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0339 - Walpurgisnacht

0339 - Walpurgisnacht

Titel: 0339 - Walpurgisnacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Die schwarzhaarige Frau zuckte kaum merklich zusammen. Das war er, den sie gerufen hatte, dessen Hilfe sie erflehen wollte. Aber jetzt, da sie sein Gesicht in der Kristallkugel sah, wollte sich doch eine kalte Hand um ihr Herz legen.
    Aber sie schüttelte den Anflug von Furcht sofort wieder ab. Sie wollte nicht umkehren, jetzt nicht mehr.
    »Herr der Hölle, ich rief dich, um deine Hilfe zu erbitten. Unterstütze mich. Ich will…«
    Im nächsten Moment befand sich sein Gesicht nicht mehr in der Kristallkugel, sondern direkt vor ihr. Blitzschnell war er vollständig materialisiert, der Teufel, der Schutzpatron der Hexen. Jetzt stand er vor ihr im Zimmer, nach Schwefel stinkend, am ganzen Körper über und über behaart, und über seine Hände züngelten Flämmchen. Der lange Schweif peitschte wild hin und her, seine Spitze war ein glimmender Glutkegel.
    Brüllendes Lachen ließ die Frau zurückweichen wie ein körperlicher Schlag.
    »Meine Hilfe gibt es nicht umsonst!« brüllte der Gehörnte. »Du weißt, worauf du dich einläßt?«
    »Ich weiß es«, stieß sie hervor und sah zu ihm auf. »Ich will zu deinen Dienerinnen gehören.«
    »Du willst Macht«, sagte er dröhnend. »Macht über Leben und Tod. Du willst Macht, um deinen Feind zu verderben. Aber du wirst mehr als ihn verderben müssen. Weißt du, daß du eine Feindin des Lebens sein mußt, eine Mörderin, die alles, was gut ist in der Welt, abgrundtief haßt und verabscheut?«
    »Ich weiß«, flüsterte sie.
    »Du willst eine Hexe werden«, brüllte der Teufel. »Ah, noch eine von denen, die glauben, in der modernen Zeit sei alles so einfach, weil niemand mehr an die Macht der Finsternis glauben will. Aber ich sage dir, es ist schwer. Du wirst kämpfen und leiden. Du wirst Siege auskosten, die Niederlagen sind. Und du wirst deine Seele verlieren.«
    »Ich weiß. Aber ich hasse ihn.«
    »Und du liebst mich«, schrie er.
    »Ja, Herr der Hölle!«
    Er streckte die Hände mit den krallenbewehrten Fingern aus. Die Flammen züngelten in Richtung der schwarzhaarigen Frau.
    »Du wirst den Herrn der himmlischen Heerscharen verfluchen«, verlangte der Teufel. »Du wirst deine Seele mir schenken. Jetzt sofort!«
    »Ich bin dazu bereit«, keuchte sie.
    »Aber ich verlange viel«, brüllte er. »Ich gebe viel und verlange noch mehr. Und ich will deiner sicher sein. Du willst eine Hexe werden… ahhh! Es liegt nicht an mir, ob es dir gewährt wird! Es liegt an dir selbst! Du wirst eine Vorleistung erbringen müssen!«
    »Jede, die du verlangst, Herr der Hölle.«
    Sie versuchte ihrer Stimme einen festen Klang zu geben, aber es gelang ihr nicht so recht. Der Gehörnte trat noch einen Schritt näher auf sie zu. Er berührte ihr Gesicht mit seiner flammenden Hand. Das Feuer war glühend heiß, aber es versengte nicht die Haut der schwarzhaarigen Frau. Noch nicht…
    »Du wirst jenen, den du faßt, töten«, schrie er. »In der übernächsten Nacht wird er sterben. Nur dann wird dir die Gunst zuteil, eine Hexe in meinem Gefolge zu werden.«
    Sie schluckte. »Aber ich…«
    »Und du verschreibst mir deine Seele. Jetzt und hier!« Plötzlich hielt er einen ledrigen Schriftbogen in der Hand. Schwarz war der Untergrund, grellrot, leuchteten die geschwungenen Schriftzüge.
    »Ich dachte, Herr der Hölle, daß du mir die magische Macht gibst, ihn zu töten, zu vernichten! Ohne sie schaffe ich es nicht.«
    »Ich weiß«, zischelte er. »Es wird gehen – aber zuerst unterschreibe! Hier!«
    Sie vermochte die Schrift auf dem schwarzen Leder zu lesen, obgleich es eine Sprache war, die sie nie gelernt hatte. Eine Sprache, die kein Mensch verwendete, die in der Hölle entstanden war. Es war ein Vertrag, der das Unsterbliche in ihr, die Seele, der Finsternis anheimgab. Fort vom Licht der Erlösung, hinab in den Schlund der Höllen-Tiefe.
    »Unterschreibe, wenn die Macht der Hölle dir helfen soll!«
    Hilflos sah sie sich um, ihr irrender Blick suchte nach Schreibgerät.
    Doch der Teufel lachte nur. Er schnappte nach ihrer Hand, hielt sie über das schwarze Leder, von dem sie plötzlich mit untrüglicher Sicherheit wußte, daß es Menschenhaut war! Seine Krallen drangen blitzschnell in ihre Haut ein. Blut rann hervor, tropfte auf das Leder und formte sich zu Schrift. Ihr Name stand dort…
    Die Wunden schlossen sich alsbald wieder.
    »Der Vertrag gilt«, schrie und lachte der Teufel. »Deine Seele gehört nun der Hölle! Nun höre, was ich dir sage und wie die Hölle ihren Teil des
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