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Zwischen Ehre und Verlangen

Zwischen Ehre und Verlangen

Titel: Zwischen Ehre und Verlangen
Autoren: Louise Allen
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wiederzusehen, und musste sich zwingen, nicht ständig an ihn zu denken, während sie ihren Morgenspaziergang im Park unternahm. Zufrieden lächelnd dachte sie an ihre Zofe, die am vergangenen Tag strahlend vom Besuch bei den Gourleys zurückgekehrt war und erfreut verkündet hatte, Thomas werde sie heiraten. Das bedeutete, dass sie jetzt die Instandsetzungsarbeiten am Torhaus veranlassen und sich eine neue Zofe suchen musste.
    Amanda schlenderte zur Orangerie, in der sie sich bei warmem Wetter oft lesend oder stickend in Janes Gesellschaft aufhielt. Plötzlich hörte sie vom Reitplatz her Wiehern und gleich darauf die Stimme eines Stallknechts, der einen Besucher begrüßte. Neugierig geworden, machte sie kehrt und überlegte, wer gekommen sein mochte. Vielleicht war Jane zurückgekehrt, die gleich nach dem Frühstück nach Wiveton zum Pfarrer gefahren war. Oder Humphrey war unerwartet eingetroffen.
    Es handelte sich jedoch weder um die Freundin noch den angeheirateten Vetter, sondern zu Amandas großer Überraschung und Freude um Mr. Brownsmith, der um die Ecke des Gewächshauses bog. Amanda spürte das Herz schneller schlagen, blieb stehen und schaute erwartungsvoll Mr. Brownsmith entgegen. Er hinkte nicht mehr, sondern kam federnden Schritts auf sie zu. Den Daumen der rechten Hand, die er nicht mehr in der Schlinge trug, hatte er in die Weste gehakt und die Reitgerte in den rechten Stiefel gesteckt.
    Er hielt vor ihr an, nahm die Jockeykappe ab und verneigte sich. “Guten Morgen, Mrs. Clare”, sagte er höflich. “Wie geht es Ihnen?”
    “Ich fühle mich sehr viel besser, Sir”, antwortete sie freundlich. “Natürlich tun die Prellungen noch etwas weh, und ich befürchte, es wird eine Weile dauern, bis ich wieder so normal aussehe, dass ich mich in der Öffentlichkeit blicken lassen kann. Und wie ist Ihre Verfassung?”
    “Danke, gut”, sagte Jared. “Ich kann wieder richtig auftreten, aber den rechten Arm noch nicht voll belasten. Deshalb hat Mr. Bream mir sein gefügigstes Pferd zur Verfügung gestellt, damit ich herkommen konnte.”
    “Möchten Sie, da das Laufen Ihnen keine Mühe mehr bereitet, einen Spaziergang im Park unternehmen?” schlug Amanda vor.
    “Ja, gern”, willigte Jared ein, reichte ihr den linken Arm und ging langsam mit ihr an der Orangerie vorbei.
    “Es ist nicht mein Verdienst, dass hier alles so hübsch aussieht”, gestand sie ehrlich. “Miss Porter, meine Gesellschafterin, kümmert sich um die Anlagen.”
    “Sie scheint eine Begabung für Landschaftsgärtnerei zu haben”, meinte Jared lächelnd.
    “Ja”, bestätigte Amanda. “Ist Ihr Gedächtnis mittlerweile zurückgekehrt?”
    “Nein”, antwortete er bedauernd. “Auf dem Ritt hierher ist mir jedoch der Gedanke gekommen, dass ich Landbesitzer sein muss, da ich den Zustand der Felder und Gehöfte mit großem Interesse wahrgenommen habe. Bei dem morastigen Stück Land, das ungefähr eine halbe Meile straßenaufwärts liegt, habe ich mich gewundert, warum es bisher nicht entwässert wurde.”
    “Offenbar ist Ihre Vermutung, Grundeigentümer zu sein, berechtigt”, erwiderte Amanda. “Allerdings hilft sie Ihnen nicht weiter, um herauszufinden, wer Sie sind, denn viele Herren haben Landbesitz. Oh, warten Sie bitte einen Moment”, fügte sie hastig hinzu, weil sie eine Kutsche die Auffahrt herunterkommen hörte, und hielt Mr. Brownsmith am Arm fest.
    Überrascht blieb er stehen und fragte verwundert: “Was haben Sie, Madam?”
    Sie sah die Chaise vor dem Hauptportal halten. Humphrey stieg aus und eilte die Stufen zum Portal hinauf. Der Butler ließ ihn ein. “Mein angeheirateter Vetter ist soeben eingetroffen”, antwortete sie leise, “und ich möchte nicht, dass er uns sieht.” Sie wartete, bis er, sichtlich verärgert, aus dem Haus kam, zu seiner Kutsche ging und unschlüssig davor stehen blieb. Im gleichen Moment erblickte sie den von einem Bediensteten kutschierten Landauer, der in rascher Fahrt die Allee entlangrollte und hinter Humphreys Kutsche anhielt. “Auch das noch”, murmelte sie, als sie Jane aussteigen sah.
    “Wer ist die Dame?” erkundigte sich Jared.
    “Das ist Miss Porter, meine Gesellschafterin”, erklärte sie und beobachtete, wie Jane und Humphrey sich nach einem kurzen Gespräch in ihre Richtung in Bewegung setzten. Hastig bedeutete sie Mr. Brownsmith, sich mit ihr hinter eine immergrüne Hecke zurückzuziehen, legte warnend den Zeigefinger auf die Lippen und flüsterte dann beschwörend:
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