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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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weinen. Dass sie weinte, war nur natürlich: Er war ihr Mann, und er war schwer verletzt. »O Gott, ich weiß es nicht. Irgendwas ist über mich gekommen. Tut mir leid. Beweg dich nicht, ich rufe die 911 an, damit sie einen Krankenwagen schicken.«
    Sein linker Fuß scharrte über den Boden. »Gelähmt bin ich nicht«, sagte er. »Gott sei Dank nicht. Aber es tut weh !«

    »Ich weiß, Schatz.«
    »Ruf den Krankenwagen! Schnell!«
    Sie ging in die Küche, sah kurz zu dem Telefon in seiner Ladestation hinüber und öffnete dann den Schrank unter dem Ausguss. »Hallo? Hallo? Ist dort die 911?« Sie griff nach der Schachtel Plastikbeutel - die mit den großen, in denen sie sonst immer die Reste von Roastbeef oder Geflügel aufbewahrte - und zog einen heraus. »Hier ist Darcellen Anderson, ich rufe aus der 24 Sugar Mill Lane in Yarmouth an! Haben Sie das?«
    Sie zog eine Schublade auf und nahm ein Geschirrtuch von dem dort liegenden Stapel. Sie weinte noch immer. Sie hat nah am Wasser gebaut, hatte man in ihrer Kindheit von solchen Leuten gesagt. Weinen war gut. Sie musste weinen, und das nicht nur, weil es später besser aussehen würde. Er war ihr Mann, er war verletzt, sie musste weinen. Sie erinnerte sich an früher, als er noch volles Haar gehabt hatte. Sie erinnerte sich an seinen eleganten Breakaway, als sie zu »Footloose« getanzt hatten. Er hatte ihr zu jedem Geburtstag rote Rosen geschenkt. Das hatte er nie vergessen. Sie waren auf den Bermudas gewesen, wo sie vormittags geradelt waren und nachmittags miteinander geschlafen hatten. Sie hatten ein gemeinsames Leben aufgebaut, und nun war dieses Leben vorüber, und sie musste weinen. Sie wickelte sich das Geschirrtuch um die Hand, dann stopfte sie die Hand in den Plastikbeutel.
    »Ich brauche einen Krankenwagen. Mein Mann ist die Treppe runtergefallen. Ich befürchte, dass er sich einen Halswirbel gebrochen hat … Ja! Ja! Sofort!«
    Dann kam sie mit hinter dem Rücken gehaltener Hand auf den Flur zurück. Sie sah, dass er etwas weiter von der Treppe entfernt lag; er schien auch versucht zu haben, sich auf den Rücken zu wälzen, aber das war ihm nicht gelungen. Sie kniete neben ihm nieder.

    »Ich bin nicht gefallen«, sagte er. »Du hast mich geschubst. Warum hast du mich geschubst?«
    »Wegen Robert Shaverstone, glaube ich«, sagte Darcy und brachte ihre hinter dem Rücken gehaltene Hand zum Vorschein. Sie weinte jetzt heftiger als je zuvor. Er sah den Plastikbeutel. Er sah die darin steckende Hand mit dem zusammengeknüllten Geschirrtuch. Er begriff, was sie vorhatte. Vielleicht hatte er das selbst schon einmal getan. Das war sogar wahrscheinlich.
    Er begann zu kreischen … nur waren seine Schreie keine richtigen Schreie. Sein Mund war voller Blut, und mit dem Kehlkopf schien irgendetwas nicht in Ordnung zu sein, weshalb die Laute, die er hervorbrachte, eher dumpfe Knurrlaute als wirkliche Schreie waren. Sie schob ihm den Plastikbeutel zwischen die Lippen und weiter tief in den Mund. Bei dem Sturz waren einige seiner Zähne abgebrochen, und sie konnte die gezackten Stummel spüren. Falls sie sich daran verletzte, würde das sehr schwierig zu erklären sein.
    Sie riss die Hand heraus, bevor er zubeißen konnte, ließ aber den Plastikbeutel mit dem Geschirrtuch zurück. Mit einer Hand packte sie sein Kinn, die andere legte sie auf seinen kahl werdenden Schädel. Das Fleisch dort war sehr warm. Unter der Kopfhaut konnte sie seinen Puls spüren. Sie drückte sein Kinn hoch und sperrte auf diese Weise den Klumpen aus Plastikfolie und Stoff in seinem Mund ein. Er versuchte sie wegzustoßen, aber er hatte nur einen Arm frei, und das war der, den er sich bei dem Sturz mehrfach gebrochen hatte. Der andere lag verdreht unter ihm. Seine Füße zuckten krampfartig über den Hartholzboden. Dabei verlor er einen der Schuhe. Aus seiner Kehle kam ein Gurgeln. Sie schob ihr Kleid bis zur Taille hoch, so dass die Beine frei waren, und machte einen Ausfallschritt nach vorn, um sich rittlings auf ihn zu setzen. Auf diese Weise konnte sie ihm vielleicht die Nase zuhalten.

    Bevor sie jedoch dazu kam, erzitterte sein Brustkorb unter ihr, und sein Gurgeln verwandelte sich in tief aus der Kehle kommende Grunzlaute. Die erinnerten sie daran, wie bei ihren ersten Fahrversuchen manchmal das Getriebe geknirscht hatte, wenn sie versucht hatte, den zweiten Gang zu finden, was in dem alten Chevrolet Standard ihres Vaters manchmal nicht einfach gewesen war. Bob bäumte sich auf, und das

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