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Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande
Autoren: Erin Kellison
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ihm seit sechs Jahren die Luft geraubt hatte. Er atmete heftig aus und bekam vor Begeisterung feuchte Augen, als er allmählich begriff: Er hatte sich um seinen Bruder gekümmert, jedenfalls um das, was von ihm noch übrig gewesen war. Und jetzt war er frei. Adam wusste nicht, wie er Talia jemals dafür danken konnte, aber er würde es versuchen. Wenn es nötig sein würde, immer und immer wieder.
    Talia drehte sich um. »Bist du okay?«
    Zwischen ihren Brauen bildete sich eine Sorgenfalte. Sie biss sich auf die Unterlippe, die sich tiefrot färbte. Wenn sie lebend von diesem Schiff herunterkamen, würde er sich als Erstes bedanken, indem er diese Lippe küsste. Sie hatte für ihre Nerven herhalten müssen.
    »Es ging mir noch nie besser.« Er blutete aus dem Bauch auf einem Schiff voller Geister, das von dem dämonischen Todessammler gelenkt wurde, doch es war wahr.
    Wieder nagte sie mit ihren Zähnen an ihrer Lippe, wobei sie sein Lächeln erwiderte.
    Ja, diese Unterlippe kam zuerst dran und dann vielleicht die hübsche Kuhle in ihrem Dekolleté. Diese Gruftis hatten sich bei den Korsetts garantiert etwas gedacht.
    »Bringen wir das hier zu Ende«, sagte Talia, und die Heiterkeit verschwand aus ihrem Gesicht. Mit einer Hand griff sie den Schaft, die andere streckte sie ihm entgegen.
    Als Adam sie ergriff, spürte er, wie sie an den Schatten zwischen der sterblichen Welt und dem Jenseits zog. Hinter diesen Schleiern lag der Durchgang, den man als Tod bezeichnete. Dunkle Magie durchströmte sie, bis jede Zelle ihres Körpers in der hereinbrechenden Dämmerung strahlte. Noch nie hatte sie diesen Grenzbereich so vollkommen umspannt wie jetzt.
    Er trat an die Tür und spähte vorsichtig in den schmalen grauen Flur. Von ihm gingen diverse Türen ab, ansonsten war er leer.
    »Pass auf«, sagte Adam und zeigte auf das Erbrochene des Dämons. Er wollte sich jetzt so weit wie möglich von dem Zeug fernhalten. Auch dafür musste er ihr dankbar sein. Von ganzem Herzen und immer wieder.
    Sie schlichen den Flur hinunter und vernahmen polternde Schritte, stießen jedoch auf keinen Widerstand. Eine steile Treppe – beinahe eine Leiter – führte an Deck. Talia stieg zuerst hinauf und ließ ihn in pechschwarzer Finsternis zurück. Adam kletterte nach oben. Eine kühle Hand auf seinem Gesicht brachte seine Sehkraft zurück, und er erkannte das Schiff.
    Adam hielt sie in der dunklen Kabine fest, legte die Arme um ihre geschnürte Taille und dachte über den nächsten Schritt nach.
    »Wenn der Dämon schlau ist, hat er Geister neben den Türen postiert, damit sie uns fassen, sobald wir versuchen zu entkommen. Vermutlich verfügt das Schiff über eine Kommandozentrale. Ich würde ja um Hilfe rufen, aber es gibt niemanden mehr, den ich anrufen kann. Ich fürchte, wir sind die Letzten, die noch übrig sind.« Das war schwer zu glauben – alle Kräfte, die er zusammengezogen hatte, waren entweder vernichtet oder zerschlagen.
    Adam spürte, wie Talias Körper von Lachen geschüttelt wurde.
    »Ich habe keine Angst mehr«, flüsterte sie. »Ich sage dir, wir gehen durch diese Tür. Die Sense meines Vaters hat eine große Reichweite, größer als ich dachte. Das ist genug.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja.« Talia löste ihre Hand aus der Umarmung und suchte erneut die seine. Sie drückte sie. Los.
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    Als Adam sich aufrichtete, um die Klinke herunterzudrücken und die Tür aufzustoßen, machte Talia sich bereit; dann trieb sie einen Sturm aus Schatten auf das Deck. Das ohrenbetäubende Schopp Schopp eines Hubschraubers zeigte ihnen, welchen Fluchtweg der Todessammler gewählt hatte, aber der Wind der Rotorenblätter war nichts verglichen mit dem Sturm ihrer Schatten.
    Adam ließ ihre Hand los, sodass sie die Sense fest umfassen konnte. Sie wollte ihn nicht in der Dunkelheit zurücklassen und schob die Schleier beiseite, bis die Welt in Grautönen vor ihnen lag.
    Ein Geist stürzte auf die Kabinentür zu und wurde für seine Dummheit zweigeteilt. Beinahe widerstandslos glitt das Messer durch ihn hindurch, sodass sie nicht lange aufgehalten wurde und sich ermutigt fühlte. Ein zweiter Geist trat hastig den Rückzug an, als sie und Adam das Deck betraten. Dahinter warteten noch Dutzende weiterer Geister.
    Alle wichen vor ihr zurück. Es war ein berauschendes Gefühl – endlich wurde die Gejagte zur Jägerin. Und obwohl die Sense zu groß für sie war, schien ihr die flirrende Energie, die ihren Sinnen Kraft gab, genau richtig.
    Hinter den
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