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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen
Autoren: Benedikt Altmann , Berthold F. Bauer
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nach dem Nachmittag bei Buch, sofort nachdem ich den Schlüssel hier in diesem Zimmer von innen zweimal umgedreht hatte, heftig onanierend in meinem Bett herumwälzte, verspürte ich nun heute Nacht jetzt, nachdem ich mich nun wieder etwas gefasst hatte, gerade kein solches absolut unaufschiebbares Verlangen mehr.
    Zufrieden goss ich mir drei Finger breit eines mitgebrachten alten schottschen Whiskeys in eines der fleckigen Wassergläser aus dem Inventar der winzigen Teeküche meines Appartements. Ich machte erkennbar Fortschritte. Immer professionell bleiben. Distanz wahren. Von der intensiven Situation des Zusammenlebens hier im Internat nicht vereinnahmen lassen. Aber ich hatte Sebastians Einladung von heute Abend auf der anderen Seite ja auch nicht so einfach ausschlagen können, denn dann wäre meine besondere Position hier als allgemein anerkannter Mittler zwischen den Jugendlichen und dem Personal, dem von beiden Seiten großes Vertrauen entgegengebracht wurde, wohl beendet gewesen.
    So fand ich letztlich, dass ich es doch am Ende ganz gut gelöst hatte, das ganze.
     
    Ich legte ein Tape in meine mitgebrachte transportable Stereoanlage und öffnete die Türe zum Flur. Es war geil. Ich wohnte jetzt am Wochenende völlig allein im Gästebereich des Südflügels. Niemand würde es stören, niemand würde sich aufregen, niemand würde sich beschweren kommen. Ich sollte die Situation hier echt ausnutzen, dachte ich mir, denn ein zweites Wochenende würde es für mich zumindest im Rahmen dieses Praktikums hier nun definitiv nicht mehr geben. Schon am Freitag Abend in der kommenden Woche würde ich wieder zurückfahren.
    Ich setzte mich auf die schon ziemlich abgenutzte Couch im Wohnbereich meines Appartements und nahm einen weiteren tiefen Schluck. Diese Musik verbreitete eine ganz andere Resonanz, hatte eine ganz andere Wirkung, wenn sie sich ungehindert ausbreiten konnte und eben nicht in einem engen Zimmer oder gar unter den Muscheln eines Kopfhörers eingesperrt blieb. Ich lehnte mich zurück und schloss meine Augen. Ich würde das Tape bis zum Ende anhören.
     
    Wie es wohl in diesem Augenblick gerade nun Florian erging? In der aufgepeitschten Atmosphäre vorhin im Partykeller hatte ich im allgemeinen Trubel gar nicht mehr so richtig mitbekommen, welcher der Elfer ihm denn am Ende dann zugeteilt worden war. Sicher hatte er sich aber für einen eher schüchternen, ziemlich verunsicherten und damit pflegeleichten Jungen entschieden, der auch nicht petzte, wenn Florian jetzt in dieser Klosternacht eben gerade nicht das auch wirklich vollständig in die Tat umsetzte, was in dieser Nacht hier an dieser Schule schon seit jeher zwischen dem Tutor und seinem neuen Untergebenen uralter Brauch war. Von den anderen Zwölfern käme ja schließlich auch keiner auf die Idee in der Klosternacht auf seinem Zimmer mit einem Mädchen rum zu machen. Das würde den wahren Geist der Klosternacht ja sogar entweihen.
     
    »Hallo, Herr Bauer !«
    Vorsichtig steckte Nicolas seinen Kopf durch die offene Türe. Als er meinen Namen aussprach, so wie alle Schüler mich hier eigentlich korrekt nennen sollten, hob er seine Stimme etwas an.
    Nicolas: »Ich wollte mal kurz nach Dir sehen, schauen wie’s Dir jetzt so geht?«
    Ich hob meinen Kopf an und öffnete blinzelnd meine Augen.
    »Ja, immer nur der Musik nach Nicki.«
    »Ist das etwa Claude Debussy?« fragte Nicki.
    »Quatsch. Das geht ja gar nicht: Der ist ja schon seit fast achtzig Jahren tot.«
    Grinsend zog Nicki wieder unaufgefordert seine Schuhe in meinem winzigen Flur aus, bevor er ins Zimmer kam. Obwohl er dieses Musikstück, das dort auf dem Tape im Rekorder gespeichert war, noch nie gehört hatte, wusste er natürlich, dass er Recht hatte. Es stammte definitiv von Claude Debussy.
    »Du brauchst Dir Deine Schuhe hier doch nun wirklich nicht extra auszuziehen, Nicki. Übermorgen wird hier ja eh wieder gründlich sauber gemacht.«
    Mit innerer Überzeugung schüttelte Nicki seine kurz geschorenen Haare. Offenbar wollte er sich demjenigen Elfer gegenüber, der dann am Montag hier in den Südflügel zum Putzen geschickt werden würde, solidarisch verhalten und keinen zusätzlichen Dreck auf dem Teppichboden produzieren. Erst jetzt fiel mir auf, dass Nicki nun einen roten Kapuzenpullover anhatte, auf dem vorne über der Brust in großen schwarzen Lettern der Schriftzug »REBEL« prangte. Nicki trug Andis Pullover dabei stolz wie einen erbeuteten Skalp, wie ein siegreicher
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