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Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)

Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)

Titel: Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
Autoren: Juli Rautenberg
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und steht so impulsiv auf, dass sein Stuhl nach hinten kippt. Er greift in seine Hosentasche und zieht ein paar Münzen aus der Tasche. Die knallt er mit so viel Nachdruck auf den Tisch, dass die Kellnerin im Türrahmen zusammenschreckt. Ich auch, übrigens. Aber ich hab es ja auch verdient.
    Moritz sieht mich an und wird ruhiger. Die Wut weicht aus seinem Gesicht. Er seufzt. »Es tut mir leid. Aber das wird mir alles zu viel. Ich mag dich sehr, und ich war – nein, verdammt, ich bin echt ganz schön verknallt in dich, aber irgendwie ist mir das alles ein bisschen zu … aufregend. Bei dir. Es tut mir leid. Ich brauch mal ein paar Tage Abstand.« Ich nicke mit schwerem Kopf. Schwer, weil die Tränen langsam in meinen Augen hochsteigen und ich mir Mühe geben muss, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Wenn ich den Kopf jetzt hängen lasse, gibt’s ein Hochwasser.
    Moritz kommt zu mir rüber. Umarmt mich. Sagt, dass er sich bei mir melden wird, dann gibt er mir einen Kuss auf die Stirn und schleicht sich davon. Ich sinke zurück in meinen Stuhl.
    Und dann brechen die Dämme.
    FAZIT: Altpapier
    Weiblich, ledig, jung sucht . Ich bin mir nicht sicher, ob das der ultimative Prolog zu einer romantischen Erfolgsgeschichte werden kann. Bei mir war er es – trotz leicht modifiziertem Wortlaut – nicht.
    Ich bin einige Probleme losgeworden. Unter anderem zwei Männer. Das alles habe ich dieser verflixten Kontaktanzeige zu verdanken. Eine Kontaktanzeige, die ich so formuliert habe, dass ich mir wirklich absolut sicher war, dass sich da niemand melden wird. Es kam leider anders.
    Allem Anschein nach sind Kontaktanzeigen immer noch so in Mode, dass Leute sie nicht nur lesen, sondern auch beantworten. Mein übrigens sehr gut aussehender Zahnarzt, dem ich vor Kurzem bei dem jährlichen Check von meinem Experiment erzählte, war begeistert von der Idee mit den Kontaktanzeigen. »Das ist ja großartig, dass das endlich mal jemand ausprobiert«, nuschelte er hinter seinem Mundschutz, und seine schönen Augen leuchteten mit der Lampe um die Wette, die mir frontal ins Gesicht knallte, »ich frag mich ja immer, wer so was macht, ich hab mich ja nie getraut. Und ehrlich gesagt hab ich die Zahnärztlichen Mitteilungen auch nur wegen der Kontaktanzeigen abonniert!«
    »Chind chi CHINGLE?!«, haspelte ich trotz Absauger in meinem Mund und speichelte mir ein bisschen aufs Revers.
    »Ja – leider. Zu viel zu tun, um sich ums Privatleben zu kümmern. Daher: Klasse, dass Sie das mit den Kontaktanzeigen mal machen, sagen Sie mir dann Bescheid, wie es lief?«
    Beschissen lief’s! Vielleicht hab ich es ja auch in der falschen Zeitung probiert. Zahnärztliche Mitteilungen klingt ja wirklich vielversprechend. Kann aber auch sein, dass die Zahnärzte lieber unter sich bleiben. Wundern würde mich das nicht. Aber wie würde man denn in einem Zahnärzteblatt inserieren? »Hübsche Zahnfee, 28 Jahre jung, adultes Gebiss, Initialkaries an dreifünf und beginnende Parodontitis im Unterkieferfrontzahnbereich, sucht dich, golfspielenden, porschefahrenden und segeltörnenden Zahnarzt (ggf. auch Oralchirurg oder Kieferorthopäde) für gemeinsame Stunden in und außerhalb deiner Praxis.«
    Ne. Das ist auch nicht das Richtige. Letztendlich sind Kontaktanzeigen wie Profile in Online-Börsen: Man setzt auf die Breitenwirkung, man schießt seine Nachricht ins Universum und hofft, dass nicht nur möglichst viele, sondern auch möglichst gute davon mitbekommen und begeistert sind. Dann geht’s ans Sortieren, die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Und es kommt, gemessen an den Erwartungen, eine Menge ins Kröpfchen, so viele, dass du dich bald fühlst wie eine Stopfgans.
    Ich hab genug. Mir steht’s bis zum Hals. Ich will einfach nur weg.

Mein letzter Monat. Mein letztes Motto. Ich entscheide mich für Urlaub. Single-Urlaub. Eigentlich möchte ich lieber alleine wegfahren, möchte traurige und nachdenkliche Spaziergänge im Harz machen oder die Tage in einem Strandkorb auf Norderney verbringen. Warum verbinde ich Urlaub in Deutschland so eng mit Liebeskummer? Vielleicht weil ich immer, wenn mein Herz in tausend Stücke sprang, die Flucht nach vorne antrat. Als meine Großeltern noch lebten, konnte ich immer sie besuchen gehen, irgendwo in der schwäbischen Provinz meine Seele streicheln und meine Plauze mästen lassen. Ich kam drei Kilo schwerer zurück, aber auch fünf Kilo glücklicher, und das hat sich am Ende immer irgendwie ausgezahlt.
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