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Zwischen Licht und Dunkel

Titel: Zwischen Licht und Dunkel
Autoren: Ursula Spitzbart
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einfach macht. Andererseits haben meine Insulaner auch Eigenheiten, die ich nie mehr vermissen möchte. Vor allem von der ungezwungenen und entspannten Art, die den täglichen Umgang miteinander bestimmt, von der gewissen Leichtigkeit des Seins könnte man sich nach meinem Geschmack anderswo gerne ein Scheibchen abschneiden.
    Und nun, lieber Leser, wünsche ich viel Spaß und Spannung bei der Reise auf meine ganz persönliche Insel.
    Reykjavík, im Februar 2010
    Ursula Spitzbart

Zwischen Licht und Dunkel
    Ich habe gut geschlafen. Es ist Samstagmorgen und ich gönne es mir, noch ein paar Minuten vor mich hin zu dösen. Dann bin ich für den neuen Tag bereit und mache die Augen auf – gerade rechtzeitig für einen tollen Sonnenaufgang. Aus Macht der Gewohnheit fällt mein Blick auf den Wecker: Was … schon elf Uhr!? Nur vier Stunden Zeit, bis es wieder dunkel wird! Dabei wollte ich heute doch so viel erledigen!
    Auch der Islandsommer raubt mir oft jegliches Zeitgefühl. Denn so wie der Winter hier mit Tageslicht knausert, machen sich in den Sommermonaten die dunklen Stunden rar. Für echte Überraschung sorgt stets mein Bericht, dass beide Extremzustände in ihrem Kern eigentlich nur jeweils zwei Monate lang dauern. Tatsächlich, nicht länger? Die trübe Vorstellung von endlosen Islandmonaten in kompletter Dunkelheit ist erstaunlich weit verbreitet. Die Frage, die mir seit Beginn meiner persönlichen Islandkarriere schon unzählige Male gestellt wurde – „Wie ist das denn so, Winter auf Island?“ – kommt nicht von ungefähr. Wahlweise wird sie mit einem interessierten, einem vorsichtigen oder sogar fast mitleidigen Unterton vorgebracht. Ist es gar nicht so schlimm wie ursprünglich angenommen?
    Zum ersten Mal kam ich als Rucksackurlauber nach Island. Im August 2001 umrundete ich drei Wochen lang die Insel mit dem Linienbus. Ich erlebte helle, schier unendliche Tage, in denen alles vor Leben und Heiterkeit strotzte. Einen ersten Vorgeschmack auf den isländischen Winter bekam ich im Dezember desselben Jahres, als ich für eine Woche auf die Insel zurückkehrte. Ziel dieser Übung war es, meine überaus angenehm ausgefallene Bekanntschaft mit Stefán zu vertiefen, dem ich im Sommer durch einen Wink des Schicksals in die Arme gelaufen war. Im Vergleich zu meiner sommerlichen Stipvisite, bei der sich das Leben draußen abspielte, erlebte ich jetzt ein völlig in sich gekehrtes Island. Drinnen schön schummrig bei Kerzenschein, draußen zahllose und längst nicht nur auf die Weihnachtszeit begrenzte Lichtergirlanden, um die Dunkelheit zu erhellen. Kaum ein Fenster bleibt ungeschmückt. Manche Hausgemeinschaften scheinen regelrechte Abmachungen getroffen zu haben zwecks Balkondekoration: Hier leuchtet ein kompletter Häuserblock in Weiß, der Nachbar hat rot geschmückt. Obendrein spendiert die Stadt Reykjavík eine üppige Portion Lichterschmuck. Frisch verliebt ließ sich diese Kuschelatmosphäre in der Landeshauptstadt wunderbar genießen.
    Am 21. Dezember eines jeden Jahres erlebt Island seinen kürzesten Tag – oder die längste Nacht. In Reykjavík steigt die Sonne nur für gute vier Stunden über den Horizont. In den Wochen um diesen Stichtag herum komme ich mir vor wie ein Bär im Winterschlaf. Wenn nicht gerade der Wecker gestellt ist, wache ich tatsächlich erst am späten Vormittag auf. Obendrein gönne ich mir gerne nachmittags ein Nickerchen. Wie ein kleiner Vogel fühle ich mich, der erst dann aus seinem Nest schlüpft, wenn es hell wird und es wieder heimsucht, sobald es dämmert. Im Gegensatz dazu kennt mein Tatendrang in der Zeit des sommerlichen Lichts keine Grenzen. Vielleicht ist es genau das, was die Natur eigentlich auch für den Menschen vorgesehen hat.
    Doch selbst in dieser winterlichen „Zeit der kurzen Tage“ – im Dezember und Januar – verirren sich immer wieder Sonnenstrahlen auf isländischen Boden. Mitunter gibt es sogar fantastisch helle Stunden bei blauestem Himmel, meist nach einem perfekten Sonnenaufgang – und vor einem ebensolchen Untergang. Als ich mich als Islandneuling für meinen ersten längeren Winterbesuch auf der Insel rüstete, steckte ich die Sonnenbrille absichtlich nicht ins Reisegepäck. Wozu denn auch … Doch wie sehnte ich sie bald herbei! Die Sonne stand so tief, dass sie mir – besonders beim Autofahren – beinahe waagerecht ins Gesicht schien.
    Winterliche Lichtblicke ganz anderer Art bietet Aurora Borealis , das Nordlicht. Dieses himmlische
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