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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter
Autoren: Ulrich Straeter
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erschrockener als
wir glotzte uns ein Schaf an.
    »Einen
Schluck zu trinken«, bat ich.
    Ilse reichte
mir die Flasche.
    Das Schaf
flüchtete.Und dann hatte der Berggeist, die Wettergöttin oder wer auch immer
ein Einsehen, unmerklich fast, nach und nach hob sich die Wolkendecke. Ein Ahnen
von Sonne durchdrang den Nebel, einzelne Fetzen wehten über den sichtbar
werdenden See, auf einmal tauchten uns gegenüber am anderen Ufer Berghänge auf.
Innerhalb einer halben Stunde saßen wir im grellen Sonnenschein, vor uns
spiegelten sich die umliegenden Hänge im kristallklaren Wasser des Bergsees,
der wie ein Kratersee geformt ist, weshalb man den Mangerton lange Zeit für
einen erloschenen Vulkan hielt. Doch das Seebecken, Relikt eines kleinen
Gletschers, stammt aus der Eiszeit,
    Und ganz
unten versteckt sich noch etwas Eiswasser, original Eiszeitwasser, in dem die
Schwester von Nessie hockt, denn Nessies mögen Eiswasser, deshalb tauchen sie
so selten auf...
     
    Nun lag das
Punschglas des Teufels ganz vor uns, ungefähr dreihundert Meter lang,
einhundert Meter breit. Und sehr tief. Grundlos tief, wie einige ältere Iren
aus Killarney wissen. Denn als damals zwei Freunde hier badeten, tauchte der
eine irgendwann nicht wieder auf. Alle Suchaktionen blieben erfolglos. Als man
genug Messen für den armen Ertrunkenen gelesen hatte, der Vorfall schon fast
vergessen war, erhielt der andere Freund eine Postkarte aus Australien.
    ‘Mir geht es
gut’, schrieb der junge Mann, ‘es wäre nur schön, wenn ihr mir trockene Kleider
schicken könntet.’
    Immerhin
wurde hier bereits die Kugelgestalt der Erde akzeptiert und nahezu bewiesen.
    Noch nicht
wissenschaftlich gesichert war das Phänomen der Fruchtbarkeit. Frauen, deren
Kinderwunsch unerfüllt geblieben war, mußten an hellen Vollmondnächten des Mai
im Teufelswasser baden, allein, zu mehreren, am besten auch mit Männern, dann
würde ihr Wunsch sicherlich in Erfüllung gehen. Es gab Leute, die Leute
kannten, die neben Leuten wohnten, bei denen das fruchtbare Wasser des
Teufelspunsches die entsprechende Wirkung gehabt haben sollte. Fallbeispiele
genug also für Naturwissenschaftler aus Dublin.
    Ruhig lag
der See in der Sonne, spiegelglatt. Nein, hier ging es irisch gesittet zu, da
hatte der Teufel nicht aufgepaßt: Ein Land, in dem immer noch der Schnaps in
Tüten gewickelt wird! Ein Land, in dem um halbzehn Uhr abends im Pub die
Vorhänge zugezogen werden, damit auch hier niemand sieht, wie es darinnen
aussieht. Und in Wirklichkeit, heißt es in der Sage, trinken die Irinnen nur
vom Wasser des Sees, um fruchtbar zu werden.
    Doch ganz so
verschlafen scheint der Teufel nicht mehr zu sein, denn allen Bischöfen zum
Trotz sieht man häufig eins der verteufelten Condome am Straßenrand oder auf
Parkplätzen liegen.
     
    Beim Abstieg
war dann alles so wie im Reiseführer beschrieben, sogar die Bucht von Castlemaine
war zu sehen und die Slieve Mish Mountains am Anfang der Dingle Halbinsel, über
die wir uns bei Regen und Nebel gequält hatten. Jetzt lag alles im heitersten
Sonnenschein.
    Wir stiegen
durch Heide, die zu blühen begann, durch Gräser, Torf und Farn, durch
ausgeblühte Ginsterbüsche, über steinige, ausgetrocknete Bachbetten und
morastige Grassoden, begleitet von den Rufen der Lerchen und dem Brummen von
Hummeln, die auf uns prallten.
    Und bei einer
Pause am Fuß des Berges, wo Ilse ein Bild malte, zerstachen uns die Mücken.
    Das war
unser Croagh Patrick! 3 )
     

FERIEN
IN CORK
     
     
    Heute ist
Mittwoch. Heute geht die Fähre, denken wir. Gestern abend wollten wir in unserem Viertel von Cork essen. Wir fanden nichts Ansprechendes,
mußten uns mit einem Schnellimbiß begnügen. Die Pommes Frites waren nicht
besonders gut, die Plastikgabeln sehr klein. Wir tranken stilgerecht eine
Coca-Cola aus eisenhaltigem Leichtmetall und eine Seven-up Limonade aus
Aluminium dazu. Beide Dosen seien ‘recycable’, verkündeten stolze Hinweise. Nur
die Praxis konnten wir uns schlecht vorstellen, als die gesamten Essensreste,
einschließlich Pappe, Papier, Plastikgabeln und Dosen in demselben großen Abfalleimer
landeten. Wenn nicht irgendwo das irische Rumpelstilzchen saß und alles wieder
auseinandersortierte. Die Kosten dafür trug sicherlich das Stammhaus der Firma
Coca-Cola in Atlanta-City in USA. Und wenn es — das Rumpelstilzchen — nicht
gestorben ist, dann recycelt es noch heute.
    Irland
scheint das ökologische Schlußlicht der Europäischen Union zu sein. Wie
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