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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition)
Autoren: Lisa Wirthl
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verdammt gut aus.
    Mit diesem vollkommen absurden Gedanken und seinem Gesicht im Gedächtnis, von dem sie nicht einmal mehr wusste, ob es nur ein Traum gewesen war, fiel sie in einen unruhigen Schlaf.
    Unten vor dem Hotel auf der Straße verschwand der schwarze Maserati unsichtbar in der Nacht, als wäre er niemals dort gewesen.

6
    Sie wachte früh am Morgen auf. Viel zu früh. Es war noch relativ düster in ihrem Zimmer, als Leslie sich aufsetzte, um auf ihre Armbanduhr zu sehen. Viertel vor fünf. Die Sonne musste gerade erst dabei sein aufzugehen. Gähnend rieb sie sich mit dem Handrücken über die Augen, doch die Müdigkeit ließ nur langsam nach. Sie versuchte, ihre langen Haare, die vom Schlaf völlig zerzaust waren, mit den Fingern durchzukämmen, während sie sich nach links drehte, um nachzusehen, ob Anne noch schlief.
    Anne schlief. Tief und fest, wobei sie immer noch leise schnarchte. Ihre rechte Hand lag direkt auf Leslies Kopfkissen. Anne schlief oft unruhig, aber so tief wie ein Stein. Leslie hätte ihr ihren iPod in voller Lautstärke an die Ohren halten können und sie wäre nicht aufgewacht. Sie widerstand diesem Versuch und sprang leise aus dem Bett, schlich auf Zehenspitzen hinüber zum Fenster und schlüpfte hinter den langen Vorhang, der bis auf dem Boden reichte.
    Es war nicht mehr dunkel draußen. Die ersten Sonnenstrahlen tauchten die umliegenden Gebäude in ein warmes, goldenes Licht. Die Häuser verschmolzen schemenhaft mit den Schatten, die noch in einigen Ecken der Stadt zwischen den alten Mauern saßen, aber hier und da gelang es der Sonne, ihre goldenen Strahlen dazwischen zu stecken. Draußen musste eine wunderbare, frische Luft sein.
    Leise öffnete Leslie das Fenster einen Spaltbreit, gerade so weit, dass es nicht gegen den Vorhang in ihrem Rücken stieß, und lehnte sich weit über das Fensterbrett nach draußen. Es roch tatsächlich gut; nach dem nahen Meer, nach der frischen, etwas kühleren Luft, die die Nacht mit sich gebracht hatte, aber man konnte schon jetzt die Hitze des heranbrechenden Tages riechen.
    Leslie atmete tief durch. Sie genoss die kurzen Augenblicke des Morgengrauens, das ihr hier viel intensiver erschien, als in ihrer Heimat. Die Geräusche der Nacht waren noch nicht ganz verklungen und so lauschte Leslie dem Zwitschern eines Vogels und dem Verkehr auf den Straßen, der mit dem Morgen immer dichter und lauter wurde.
    Während die Sonne immer höher stieg und es um sie herum allmählich heller wurde, kniete Leslie wie in Trance am geöffneten Fenster und starrte hinaus, geradewegs auf in den bunt gefärbten Himmel, als es ihr wieder einfiel.
    Sie spürte, wie ein Adrenalinschock durch ihren Körper jagte und mit einem Mal konnte sie sich nicht mehr auf den nahenden Tag konzentrieren, sondern nur noch an die Ereignisse der vergangenen Nacht denken.
    Mein Koffer! Schoss es ihr durch den Kopf. Der fremde Typ, der so unverschämt gut aussah. Er war so unfreundlich gewesen, dabei wäre es eigentlich an ihr gewesen, wütend zu sein. Was musste der auch mitten in der Nacht aufkreuzen? Und dann fiel ihr ein, dass sie seit seinem unerwarteten Besuch nur knapp dreieinhalb Stunden geschlafen hatte. Warum war sie aber nicht todmüde?
    Sie sah sein Gesicht noch genau vor sich. Erschrocken, dann wütend, kurz bevor das Licht flackernd wieder ausgegangen war. Was war in dem verfluchten Koffer? Was konnte so wichtig sein, dass der Fremde es noch am selben Tag, an dem er die Verwechslung bemerkt hatte, zu dieser späten Stunde aufgetaucht war, um ihn sich zurückzuholen? Wer war er überhaupt gewesen? Ein Kleinkrimineller? Jemand vom Flughafen?
    Bevor sie sich in den wildesten Fantasien verlieren konnte, entschied Leslie, dass es besser war, die Sache zu vergessen und nicht weiter darüber nachzudenken. Sie wusste genau, dass ihr das nicht gelingen würde. Sie atmete noch einmal tief durch, schloss das Fenster, tauchte hinter dem Vorhang hervor und durchquerte so leise sie konnte, die schlafende Anne immer im Auge behaltend, das Zimmer. Vor der weißen Badezimmertür blieb sie stehen, schaute sich noch einmal nach ihrer Freundin um, dann drückte sie vorsichtig die goldene Klinke herunter. Schnell schlüpfte sie durch den Türspalt hinein ins Bad. Das Licht schaltete sie erst ein, als sie den Schlüssel, der im Schloss steckte, soweit herumgedreht hatte, bis es nicht weiter ging. Dann tapste sie über die kühlen, weißen Fliesen hinüber zu der breiten, aus schwarzem Marmor
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