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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition)
Autoren: Kristin Hannah
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trug wie ihren billigen Polyesterpulli.
    Sechs Jahre später war sie zurückgekommen, als Helikopterpilotin bei der Army – ausgerechnet! Er war jung genug, um immer noch an Liebe auf den ersten Blick zu glauben, und alt genug, um zu wissen, dass das nicht alle Tage geschah. Also redete er sich ein, es wäre unwichtig, dass er eingefleischter Demokrat und sie Soldatin war und sie nichts gemeinsam hatten. Er fühlte sich von ihr so geliebt, geradezu angebetet, dass ihm die Luft wegblieb. Und der Sex zwischen ihnen war umwerfend. Dabei gab Jolene sich vollkommen hin, wie bei allem im Leben.
    Er nahm die Rosen und das Päckchen von Tiffany’s und fragte sich, ob das teure Geschenk alles wiedergutmachen würde. Sie würde sehen, dass er es nicht erst heute gekauft hatte – dass er sich früh genug an ihren Geburtstag erinnert hatte, um eine Gravur anbringen zu lassen –, aber würde das reichen? Er hatte ihr Geburtstagsessen verpasst – vergessen!
    Allein der Gedanke an die bevorstehende Szene erschöpfte ihn. Er würde all seinen Charme aufbringen, um sie zum Lächeln zu bringen. Er würde um Vergebung betteln, und sie würde sie ihm gnädig und ohne Umstände gewähren. Das Ganze würde schnell über die Bühne gehen, aber er würde den Schmerz in ihren grünen Augen sehen, ihr nicht ganz überzeugendes Lächeln, und dann würde ihm wieder einmal bewusst werden, dass er sie enttäuscht hatte. Er war hier der Böse, daran gab es keinerlei Zweifel, und sie würde ihn mit Millionen winziger Zeichen daran erinnern, bis er sie kaum noch ansehen konnte, bis er sich im Bett von ihr abwandte, die Wand anstarrte und von einem anderen Leben träumte.
    Er stieg aus dem Wagen und ging ins Haus. In der dunklen Küche suchte er eine Vase, in die er die Rosen stellen konnte, dann trug er sie die Treppe hinauf.
    Im Schlafzimmer brannte nur eine kleine dekorative Lampe auf dem Tisch am Fenster. Er stellte die Blumen auf die antike Kommode und ging ins Bad, wo er sich auszog und bettfertig machte. Dann stieg er ins Bett, zog sich die dicke Daunendecke bis zur Brust und starrte in die Dunkelheit.
    Früher fand er es tröstlich, auf den Atem seiner Frau zu lauschen, aber jetzt hielt ihn jedes Geräusch von ihr wach.
    Er schloss die Augen und hoffte aufs Beste, wusste jedoch bereits, dass er erst nach Stunden würde einschlafen können. Und dann würde er nur unruhig schlafen und von Träumen gequält werden, die ihm andere Lebensentwürfe vorgaukelten, andere Wege, die er nicht eingeschlagen hatte.
    Als er Stunden später wieder aufwachte, fühlte er sich, als hätte er überhaupt nicht geschlafen. Trübes Licht drang durch die Blendläden und ließ die salbeifarbenen Wände grau wie das Treibholz am Strand wirken. Die dunklen Holzböden schluckten jegliches Sonnenlicht.
    Er stützte sich auf die Ellbogen und spürte, wie die Decke von seiner Brust rutschte.
    Jolene lag wach neben ihm, hatte ihr blasses Gesicht leicht zu ihm gewandt und die zerzausten Haare zurückgestrichen.
    Er sah schon den Schmerz in ihren Augen.
    »Es tut mir leid, Jo.« Er beugte sich zu ihr und küsste sie rasch, dann zog er sich zurück. »Ich mach’s wieder gut.«
    »Ich weiß. Ist doch nur ein Geburtstag. Vielleicht hab ich eine zu große Sache draus gemacht.«
    Er stand auf, ging zur Kommode und holte die Schatulle von Tiffany’s.
    Kurz fuhr ihm durch den Sinn, dass sie ihn um etwas Besonderes für ihren Geburtstag gebeten hatte. Aber kein Geschenk; das war nicht Jolenes Art. Sie wollte … irgendetwas Bestimmtes. Es fiel ihm nicht ein, aber er bemerkte ihr leichtes Stirnrunzeln, als sie die Schatulle sah; doch dann war es schon wieder vorbei, und sie lächelte ihn an.
    »Aha, von Tiffany’s?« Sie setzte sich auf, schob die Kissen hinter sich zurecht und öffnete die Schatulle. Darin lag eine glänzende Armbanduhr aus Platin und Gold auf einem cremefarbenen Lederkissen. Ein einzelner winziger Diamant besetzte die Position der Zwölf.
    »Wunderschön.« Sie drehte sie um und las die Gravur: Jolene, zum 41. »Einundvierzig«, sagte sie. »Wow. Wie schnell die Zeit vergeht. Bald kommt Betsy schon auf die High School.«
    Er wünschte, das hätte sie nicht gesagt. In letzter Zeit wollte er nicht an die Vergänglichkeit erinnert werden. Er war fünfundvierzig – im mittleren Alter also. Aber schon bald wäre er fünfzig, und dann wäre jegliche Chance auf eine andere Version seiner selbst vertan. Und er hatte immer noch keine Ahnung, wie diese andere
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