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Zwischen Vernunft und Sehnsucht (Julia) (German Edition)

Zwischen Vernunft und Sehnsucht (Julia) (German Edition)

Titel: Zwischen Vernunft und Sehnsucht (Julia) (German Edition)
Autoren: Annie West
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Declan?“
    Zaghaft streckte sie die Hand nach ihm aus, doch er wich zurück.
    „Weil ich sonst das Schlimmste von Adrian annehmen müsste“, stieß er hervor. „Wenn es keine unglückliche Liebesgeschichte war, die ihn aus der Bahn geworfen hat …“, seine Kehle war wie zugeschnürt, „… dann müsste ich annehmen, mein geliebter Bruder wäre ein Stalker gewesen, der dich zu Tode geängstigt hat.“
    Er fuhr sich mit einer fahrigen Geste durchs Haar. „Ich weiß, wie sehr dich mein Vorwurf, du hättest ihn in den Selbstmord getrieben, erschreckt hat und dass du die Affäre deshalb geleugnet hast. Aber willst du wirklich behaupten, mein Bruder sei ein Monster gewesen?“ Seine Faust landete krachend auf dem Armaturenbrett. „Nein, Chloe. Das war er nicht.“
    Psychisch labil, deprimiert, das konnte Declan noch akzeptieren. Aber ein Mann, der unschuldige Frauen terrorisierte? Niemals.
    Durch den Schleier seiner Wut sah er Chloes blasses, wie erloschen wirkendes Gesicht, als sie langsam ihren Sicherheitsgurt löste.
    „Du trauerst um deinen Bruder, Declan. Du fühlst dich schuldig an seinem Tod. Du bist blind vor Schmerz und Bitterkeit.“
    Er war zu keiner Erwiderung fähig. Wie versteinert saß er da, als Chloe sich zu ihm beugte und Dinge sagte, die er nicht hören wollte.
    „Ich weiß, wovon ich spreche. Mir ging es genauso, als ich vor Jahren meinen Ehemann verlor. Ich dachte, es wäre meine Schuld, dass er nicht geheilt werden konnte. Oder die Schuld der Ärzte.“
    „Das ist nicht dasselbe.“
    „Oh doch.“ Ihre Nähe und ihr zarter Duft machten ihn ganz schwindelig. „Wenn du dich deinen Schuldgefühlen und deiner Trauer nicht stellst, werden sie dich immer quälen. Du wirst dich innerlich abschotten und nur noch ein halbes Leben führen. So war es bei mir.“
    Sie hob die Hand bis fast an seine Wange. Er hielt den Atem an. Wenn sie ihn jetzt berührte …
    „Du hast genug Narben davongetragen.“ Er sah, wie ihr Blick über den Riss glitt, der sein Gesicht für immer zeichnen würde. Das ewige Mahnmal seines Versagens. „Mach es dir nicht noch schwerer.“
    Einige mühselige Atemzüge lang kämpfte er gegen die Versuchung an, die in ihren Worten lag. Dann schüttelte er grimmig den Kopf. Es gab keine Entschuldigung für ihn. Wäre er ein besserer Bruder gewesen, dann würde Adrian noch leben.
    „Bist du fertig?“ Sein schroffer Ton spiegelte seine ganze Verzweiflung wider.
    Ihre Hand sank herab. „Nein, nicht ganz. Ich hasse deinen Bruder nicht, auch wenn er mir Angst einjagte. Es tut mir leid um ihn. Er war krank.“
    „Vor allem aber“, setzte sie nach kurzem Schweigen hinzu, „tut es mir leid um dich. Weil du Angst hast, loszulassen und die Augen für etwas Neues zu öffnen.“
    Ein schmerzliches Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Ich liebe dich, Declan. Aber du bist zu blind, um es zu erkennen.“
    Sein Herz setzte einen Schlag aus. Hatte er richtig gehört?
    „Ich hatte mich aus Trauer und aus Angst, erneut verletzt zu werden, in meine sichere kleine Welt zurückgezogen. Dann kamst du und locktest mich hinaus in ein neues Leben, in dem ich wieder hoffen und lieben konnte. Jetzt bin ich diesen Schritt gegangen und kann nicht wieder zurück.“
    Ihre Stimme bebte, doch als er Chloe berühren wollte, wich sie ihm aus.
    „Ich redete mir ein, dass ich nur bei dir blieb, um mein Gesicht zu wahren, aber das stimmte nicht. Ich tat es, weil ich dich liebe. Und dich in deinem Schmerz nicht allein lassen wollte, solange ich noch hoffen konnte, dass du irgendwann die Wahrheit erkennst. Aber meine Liebe kommt gegen dein Misstrauen nicht an.“
    Ihr trauriger Blick versetzte ihm einen Stich.
    „Als Kind hatte ich keinerlei Selbstbewusstsein“, fuhr sie leise fort. „Ich wuchs in Pflegefamilien auf, weil meine Mutter heroinsüchtig war. Sie ging auf den Strich, um das Geld für den nächsten Schuss zu verdienen. Wer mein Vater ist, habe ich nie erfahren.“
    Sein Herz flog ihr zu. „Chloe …“
    „Nein.“ Sie brachte ihn mit einer energischen Geste zum Schweigen. „Es brauchte viel Zeit und Zuwendung, mein Selbstbewusstsein aufzubauen und mich davon zu überzeugen, dass ich es wert bin, geliebt zu werden. Und ich bin es wert.“
    Es rührte ihn, wie sie tapfer das Kinn erhob.
    „Ich habe dich geliebt, Declan, aber du tust mir nicht gut. Ich brauche einen Mann, der mir bedingungslos vertraut und mich nicht für eine Lügnerin hält. Keinen, der es für Verrat an seinem toten Bruder
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