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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen
Autoren: Benedikt Altmann , Berthold F. Bauer
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mal am Wochenende länger bei ihnen drüben. Wir haben jeder eine Flasche Bier getrunken, und dann kam er auf die Idee mit der kleinen Episode direkt da hinten auf meiner Haut. Die Geschichte ist so von Anfang an schon im Entschwinden begriffen, obwohl man sie doch ständig bei sich trägt.«
    »SOOOOOO? Ja, diesen Neumayr hatte ich früher auch mal. Der schreibt sehr gerne, sehr blumige Sätze. Bei mir in Physik ist das aber eher schlecht. Sehr schlecht sogar. Da brauchen wir keine Künstler, sondern eher bodenständige Schüler. So ganz handfeste Jungs, genau so einen versierten Handarbeiter wie dich eben. Denn bevor man sich mit Heisenberg beschäftigt, muss man schließlich erst einmal das ganz fundamentale Handwerk beherrschen. So, jetzt sind wir aber schon gespannt, was für Sauereien ihr euch da wohl gegenseitig auf die Haut malt? Runter mit dir.«
    Florian musste sich nun nach unten bücken und Buch versuchte die einzelnen Schriftzeichen auf seinem Rücken zu einem sinnvollen Text zusammenzusetzen.
    »Das ist ja französisch.«
    »Ja, scheint so.«
    »Jetzt wird hier nicht auch noch frech, sonst gibt’s gleich noch mal fünf Schläge oben drauf, okay?«
     
    Florian schwieg nun in seiner gebückten Haltung, während Buch mit seinem Finger an den blassen Buchstaben entlang den Rücken von Florian hinunter fuhr.
    »T'avais les cheveux blonds
    Un crocodile sur ton Blouson.
    Aha. Aha. Mmm. Mmm.
    On s'est connu comme ça
    Au soleil, au même endroit
    Na?! Immerhin scheint es wenigstens kein irgendwie geartetes schwules Zeug zu sein! Oder etwa doch? Was heißt das denn nun jetzt genau. Verdammt. Hilf mir mal, ich bin ja kein Französischlehrer.«
    »Ich weiß es echt nicht Herr Buch«, antwortete Florian nun wieder ziemlich gefasst von unten herauf. »Marcel hat mir nicht gesagt, was er dort auf mir aufgeschrieben hat und im Spiegel kann ich es selbst unmöglich lesen, weil die Schrift einfach zu klein und schon viel zu blass ist.«
    »Dann schauen Sie doch bitte mal Herr Bauer? Wenn es jetzt doch wieder irgendeine perverse Sauerei ist, dann bekommt dieser Schüler hier jetzt gleich noch mal zehn Schläge extra.«
    Ich fuhr nun mit meiner eigenen Hand über Florians Rücken. Seine Haut dort war sehr weich und sehr gepflegt. Sie duftete trotz allem, was wir ihm hier in diesem Zimmer bisher alles angetan hatten, immer noch angenehm frisch nach Duschbad. Er zuckte zuerst noch zurück als ich ihn zum ersten Mal berührte. Ich spürte die Wärme, die von seinem Rücken ausging. Es war die Wärme eines sehr ehrlichen Jugendlichen, eines in jeder Hinsicht standhaften aufrechten jungen Mannes.
    » Sie hatte blonde Haare. Ein Krokodil auf Ihrer Jacke «, versuchte ich mich nun mit meinen übrig gebliebenen Französischkenntnissen aus meiner eigenen Schulzeit. » Wir trafen uns in der Folge immer in der Sonne, immer an der gleichen Stelle , oder das heißt das doch?«
    Florian schwieg, und die Schmerzen und Demütigungen von gerade eben schienen zumindest für einen Moment vergessen.
    Buch »las« nun weiter auf Florians Rücken nach unten.
    » T'avais des yeux d'enfant
    Des yeux couleur de l'océan
    Hm. Hm. Soso.
    Je reviendrais danser
    Une chanson triste, un slow d'été
    Je te tiendrais la main
    En rentrant au petit matin
    Da hat sich ja einer eine richtige Geschichte ausgedacht. Wie heißt das doch gleich? Sie hatte die Augen eines Kindes und ihre Augen hatten die Farbe des Ozeans ? Hast du nicht auch blaue Augen, Freudenberger? Hm? Geht’s da vielleicht doch um eine verklausulierte Schwulerei zwischen dir und dem Neumayr, die man da zwischen den Zeilen heraus lesen muss? So wie bei Thomas Mann? Zwischen dem Felix und dieser Diane Philibert ?«
    Florian blieb schweigend in gebückter Haltung stehen. Wer zum Teufel ist denn nun schon wieder dieser Thomas Mann? schien er sich gerade zu fragen. Sollte man den kennen?
    Schön wär’s ja, dachte er sich dann, wenn ich hier nicht nur lauter Mitschüler, sondern auch einen Freund hätte. Aber leider war dem nicht so. Aber sollte Buch es doch ruhig glauben. Diese alte perverse Lehrerfotze.
    » Ich würde tanzen zu einem traurigen Lied, in der Langsamkeit dieses Sommers ??« mühte ich mich nun erneut die Schriftzeichen dort auf Florians Haut weiter zu deuten. » Ich würde deine Hand halten und erst am frühen Morgen zurückkehren ??« Nö? Oder so ähnlich?
    »Na, mich dürfen Sie da nicht weiter fragen«, grunzte Buch zurück. »Mein Gott, was ist denn das für ein wüstes
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