummingham bemerkte: »Dir werden wir es noch heimzahlen.«
    Mit dem neuen Gast fanden wir uns auf der Flußmitte wieder zusammen. Es war das Verhör meines Lebens, das an der verrücktesten Stelle stattfand, die für solche Zwecke wahrhaftig nicht geeignet war, mitten auf dem Mississippi in zwei aneinandergeleinten Booten.
    Ich begann ziemlich massiv.
    »Du bist eines von den Mitgliedern der Piratenbande, Subot. Außerdem gehören Past, Rugger und Bud hinzu. Crow und Fosco Brooderick sind tot.« Phil, der neben ihm saß, bemerkte eine plötzliche Kopfbewegung in der Dunkelheit und sagte:
    »Daß Brooderick tot war, scheint er noch nicht gewußt zu haben.«
    »Doch, Subot, Brooderick ist ebenso tot wie Crosby Crow. Glaub nicht, wir hätten ihn erschossen! Dein Chef erschoß ihn, genau wie er auch Crow tötete.«
    Ich feuerte ins Blaue, aber ich traf augenscheinlich ins Schwarze.
    »Kümmert euch nicht um Dinge, die ihr nicht versteht«, schrie der Junge — er mochte drei- oder vierundzwanzig Jahre alt sein.
    »Ich weiß, Jean«, antwortete ich eine Spur milder. »Ich kann mir genau vorstellen, was der Chef euch erzählte; als er Crow erschoß. Es mußte sein, sagte er. Er hätte sonst unsere ganze Organisation verraten. Der einzelne bedeutet nichts, das Ziel alles, und was ähnlicher Unsinn mehr ist. — Wenn du in der Schule besser aufgepaßt hättest, dann wüßtest du, daß alle Leute, die andere für ihre Ziele mißbrauchen, solche Phrasen dreschen. — Was ist dir von dem großen Mississippi-Piraten erzählt worden? — Nicht wahr, ihr sammelt nur die Gelder für einen großen Kampffond, um den Süden von der schwarzen Sklaverei zu befreien!? — Nicht wahr, der Chef rührt keinen Pfennig von den Geldern an, die ihr raubt? Alles kommt in einen Sparstrumpf, um eines Tages Waffen kaufen zu können, und die Neger wieder zu dem zu machen, was sie waren, zu Sklaven, von denen ihr in Freuden leben könnt. — Aber ich möchte dich eins fragen, Jean Subot: Verwaltest du vielleicht diese Gelder? Verwahrst du nur einen Teil davon? Hast du den Schatz, der doch schon eine Menge Dollar betragen muß, überhaupt je gesehen?«
    Ich schwieg, und er antwortete nicht gleich, aber dann schrie er: »Jawohl, ich habe ihn gesehen.« Es war klarer als die Regentropfen, die ununterbrochen auf uns niederprasselten, daß er log. Ich stellte ganz sachlich fest:
    »Du lügst.«
    Überflüssig, zu erwähnen, daß er selbst mit dieser Lüge zugegeben hatte, zur Bande zu gehören. Er war eben ein Hitzkopf und konnte seine Zunge nicht im Zaume halten.
    Ich hatte — so schien es — einen der schwachen Punkte in der Vorstellung dieser jugendlichen Wirrköpfe berührt. Auch ihnen mochte hin und wieder der Verdacht auf gegangen sein, daß der Mississippi-Pirat, dem sie sich aus idealistischen Gründen zur Verfügung gestellt hatten, nicht ehrlich mit ihnen spielte, daß er ihre politischen Wünsche für
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