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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter
Autoren: Ulrich Straeter
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Spötter
behaupten, verharrt es in seiner ökologischen Naivität, umzingelt von den
umweltzerstörenden Interessen seiner Regierung, die nichts anderes im Sinn zu
haben scheint als die Ansiedlung schmutziger Industrien.
    ‘Tax-free
investment opportunities in Ireland’, mit steuerfreien Gewinnmöglichkeiten
wirbt die Bank of Ireland um Investoren, besonders beliebt sind deutsche
Geldanleger.
    Ganz Irland
bewohnt von unwissenden Verbrauchern und einer bösen Regierung? Ganz Irland?
Nein! In einer kleinen Hafenstadt am Rande Europas, am Rande des Atlantiks, in
Bantry, gibt es ein unauffälliges Büro, in dem eine Gruppe unbeugsamer
Umweltschützer unter schlechtesten Bedingungen daran arbeitet, Irland zu
retten: ‘Earthwatch’, die irische Sektion der ‘Freunde der Erde’.
    Sie tun, was
sie können. Ganz Irland umzingelt von schädlichen Interessen? Nein...
    Industrien
braucht Irland sicherlich — und Arbeitsplätze. Doch wem gehören sie, und wer
entscheidet? Leicht kann der Umweltschutz zwischen die Interessen von Kapital
und Arbeit geraten, obwohl eine ‘ökologische Ökonomie’ keinen Gegensatz
bedeuten würde, sondern sehr logisch wäre, wie der Name schon sagt. Sinnvoll
für die Masse der Menschen, nicht nur für die Profite weniger.
     
    Nach dem
Fast Food-Essen trösteten wir uns in einem Pub am See mit einem Beamish, wobei
wir uns dem unentwegt laufenden Fernseher nicht entziehen konnten. Dem Wetterbericht
— some sunny periods, immerhin wurde Sonne angesagt — folgten nachgestellte
Fernsehberichte dramatischer Rettungsaktionen.
    Eine junge
Frau war eine steile Felswand zum Meer hinuntergestürzt, war mit vier
Halswirbelbrüchen in einer Rinne hängengeblieben. Die Retter, die endlich die
einsame Stelle erreicht hatten, versuchten von oben mit einer Bahre und
Seilwinden an die Verunglückte heranzukommen. Der Kampf mit der Zeit begann,
denn die Flut stieg unaufhaltsam und drohte die Frau zu erreichen. Schließlich
gelang es soeben noch rechtzeitig, einen der Retter mit der Bahre zu ihr
hinunterzulassen und sie hochzuhieven. Es folgte das Danach: das strahlendes
Gesicht der Original-Geretteten im Kreise ihrer Familie.
    Und weiter
ging es. Ein Film über zwei gerettete Fischer, deren Bootsmotor weit draußen
auf dem Meer den Dienst versagt hatte. Sie trieben im offenen Boot, das Wetter
verschlechterte sich, es wurde Nacht. Sie hatten kein Trinkwasser und keine
Lebensmittel an Bord. Auch hier die glückliche Rettung durch die Küstenwache
und das unvermeidliche Life-Interview mit den Geretteten.
    Als der
nächste Film begann, verließen wir den gastlichen Ort. Wir haben schlecht
geschlafen.
     
    Der
Fährhafen liegt weit außerhalb Corks, in Ringasciddy, gegenüber von Cobh.
    Wir sind zu
früh da, die Schalter sind noch geschlossen. Um halb vier heute nachmittag soll
die Fähre ablegen. Um zwei Uhr stehen wir wieder in der Empfangshalle und
wollen buchen. Doch es gibt schlechte Nachricht. Es sei alles besetzt. Wir
können uns das kaum vorstellen, eine große Fähre, und es soll keinen Platz mehr
an Deck für zwei Personen und zwei Fahrräder geben. Die beiden Frauen am
Schalter begründen ihre Ablehnung mit Sicherheitsvorschriften. Es ist nichts zu
machen, wir können lediglich für Samstag buchen, drei Tage später. Und auch am
Samstag sind nur noch zwei teure Kabinenplätze frei. Wir wollen keine Kabine,
wollen uns mit den Schlafsäcken irgendwo auf den großen Kisten für die
Rettungswesten niederlassen. Die beiden Damen bleiben hart. Entweder Kabine
oder gar nichts. Das finden wir überhaupt nicht irisch. Der nächste Schock
folgt. Bezahlen sollen wir im Büro in Cork City, sie könnten kein Geld
annehmen. Das wären dreißig Kilometer hin und zurück. Jetzt platzt uns der
Kragen. Ich weiß nicht mehr, was wir gesagt haben, jedenfalls decken wir die
beiden mit einem Schwall englischer und französischer Brocken ein (die Fähre
wird von einer französischen Firma betrieben).
    Das wirkt.
Plötzlich geben sie nach, nehmen unser Geld, wir bekommen die Fahrkarten.
     
    Was nun?
    Es gibt
einen anderen Campingplatz außerhalb von Cork, der näher liegt, allerdings
direkt am Flughafen. Deprimiert schwingen wir uns auf die Räder. Jetzt hören
wir das Schaben von Ilses Hinterachse besonders deutlich, und der Seitenschlag
an meinem Hinterrad, ist er nicht auch stärker geworden?
    Nur langsam
gelingt es uns, die Umwelt zu genießen. Die Sonne scheint, schmale Straßen mit
Bäumen am Rand ziehen sich mit
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