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Zwischen Ehre und Verlangen

Zwischen Ehre und Verlangen

Titel: Zwischen Ehre und Verlangen
Autoren: Louise Allen
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plötzlich von der Straße abgekommen und umgestürzt. Wir wurden heftig umhergeschleudert.”
    “Dann ist es nicht erstaunlich, dass wir beide so zerschrammt und zerkratzt sind”, meinte Jared. “Aber es grenzt an ein Wunder, dass wir mit dem Leben davongekommen sind. Nur, wie sind wir in diese Kammer und zusammen ins Bett geraten? Wenngleich ich mich nicht darüber beschwere”, fügte er schwach lächelnd hinzu.
    Amanda fand die letzte Bemerkung reichlich kühn, überging sie jedoch geflissentlich. Von Norwich aus hatte sie als einziger Passagier im Fahrzeug gesessen, bis dann in Felthorpe der Herr zugestiegen war. Es war ihr unangenehm gewesen, mit ihm allein zu sein, doch er hatte sie freundlich begrüßt, ihr gegenüber auf der anderen Wagenseite Platz genommen und sie nicht belästigt. Verstohlen hatte sie ihn aus dem Augenwinkel beobachtet und überlegt, wieso ein eleganter, sichtlich kostspielige Reitkleidung tragender Herr, der Mitte zwanzig sein mochte, nicht mit einem eigenen Gefährt unterwegs war. Er war zu alt, um in Schimpf und Schande von einer Universität gejagt worden zu sein, und sein Äußeres hatte darauf schließen lassen, dass er nicht unvermögend war, es sei denn, er war erst vor kurzem in finanzielle Bedrängnis geraten.
    Sie hatte den Eindruck gehabt, dass er sich ihrer Anwesenheit ebenso bewusst war wie sie sich seiner. Hin und wieder war sein amüsierter Blick auf sie gerichtet gewesen, und sie hatte das Bedürfnis verspürt, sich mit ihm zu unterhalten, um herauszufinden, um wen es sich handelte. Sie hatte jedoch darauf verzichtet, das Wort an ihn zu richten, weil das gänzlich unschicklich gewesen wäre.
    Und dann war die Berline plötzlich schneller gefahren und ins Schwanken geraten. Der Mitreisende hatte sich zum Sichtfenster umgedreht, offenbar in der Absicht, den Kutscher etwas zu fragen. Als der Wagen ins Schleudern kam, war der Unbekannte aufgesprungen, hatte sich neben Amanda gesetzt und sie fest in die Arme genommen. Sie beide hatten den Halt verloren und waren umhergeschleudert worden.
    “Wir waren die einzigen Reisenden”, erklärte sie. “Andererseits müsste der Postillion doch wissen, dass wir nicht zusammen eingestiegen sind. Gleichviel, ich möchte mich bei Ihnen bedanken, Sir.” Sie hielt inne, weil jemand an die Tür geklopft hatte.
    “Herein!”, rief Jared verwundert und erblickte gleich darauf eine grauhaarige Frau, die ihn und die Dame fröhlich anschaute.
    “Guten Morgen, meine Herrschaften”, sagte sie lächelnd. “Ich bin Mrs. Clay. Ich hätte nicht gedacht, Madam, dass Sie schon aufgestanden sind. Noch vorhin habe ich zu Neville, meinem Mann, gesagt, dass Ihnen und Ihrem Gatten wahrscheinlich sämtliche Knochen im Leib wehtun und Sie wohl bis mittags im Bett bleiben würden. Gut, gut! Ich werde Ihnen sogleich das Frühstück bringen.”
    “Danke, das wäre reizend von Ihnen”, erwiderte Amanda freundlich. “Aber wenn Sie uns bitte vorher erklären würden, wo und wieso wir hier sind. Ich entsinne mich nur, dass wir einen Unfall hatten.”
    “Sie sind jetzt in Saxthorpe im ‘Goldenen Lamm’, das seit zwanzig Jahren meinem Mann und mir gehört”, sagte Barbara Clay stolz. “Ja, Sie hatten einen wirklich schrecklichen Unfall”, fuhr sie ernst fort. “Mr. Jenkins hat während der Fahrt einen Herzanfall bekommen und ist auf dem Kutschbock gestorben. Als Neville ihn fand, war das Gesicht ganz geschwollen und rot. Und Mr. Johnson, der zweite Postillion, hat schwere Schädelverletzungen erlitten und sich ein Bein gebrochen. Er ist ganz wirr im Kopf. Natürlich haben wir sofort Dr. Hoskins und seinen Gehilfen herkommen lassen. Der Arzt ist jedoch zuversichtlich, dass der arme Mr. Johnson bald wieder auf dem Posten sein wird.”
    “Wie sind meine Gattin und ich hergekommen?”, erkundigte sich Jared.
    “Sie, Sir, waren bewusstlos”, antwortete Barbara. “Für Sie war das von Vorteil, weil Dr. Hoskins Ihnen die Schulter einrenken musste. Ihre Gattin war ebenfalls ohnmächtig und kam nur kurz zu sich, als Neville und Bill sie aus den Wagentrümmern zogen, hat jedoch gleich wieder die Besinnung verloren. Sie hatte sich fest an Sie geklammert, als wolle Sie nie von Ihnen getrennt sein”, setzte sie gerührt hinzu.
    “So, so”, murmelte Amanda.
    Jared konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, verzog jedoch, als er ihren missbilligenden Blick auf sich gerichtet sah, sogleich in vorgetäuschtem Schmerz das Gesicht.
    Sie konnte sich nicht erinnern,
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