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Zwischen Ehre und Verlangen

Zwischen Ehre und Verlangen

Titel: Zwischen Ehre und Verlangen
Autoren: Louise Allen
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mit mir meint, bestimmt vorgehalten hätte, ich müsse etwas sparsamer sein.”
    “Ein weiser Mann!”, erwiderte Jared auflachend.
    “Wie man es nimmt”, äußerte Amanda gedehnt. “Man könnte ihn auch für geizig halten. Ich bin Ihrer Gattin wegen beunruhigt”, fügte sie übergangslos hinzu. “Sie muss sehr in Sorge um Sie sein.”
    “Wieso? Es ist doch gar nicht sicher, dass ich verheiratet bin. Und außerdem haben Sie beim Frühstück vermutet, ich sei möglicherweise kein guter Ehemann. Dann wäre es doch nicht verwunderlich, wenn meine Gemahlin, falls es sie gibt, froh über meine Abwesenheit ist. Oder sie rechnet noch nicht mit meiner Heimkehr, weil ich mich auf einer längeren Reise befinde.”
    “Kommt Ihnen denn keine Frau in den Sinn?”
    “Oh ja!”, antwortete Jared grinsend. “In Gedanken sehe ich mehrere hübsche Damen, von denen jedoch keine als meine Gattin infrage kommt.”
    “So, so”, murmelte Amanda und sah eine Chaise ihr entgegenkommen. Sie wartete, bis sie fast auf gleicher Höhe war, und wandte sich dann schnell ihrem Begleiter zu. Sobald die Kutsche am Gig vorbei war, erklärte Amanda: “Ich wollte vermeiden, dass jemand mich erkennt.”
    “Das ist begreiflich”, sagte er verständnisvoll. “Ich glaube, es ist besser für Sie, wenn Sie mich hier absetzen. Wie ich sehe, ist es nicht mehr weit bis Holt, sodass ich den letzten Rest des Wegs zu Fuß zurücklegen kann.”
    “Und wie wollen Sie nach London kommen?” fragte sie, ohne auf den Wunsch des Unbekannten einzugehen. “Sie haben nicht einmal genügend Geld bei sich. Außerdem haben Sie sich das Fußgelenk verstaucht.”
    “Gleichviel, ich muss Rücksicht auf Ihren Ruf nehmen und möchte Sie daher nicht länger belästigen. Sie haben ohnehin schon genug für mich getan.”
    “Ach, das ist nicht der Rede wert”, widersprach Amanda, lenkte das Pferd auf einen von dichtem Gebüsch gesäumten Seitenweg und wendete auf einer breiten freien Fläche. Dann hielt sie den Braunen an und sagte, während sie ihrem Begleiter die Zügel übergab: “Der Plan, von dem ich vorhin gesprochen habe, wird es Ihnen ermöglichen, wieder zu Kräften zu gelangen und hoffentlich auch Ihr Erinnerungsvermögen zurückzugewinnen, und zwar in angenehmer Umgebung und ohne nennenswerte Ausgaben zu erzeugen.”
    Jared hielt die Stränge mit der linken Hand und erkundigte sich verblüfft: “Warum in aller Welt wollen Sie sich weiterhin mit mir belasten?”
    “Freunden sollte man stets behilflich sein”, antwortete Amanda beim Verlassen des Gigs.
    “Bin ich ein Freund?” fragte Jared erstaunt. “Sie kennen mich doch kaum!”
    “Sie haben mich, als die Postkutsche umstürzte, vor größerem Schaden bewahrt”, erklärte sie, “und dafür bin ich Ihnen Dank schuldig. So, und nun hören Sie mir gut zu. Das Haus, dessen Dach Sie hinter den Bäumen sehen können, ist ein Gasthof, der ‘Zum Halbmond’ heißt und meinem früheren Stallmeister William Bream gehört, der den Dienst quittiert hat, nachdem der Vetter meines Mannes den Besitz geerbt hatte. Das Gebäude war in sehr schlechtem Zustand und hatte keine gute Klientel. Mr. Bream hat es renoviert und ihm zu einem besseren Ruf verholfen, sodass es seit etlichen Monaten von einer ordentlichen Kundschaft frequentiert wird.”
    “Was soll ich dort?” wunderte sich Jared. “Wollen Sie mich als Küchenjungen oder Stallknecht empfehlen?”
    “Natürlich nicht!”, antwortete Amanda kopfschüttelnd. “Ich bezweifele, dass Sie der einen wie der anderen Aufgabe gerecht würden. Nein, Mr. Bream benötigt jemanden, der ihm die Buchführung macht. Daher beabsichtige ich, ihn zu bitten, Sie gegen Kost und Logis einzustellen. Ich hoffe sehr, dass Sie in einigen Tagen nicht mehr an Gedächtnisschwund leiden und es uns gelingt, Ihnen zu Ihrem früheren Leben zu verhelfen.”
    Jared bändigte das unruhig gewordene Pferd, sah dann Mrs. Clare an und erwiderte trocken: “Sie haben ein bestimmendes Wesen, Madam!”
    “Das weiß ich”, räumte sie fröhlich ein. “Humphrey hält diesen Wesenszug für eine meiner schlimmsten Charaktereigenschaften.”
    “Erlaubt er sich immer, Sie derart unhöflich zu kritisieren?”
    “Leider ja, denn er ist jetzt das Oberhaupt der Familie. Ich gebe zu, dass ich oft eine Plage für ihn bin. Wahrscheinlich wäre es ihm lieber, ich würde manchmal Schwäche zeigen, mich an seiner Brust ausweinen und seinen Rat suchen. Aber reden wir nicht mehr von ihm. Werden Sie tun, was
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