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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Tatort Toewerland
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unterbrochen.
     
    4
    »Unser neuer Großkunde für dich«, teilte Martina Spremberg ihrem Chef mit, bevor sie das Telefonat durchstellte. »Ich mach dann übrigens Feierabend.«
    »Wenigstens benutzt du den Plural«, knurrte Esch. Es knackte in der Leitung. »Was machst du?«, fragte er empört nach.
    »Was sagten Sie gerade?«
    »Oh, Herr Dezcweratsky.« Rainer hatte etwas geübt, um den Namen annähernd fehlerfrei aussprechen zu können. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Verreisen.«
    »Wie bitte?«
    »Fahren Sie für mich auf die Insel Juist.«
    »Juist? Was soll ich da?«
    »Grundstücke kaufen. Sie sollen in meinem Namen die Verhandlungen führen und die Verträge vorbereiten. Ich bin leider im Moment in Bochum unabkömmlich.«
    »Was für Grundstücke?«
    »Baugrundstücke, Felder, Wiesen, was auch immer. Wenn’s sein muss, auch im Watt. Ich faxe Ihnen gleich die Vollmacht, einen Plan von der Insel und die Unterlagen des Katasteramtes zu. Die infrage kommenden Grundstücke sind dick umrahmt.
    Sie haben freie Hand bis 1.000 Mark pro Quadratmeter. Für jede Mark, die Sie den Verkäufer herunterhandeln, erhalten Sie 20 Prozent Provision. Alles klar?«
    »Die Unterbringungskosten…«
    »… übernehme ich. Spesen natürlich auch. Im Hotel Achterdiek ist ab morgen ein Zimmer für Sie reserviert.«
     
    »Morgen? In zwei Tagen ist Weihnachten!«
    »Weiß ich. Haben Sie etwa familiäre Verpflichtungen?«
    »Familiäre nicht gerade, aber persönliche. Ich meine…«
    »Nehmen Sie sich ein Doppelzimmer. Das dürfte kein Problem sein. Über Weihnachten ist nicht besonders viel los auf der Insel.«
    »Sie meinen wirklich, ich soll auf die Insel fahren, unangemeldet bei den Leuten aufkreuzen und sie fragen, ob sie ihre Grundstücke verkaufen wollen?«
    »Ja«, erwiderte Dezcweratsky in einem Tonfall, als ob er Rainer gebeten hätte, ihm vom Kiosk eine Schachtel Zigaretten mitzubringen.
    Esch war skeptisch. »Und das soll funktionieren? Kurz vor Weihnachten?«
    »Warum nicht? Sehen Sie, ich halte mich im Immobiliengeschäft an die gleichen Regeln, die an der Börse gelten: Verhalte dich antizyklisch. Tue nie das, was deine Konkurrenten zur selben Zeit auch tun. Wenn die Kurse fallen und alle Welt verkauft, kaufe ich. Und wenn die Kurse steigen, nehme ich die Gewinne mit. Wenn ich warte, steigt möglicherweise die Nachfrage. Und damit der Preis. Jetzt bekomme ich die Grundstücke vielleicht noch etwas billiger.
    So einfach ist das.«
    »Wenn Sie meinen.« Dezcweratskys Geschäftsphilosophie überzeugte Rainer keineswegs, aber letztlich konnte ihm das auch egal sein. »Unser Vertrag…«
    »Der wird erweitert. Dreihundert am Tag, einverstanden?«
    Der Abakus in Rainers Kopf begann zu arbeiten.
    »Einverstanden.«
    »Prima. Halten Sie mich bitte täglich auf dem Laufenden.«
    »In Ordnung.«
    »Ach ja, noch etwas. Einer meiner… Mitarbeiter ist der falsche Ausdruck… sagen wir Beauftragten, ist schon auf Juist, kommt da aber nicht weiter. Sein Name ist Schwiebus. Karl-Heinz Schwiebus. Sehen Sie doch bitte bei ihm nach dem Rechten, ja? Er wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen.
    Alles klar?«
    »Selbstverständlich.« Rainer rauchte der Schädel. »Nur…«
    »Ja?«
    »Wenn Schwiebus in Ihrem Auftrag bereits auf Juist ist, was soll ich dann da?«
    »Berechtigte Frage. Schwiebus hat bis heute keinen Kaufvertrag abschließen können, obwohl wir einige Erfolg versprechende Vorgespräche geführt hatten. Vielleicht liegt es an den Verkäufern, möglicherweise aber auch an ihm… Er hat mich darüber informiert, dass manche der Grundstücke in einem Landschaftsschutzgebiet liegen. Wenn deshalb besondere Klauseln in den Kaufverträgen erforderlich sein sollten, kommt der Mann mit seinen Standardverträgen nicht weiter, verstehen Sie? Schwiebus ist kein Jurist, sondern Makler. Da haben die Leute zu einem Rechtsanwalt doch mehr Vertrauen, oder?« Dezcweratsky lachte kurz auf. »Ich brauche einen Fachmann vor Ort. Ich möchte kein Risiko eingehen.
    Dafür ist das Geschäft zu wichtig.«
    »Und die Verkäufer…?«
    »Ich sagte doch schon: Ein Großteil von ihnen weiß nichts.
    Deshalb benötige ich Sie. Überzeugen Sie die Eigentümer.
    Schwiebus scheint das nicht zu können. Ich brauche die Grundstücke. Schnellstens.«
    »Und wenn die nicht verkaufen wollen?«
    »Ach was!« Der Anwalt konnte die abwertende Handbewegung förmlich durch das Telefon sehen. »Alles eine Frage des Preises. Und der Fähigkeit, Menschen von ihrem
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