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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition)
Autoren: Lisa Wirthl
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entwand sich Anne aus ihrem Griff und floh zu Leslie auf die dicke, steinerne Fensterbank und versteckte sich hinter dem langen dichten Vorhang, der vor dem Fenster hing.
    „Es ist wunderbar!“, rief sie hinter dem dicken Stoff hervor.
    Melissa sah Leslie an. „Und was ist mit dir?“, fragte sie besorgt. „Gefällt es dir hier auch?“
    Leslie nickte. „Ja, es ist echt schön“, sagte sie und schenkte Melissa ein Lächeln, die daraufhin froh über beide Ohren grinste.
    „Ich wusste, dass ihr die Richtigen seid, um mit mir zu fahren“, sagte sie und ihr rundes Gesicht strahlte, wie Leslie es noch nie an ihr gesehen hatte.
    Sie gingen an diesem Tag keinen Schritt mehr vor die Tür. Melissa verzichtete darauf, ihrem Vater Bericht zu erstatten, obwohl er ausdrücklich gesagt hatte, er wolle wissen, ob es Anne und Leslie hier gefiele. Die Drei verbrachten den ganzen Abend damit, auf dem Bett zu sitzen (Melissa schlief im Raum nebenan) und sich durch das Fernsehprogramm zu schalten, wobei natürlich keiner von Anne und Leslie ein Wort verstand, aber Melissa spielte die Übersetzerin. Die Nachrichten schauten sie sich trotzdem an, einfach so, weil es Spaß machte, das Gefühl von Urlaub und Freundschaft zu genießen.
    „Morgen zeige ich euch ganz Palermo, ja?“, sagte Melissa irgendwann, als sie den Fernseher ausgeschaltet hatten.
    „Au ja“, nuschelte Anne schläfrig, „ich bin hundemüde.“ Sie ließ sich rücklings in die weichen Kissen fallen. „Es ist gleich zehn“, murmelte sie und gähnte. „Lasst uns schlafen, ja?“
    Melissa nickte, obwohl sie kein bisschen müde wirkte, und zog sich als Erste ins Bad zurück. Anne gesellte sich zu ihr und Leslie blieb alleine auf dem Bett sitzen. Für einen Augenblick genoss sie die Ruhe und das Alleinsein. Und während sie wieder auf ihren Platz auf der Fensterbank kletterte und Anne rufen hörte: „Leslie, komm mal – das Bad ist so groß wie ein Wohnzimmer!“, musste sie plötzlich an zu Hause denken. An Schottland, wo es so viel angenehmer kälter war, als hier auf Sizilien. An ihren kleinen Bruder Benny, den sie doch irgendwie auf einmal lieb hatte, an ihre Mom. Und an ihren Dad. Sie biss sich auf die Zunge. Sie blickte aus dem Fenster, das sie weit geöffnet hatte, hinaus auf die Straße und die Dächer der Häuser auf der anderen Seite, die in ein abendlich goldenes Licht getaucht wurden. Die Sonne hing schwer über den Dächern.
    Dann kramte Leslie ihren iPod aus ihrem Rucksack und steckte sich die Stöpsel in die Ohren. Sie konnte sich nicht entscheiden, was sie hören wollte und so schaltete sie ihn wieder aus, nachdem sie einmal ‚ Beyond the Sea ‘ von Robbie Williams gehört hatte, und stand auf, um ihren Koffer auszupacken, bevor Anne und Melissa auf die gleiche Idee kamen. Leslie grinste. Sie würde sich genug Platz in dem dunkelbraunen Schrank, der gleich neben ihrem Bett stand, reservieren können. Ihre Hände tasteten vergeblich nach dem Reißverschluss an der Seite des dunklen Stoffes. Mist, wo war das verfluchte Ding? Genervt lief sie die paar Schritte zur Tür und schaltete das Licht ein. Der Kronleuchter über ihrem Bett leuchtete hell auf und zum ersten Mal an diesem Tag nahm Leslie ihren Koffer genauer unter die Lupe. Es war nicht ihrer. Sie kannte ihn nicht.
    Shit , dachte sie, SHIT ! Der kleine Trolley glich ihrem eigenen haargenau, aber die Marke hätte sie sich niemals leisten können. Ihr Namensschild war nicht am Griff befestigt, dafür etwas anderes, das den Reißverschluss sorgsam daran hinderte, geöffnet zu werden: ein Sicherheitsschloss. Neugierig beugte sich Leslie näher darüber. Ein Schloss mit Zahlencode. Na super.
    Sie fluchte. So laut, dass Anne und Melissa entsetzt aus dem Bad gerannt kamen. Anne hielt ihre Zahnbürste in der Hand, die Tube Zahnpasta in der anderen. Melissa war gerade dabei gewesen, ihr langes Haar zu ordentlichen Zöpfen zu flechten. Alle beide starrten sie mit großen Augen an.
    „Was ist, Leslie?“ Besorgt kam Anne auf sie zugelaufen.
    „Ich hab’ den falschen Koffer, verflucht!“, sagte Leslie.
    „Was?“, entfuhr es Anne, aber auf ihrem Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. „Wie das?“
    „Das musst du wissen“, entgegnete Leslie gereizt. „Du hast ihn mir schließlich vom Band geholt.“
    „Du hättest es aber auch erkennen müssen!“
    „Ich weiß!“, sagte Leslie. „Wer um Gottes Willen hat meinen?!“
    Anne ließ sich neben sie auf die Bettkante sinken und wippte aufgeregt
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