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Zwischen Mond und Versprechen

Zwischen Mond und Versprechen

Titel: Zwischen Mond und Versprechen
Autoren: Shannon Delany
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schnell!
    Ich schielte zum Handy hinunter. Das Licht erlosch. Aus. Das Telefon der Rusakovas war aufgelegt worden. Mir blieb nur die Hoffnung, dass Alexi oder Max alles gehört hatten und wussten, was zu tun war.
    Ich wusste es jedenfalls nicht.
    » Du darfst mich Nickolai nennen, Kleine. Wer ist sie, Pietr? Ist das die neueste Hoffnung auf Verwässerung der Blutlinie? Das würde ich gar nicht erst anfangen. In Mexiko hat man versucht, den Wolf herauszuzüchten. « Er sagte Wolf, als sei das ein gewöhnliches Wort. » Und was ist dabei herausgekommen? Ihr solltet euer Schicksal akzeptieren, eure Stärke nutzen. In jedem von euch steckt ein fantastisches Ungeheuer! «
    Pietr schüttelte wütend den Kopf.
    » Der Wolf in dir ist für Großes bestimmt– ein stolzer Sohn Russlands würde sich dem niemals verweigern. « Nickolai ging langsam auf uns zu.
    » Ach ja, wo war denn Mütterchen Russland, als wir in Farthington beinahe aufgeflogen sind? «, rief Catherine.
    Nickolai stürzte sich auf sie, packte sie und schüttelte sie. » Mütterchen Russland ist immer bei euch– sie ist in eurem Blut, du undankbares Luder! « Er schlug sie so fest, dass der Schmerz auch durch Pietrs Körper zuckte.
    Pietr verlagerte kaum merklich sein Gewicht. Er hatte etwas hinter der Linie der bewaffneten Männer wahrgenommen. Ich nahm meine Hände von seinen Schultern und machte einen halben Schritt nach hinten. Und in diesem Augenblick ließ sich Pietr, der ganz auf Catherine fixiert war, auf alle viere fallen und verwandelte sich. Dieses Mal geschah es viel schneller– ich sah nur kurz seine bloße Haut aufblitzen, schon stand da ein riesiger, wütender Wolf. Er stürmte über die Wiese, Laub wirbelte hinter ihm auf.
    Er sprang hoch.
    Die Mafiosi rissen ihre Augen auf.
    Eine Pistole glitzerte und wurde auf ihn angelegt. Der Wolf sollte mit einem einzigen Schuss zu Boden gestreckt werden. Ich schrie. Nickolai wirbelte herum, gab dem übereifrigen Grigori eine Ohrfeige und sprang mit einem Schrei gerade noch rechtzeitig zur Seite. Der Wolf berührte nur für einen Augenblick den Boden, dann rammte er seine breite, pelzige Schulter in einen der anderen Männer, der in hohem Bogen zwischen die Bäume flog. Es gab ein knirschendes Geräusch– wie wenn Fleisch und Knochen auf Holz krachen–, und mir war klar, dass dieser Mann für den Rest des Gefechts ausfiel.
    Ein weiterer Wolf setzte über die Reihe der bewaffneten Männer. Das also hatte Pietr kurz vor seiner neuerlichen Verwandlung gesehen. Dieser Wolf war noch größer, sein Fell war dunkler gezeichnet und um sein Maul lag ein gieriges Grinsen. Er warf sich mit Macht auf die Männer, den einen packte er mit seinen Reißzähnen am Bein und schleuderten ihn außer Sichtweite. Inmitten dieses Wahnsinns riss Catherine sich los.
    Einen Augenblick lang begegneten sich unsere Blicke. Sie sah mich beinah entschuldigend an. » Lauf! « Und schon verwandelte auch sie sich in jenes Ungeheuer, das ich aus Märchen und Erzählungen fürchten gelernt hatte. Sie stieß ein wildes Heulen aus– den Schlachtruf eines Werwolfs– und warf sich mit neuer Kraft auf die Männer und schlug sie mit blitzenden Zähnen und Klauen.
    Ich tat genau das, was sie befohlen hatte. Ich rannte über die Wiese und in den Wald hinein. Aber dann blieb ich stehen. Jeder, der auch nur einen Funken Verstand besaß, wäre weitergelaufen. Das war mir klar. Ich aber kletterte auf einen Baum und wunderte mich, warum bis jetzt keine Schüsse gefallen waren.
    Ich begriff erst, als die Drähte einer Taserpistole die kalte Nachtluft durchschnitten. Mein Magen krampfte sich zusammen.
    Sie waren nicht gekommen, um die Werwölfe zu töten. Sie wollten sie lebend. Die Widerhaken der Elektrodrähte bohrten sich in Wolfsfleisch. Ein Knistern, dann das brutale bläuliche Leuchten elektrischer Energie. Verzweifelt ließen die Wölfe von ihren Angreifern ab und versuchten, sich die elektrisch geladenen Drähte mit den Zähnen herauszuziehen.
    Meine Finger gruben sich in die Rinde, unter meinen Fingernägeln zerbröselten Flechten zu Staub. Ich wünschte mir Klauen, wünschte mir Reißzähne, ich wollte irgendwie helfen…
    Die blauen Schockwellen warfen sie zu Boden. Catherine, Pietr und der andere Wolf waren lahmgelegt. Ihre Abwehrbewegungen verliefen nur noch in Zeitlupe, ihre Reaktionen waren gedämpft, ihre Muskeln zitterten.
    » Noch mal « , befahl Nickolai und klopfte sich den Staub von der Hose. Das elektrische Zischen versetzte
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