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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition)
Autoren: Kristin Hannah
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einundvierzig zu werden«, verkündete sie und kickte die Tür hinter sich zu. »Außerdem will ich unbedingt wissen, ob du vor meinen Augen zusammenschrumpelst wie Gary Oldman in Dracula. «
    »Ich schrumpele doch nicht zusammen!«
    »Man kann nie wissen.«
    »Champagner?«, fragte Jolene und hob eine Augenbraue.
    »Nur für mich. Meine Eltern waren keine Alkoholiker. Du kannst wie üblich Mineralwasser trinken.«
    Mühelos öffnete Tami den Champagner, schenkte sich ein Glas ein und ging ins Familienzimmer, wo sie sich auf das Sofa fallen ließ und das Glas erhob. »Auf dich, meine rasch alternde beste Freundin.«
    Jolene folgte Tami. »Du bist doch nur ein paar Monate jünger als ich.«
    »Wir Indianer altern nicht. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Sieh dir meine Mom an. Die muss immer noch ihren Ausweis vorzeigen.«
    Jolene setzte sich in einen Sessel und zog die nackten Füße unter ihren Po.
    Dann blickten sie sich an. Erinnerungen an andere Abende wie diesen stiegen zwischen ihnen auf wie Champagnerbläschen; Mahlzeiten, die Michael verpasst hatte, gesellschaftliche Anlässe, für die Michael keine Zeit gehabt hatte. Jolene erzählte oft, vor allem Tami, wie stolz sie auf ihren brillanten und erfolgreichen Ehemann war, und das stimmte auch, aber in letzter Zeit wirkte er unglücklich. Der Tod seines Vaters hatte ihn aus der Bahn geworfen. Sie wusste, wie unglücklich er war, aber nicht, wie sie ihm helfen konnte.
    »Du bist bestimmt verletzt«, mutmaßte Tami.
    »Es tut weh«, bestätigte Jolene leise.
    »Du solltest mit ihm darüber reden und ihm erzählen, wie du dich fühlst.«
    »Worum soll ich darauf herumhacken? Er fühlt sich doch ohnehin schon schlecht. So was kommt eben vor, Tami. Du kennst doch Michaels Arbeitsmoral. Das ist eine der Eigenschaften, die ich an ihm besonders liebe. Er entzieht sich nie seiner Verantwortung.«
    »Nur der gegenüber seiner Familie«, entgegnete Tami leise.
    »Er hat momentan einfach viel um die Ohren. Seit sein Vater gestorben ist …«
    »Ich weiß, und darüber redet ihr auch nicht. Genauer gesagt: Du redest nicht darüber.«
    »Doch, tun wir.«
    Tami bedachte sie mit einem langen, prüfenden Blick. »In der Ehe gibt es auch Krisen. Manchmal muss man für seine Liebe kämpfen. Nur so wird es besser.«
    Jolene dachte unwillkürlich an ihre Eltern, daran, wie ihre Mutter um die Liebe eines Mannes gekämpft hatte … vergeblich. »Hör mal, Tami. Bei Michael und mir ist alles in Ordnung. Wir lieben uns. Also, könnten wir bitte, bitte über etwas anderes reden?«
    Tami erhob ihr halb volles Glas. »Auf dich, meine Freundin. Dafür dass du so unfassbar alt bist, siehst du toll aus.«
    »Ich sehe toll aus, basta.«
    Tami lachte und fing dann an, eine witzige Geschichte über ihre Familie zu erzählen.
    Bevor sie sich’s versahen, war es zwanzig vor elf. Tami stellte ihr leeres Glas auf den Tisch. »Ich muss nach Hause. Ich hab Carl gesagt, zu Letterman wäre ich wieder zurück.«
    Jolene stand auf. »Danke für deinen Besuch, Tam. Der hat mir wirklich gutgetan.«
    Tami drückte sie fest an sich. Gemeinsam gingen sie zur Hintertür.
    Jolene sah zu, wie ihre Freundin die Abkürzung über die Einfahrt zum Nachbargrundstück nahm. Dann schloss sie die Tür.
    In der Stille war sie ganz allein mit ihren Gedanken, und deren Gesellschaft gefiel ihr nicht.
    Es war bereits Mitternacht, als Michael in die Garage fuhr und neben Jolenes SUV parkte. Auf dem Beifahrersitz lagen ein Dutzend rosafarbener Rosen in Cellophanpapier. Er war schon auf dem Heimweg auf der Fähre gewesen, als ihm einfiel, dass Jolene lieber rote Rosen mochte. Natürlich. Sanft und mädchenhaft war nicht ihr Stil, war es nie gewesen, nicht mal an jenem ersten, traurigen Tag, als sie in sein Leben getreten war.
    Damals war sie siebzehn gewesen. Ein junges Mädchen mit billigen Kleidern, zerzausten langen blonden Haaren und wunderschönen grünen Augen, die vom Weinen verschwollen waren. Doch trotzdem war sie hoch aufgerichtet in die Beratungsstelle getreten und hatte ihre schäbige Kunstledertasche umklammert. Damals war er Praktikant gewesen und studierte im ersten Jahr Jura.
    Sie kam ihm unwahrscheinlich tapfer vor, ein Mädchen, das sogar in der schlimmsten Zeit seines Lebens keine Hilfe wollte. Er hatte sich sofort in sie verliebt und sie daher gebeten, wiederzukommen und mit ihm auszugehen, wenn sie älter wäre. Es war ihr Mut gewesen, der ihn von Anfang an gefesselt hatte, die Courage, die sie so anmutig
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