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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett
Autoren: Monica Dickens
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Haushalt führte, und ich wunderte mich, wie mein Vater zurecht kam, aber ich konnte ihn nicht fragen. Sie gaben eine Menge Partys und luden Menschen dazu ein, an denen ihnen im Grunde nichts gelegen war. Meine Stiefmutter war verrückt nach Bridge, und sie brachte ihm >Kontrakt< bei, obgleich er immer geschworen hatte, er könnte nichts als >Auktion< lernen; und sie hatten dauernd Bridge-Partys mit Erfrischungen, die auf stummen Dienern herumstanden, und Apfelwein und Limonade und Tee, der um neun Uhr hereingebracht wurde. Eine Freundin von mir war von der Schule abgegangen, um Krankenschwester zu werden, und als ich sechzehn war, verließ ich auch die Schule und ging an ein Kinderkrankenhaus. Dort kann man anfangen, noch ehe man alt genug ist, um mit der Hauptausbildung beginnen zu können. Als ich nun alt genug war, ging ich an ein großes Krankenhaus, das auch als Ausbildungsschule diente. Anfangs ging ich an jedem freien Tag in der Woche nach Hause, aber jedesmal fand ich dort immer weniger, was zu mir gehörte, bis es schließlich überhaupt nicht mehr mein Haus zu sein schien. Ich dachte nur noch daran als an ihr Haus. Es schien nicht einmal mehr das meines Vaters zu sein. Es roch nicht mehr nach ihm und seinen Sachen. Es roch nach ihr.
    Eines Tages, als ich wieder einmal nach Hause kam, war mein Hund nicht mehr da; sie erzählte mir, er wäre langsam so alt und schwach geworden, daß sie ihn aus reiner Güte hätte beseitigen lassen. Mein Vater bestärkte sie noch, wenn er mir auch nicht in die Augen sehen konnte. Er wußte ebenso wie ich, daß Dumbell sein Leben geliebt hatte. Ihm machte es nichts aus, daß er nicht mehr die Treppen hinauflaufen konnte; er brauchte es ja nicht. In der Woche darauf fand ich irgendwelche Entschuldigungen, nicht nach Hause zu gehen — ich sagte, ich wollte arbeiten oder dergleichen —, und das war der Anfang. Danach schlief ich oft an meinem freien Tag im Krankenhaus, was scheußlich war, denn man bekam kein Frühstück; und als wir uns die Zimmer teilen mußten, wurde ich immer wach, wenn die anderen Mädels aufstanden. Dann war es schon besser, nach Hause zu gehen, auch wenn ich das Gefühl hatte, überall anzuecken, und ich oft mein Bett ungemacht vorfand und die Möbel in meinem Zimmer mit Schutzhüllen bedeckt waren.
    Ich freundete mich mit Elspeth an, dem Mädchen, zu dem ich jetzt immer nach London fahre und bei dem ich dann auch wohne, wissen Sie; manchmal ging ich auch mit zu ihr nach Hause. Sie drängte und drängte, ich sollte sie einmal mit zu mir nach Hause nehmen, bis ich schließlich nachgab.
    Es war furchtbar. Es war so schrecklich peinlich. Ich hatte meine Stiefmutter angerufen und sie möglichst bescheiden gefragt, ob wir Tee dort trinken könnten, und haßte mich selber, daß ich so unterwürfig war. Sie wußte, wir hatten nur wenig Zeit, weil wir wieder zum Dienst zurück sein mußten; trotzdem hatte sie nichts vorbereitet. Als ich sie fragte, ob wir Tee haben könnten, sagte sie: >Ich denke schon, wenn ihr ihn euch selber macht. Ich sehe nicht ein, warum ich mir wegen dir und deiner Freundin die Beine ausreißen soll.< Können Sie nicht förmlich hören, wie die Süße in ein paar Jahren etwas Ähnliches sagt, wenn Evelyn gern eine Freundin mit nach Hause bringen möchte? Ich höre sie jedenfalls. Mein Vater versuchte ein- oder zweimal, sich mir zu nähern, um zu erfahren, warum ich so wenig nach Hause kam; aber wie konnte ich ihm sagen, daß ich mir dann immer nur wie Besuch vorkam, und zudem wie ein nicht gern gesehener, und das Gefühl hatte, ich müßte mich beim Abschied bei meiner Stiefmutter bedanken, daß ich überhaupt hatte kommen dürfen. Einmal wollte er mir eine geschraubte, feierliche Rede halten über Eifersucht und junge Leute, die glaubten, besser als jeder andere zu wissen, wie sie ihr Leben einzurichten hätten. Er dachte, ich wäre es, die sich verändert hätte, dabei lag es die ganze Zeit doch nur an ihm.
    Nach meiner Ausbildung nahm ich Pflegestellen in Krankenhäusern an, weil mein einziger Gedanke war, nur nicht zu Hause leben zu müssen. Nach zwei Jahren als Oberpflegerin und Jungschwester fühlte ich, daß ich dies Leben in einer nur aus Frauen bestehenden Anstalt nicht mehr aushalten konnte. Ich merkte, daß ich wie die anderen Schwestern wurde — jeder wird dort schließlich so, wissen Sie — , und mich erschreckte die Art, bei der ich mich manchmal ertappte, wie ich mit neuen, sanften kleinen Anwärterinnen sprach, die noch
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