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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter
Autoren: Ulrich Straeter
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und zeitweise den auch deutschen Touristen. Wir wollen nicht
zum Fort wegen seiner Geschichte, sondern wegen des Leuchtturms, den es
innerhalb seiner Mauern beherbergt. Nur die Kuppel lugt über die wuchtigen
Fortmauern, die Malerin hat Schwierigkeiten, einen geigneten Platz zu finden.
Sobald sie sich zum Zeichnen hinsetzt, sieht sie die Kuppel nicht mehr. Sie
vergrößert die Entfernung, der Turm wird wieder sichtbar, nur wirkt er jetzt
kleiner. Meine Ratschläge überzeugen Ilse nicht, so lasse ich sie allein, es
wird schon klappen.
    Auf einem Felsen
am Wasser hockend denke ich an den ‘richtigen’ Leuchtturm von Kinsale, der,
schwarz-weiß-gestreift, weit draußen am Old Head of Kinsale hoch oben auf den
Klippen steht. 1977 haben wir dort mit unserem VW-Bus übernachtet. Und wurden
lange vom Autolärm der Leuchtturmbesucher gestört.
    Von den
steilen Klippen des Old Head of Kinsale, an deren Hängen unzählige Möwennester
hängen, kann man weitüber das Meer schauen. Man bekommt eine Ahnung von dem
Unglück, das sich hier 1915 während des 1. Weltkrieges in Sichtweite der Küste
abspielte.
    Das
britische Passagierschiff ‘Lusitania’war von Boston aus unterwegs nach England.
Unter den Passagieren befanden sich auch 128 Bürger der Vereinigten Staaten von
Amerika, einer von ihnen der Millionärssohn Alfred G. Vanderbilt. Bis heute ist
umstritten, ob auch Waffen und Munition an Bord waren. Historiker haben
herausgefunden, daß einige der Ladepapiere gefälscht worden sein müssen. Auch
mit den Passagierlisten stimmte wohl einiges nicht.
    Stetig
gleitet der Luxusliner durch die See. Bald ist es geschafft, der Zielhafen in
England erreicht. Und bis jetzt ging alles gut, trotz des U-Boot-Krieges. Die
amerikanischen Bürger an Bord gewährleisten vermeintlich Sicherheit, noch
befinden sich die USA nicht im Krieg mit Deutschland. Doch warten einige amerikanische Trusts sehnsüchtig auf den Kriegseintritt,
weil sie sich auch in Europa erhebliche Profite versprechen.
    Da treffen
Torpedos des deutschen U-Bootes U 20 die ‘Lusitania’. Das Schiff sinkt vor dem
Old Head of Kinsale innerhalb weniger Minuten, 1.198 Menschen müssen sterben,
Opfer eines der vielen deutschen Kriegsverbrechen.
    Vielleicht
auch wegen dieses (provozierten?) Zwischenfalls gaben die USA später ihre
Neutralität auf und erklärten Deutschland den Krieg. Die große Freude des
deutschen Kronprinzen über diesen Sieg, ein entsprechendes Telegramm ist
erhalten, war nur von kurzer Dauer. Das Unglück vor der Südküste Irlands sollte
weitreichende Folgen haben.
    Bei diesen
Gedanken ist die Zeit wie im Fluge vergangen, mein Hintern schmerzt vom harten
Felsen. Ilse hat ihren Leuchtturm auf den Block gebannt, wir machen uns auf den
Rückweg. Ein Restaurant liegt am Weg. ‘The Spinnaker’, innen und außen als
maritimes Lokal aufgemacht. Die weiße Hausfassade ist mit blauen Fischen bemal
t, auf dem blechernen Wirtshausschild weht das blaue Ballonsegel. In der Bar
hängen zwei Ölbilder von der schmucken Fassade des Hauses, eine Szene im
Winter, Schnee liegt auf dem Weg.
    Das kann die
Malerin nicht ruhen lassen. Und so entsteht das Aquarell ‘The Spinnaker’, Bar
& Restaurant, Scilly, Kinsale, County Cork, geführt von T. + E.
Mullen, einem jungen Paar.
    Später am
Hafen malt Ilse zwei Fischkutter ‘en detail’, während ich dem Marina Manager
bei dem zuschaue, was er als seine Arbeit bezeichnen würde. Er führt Aufsicht,
trägt etwas in Listen ein, verläßt häufig sein Bürohäuschen und muß mit allen
Menschen, die er trifft, viel reden. Er scheint alle, die er trifft, zu kennen.
Ein hagerer, wildschöpfiger Mann mit Vollbart, der aussieht wie ‘dreimal
Einhand um die Welt gesegelt’. Einige der anderen, mit denen er fachsimpelt,
sehen ebenfalls so aus, sind mindestens für ‘zweimal über den Atlantik’ gut. An
einem Fischkutter schweißen etliche junge Männer in blauen Overalls, es wird
viel geblödelt und gebalgt. Das Boot muß wohl nicht bis morgen fertig werden.
Einer der Jungs mit langen Haaren könnte glatt in Doolin bei Mc Gann’s die
Fiddle spielen... Zumindest würde er sich gut auf dem Foto für das Plattencover
machen.
     
    Der letzte
Bus um viertel vor acht schaukelt uns in schneller Fahrt zurück zu unserem
Airport. Ich nehme an, die Fähre wird ruhiger auf dem Wasser liegen.
    Der
Busfahrer hält, auch ohne Schild, genau an der richtigen Stelle.
     
     
    Nach Cork!
    »Nun, nach
Cork?«
    »Da würde
ich überhaupt nicht
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