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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Tatort Toewerland
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Glück zu überzeugen. Wie Sie das machen, ist mir egal. Aber bringen Sie mir unterschriebene Vorverträge. Viel Erfolg.«
     
    Esch war wie betäubt. Jetzt hätte er einen Brandy vertragen können. Leider hatte er seine ohnehin dürftigen Vorräte vor einer Woche während der Arbeit an einem längeren Schriftsatz vernichtet. Als er dann am nächsten Morgen seine Schöpfung des Vorabends wieder zur Hand genommen hatte, war ihm klar geworden, dass er zukünftig besser ohne Alkoholunterstützung seinen anwaltlichen Aufgaben nachkommen sollte. Die leere Brandyflasche war im Altglascontainer gelandet und der Schriftsatz im Papierkorb.
    Jetzt musste er Elke überzeugen. Er benötigte einen Plan, einen guten Plan sogar. Es fiel ihm nur keiner ein. Dann eben nicht. Er klaubte Dezcweratskys Unterlagen vom Faxgerät, klopfte an Elkes Tür und steckte den Kopf durch die Öffnung.
    »Störe ich?«
    »Meistens. Jetzt nicht.«
    Rainer stiefelte in ihr Büro und ließ sich auf einen Stuhl vor ihrem Schreibtisch fallen.
    »Alles erledigt?«
    »Weitgehend. Nur noch ein paar Kleinigkeiten. Die können aber auch liegen bleiben. Warum fragst du?«
    »Nur so.«
    »Aha. Also, was ist los?«
    »Nichts Besonderes.« Wie sollte er ihr das nur beibringen.
    »Martina ist schon nach Hause gegangen. Ich finde, wir sollten ihr morgen freigeben.«
    »Weshalb?«, wollte seine Freundin wissen.
    »Sie könnte dann in Ruhe ihre Weihnachtsvorbereitungen erledigen.« Er fühlte sich unbehaglich. Elke sah ihn misstrauisch an.
    »Außerdem könnten auch wir…«
    »Rainer!«
     
    Da! Schon wieder! Rainer seufzte. Dann platzte er heraus:
    »Was würdest du davon halten, ein paar Tage auf Juist zu verbringen?«
    »Im Winter?«
    »Es ist sehr schön auf der Insel. Weißer Strand, blauer Himmel, Sonne…«
    »Woher weißt du das? Warst du schon einmal da?«
    »Ja«, log er. »Früher.«
    Sie dachte nach. »Warum nicht. Wann sollen wir fahren? Am zweiten Weihnachtsfeiertag?«
    Esch schluckte. »Ich dachte mehr an morgen früh.«
    »Bist du verrückt? Schon morgen? Warum die Eile?«
    Rainer rutschte unter ihrem prüfenden Blick auf seinem Stuhl herum. »Na ja, du erinnerst dich doch an Marian Dezcweratsky?«
    »Wie kannst du annehmen, dass ich den Loddel, den du Mandant nennst, vergessen könnte?«
    »Er ist kein Zuhälter.«
    »Sagst du. Also, was ist mit ihm?«
    Esch holte tief Luft. »Ich fahre morgen in seinem Auftrag nach Juist und möchte, dass du mitkommst.«
    Elke machte den Anschein, als ob sie etwas sagen wollte, schwieg jedoch. Aber ihr Mienenspiel verriet äußerste Empörung. Sie sah Rainer aus wütend blitzenden Augen an und meinte schließlich gedehnt: »Was soll ich?«
    »Mit mir nach Juist fahren.«
    »Soll ich dein Bett wärmen, während du einen Puff einweihst?«, rief Elke empört.
    »Quatsch. Dezcweratsky möchte, dass ich dort für ihn Verhandlungen über den Kauf von Grundstücken führe.«
    »Damit er dort bauen und später einen Puff einweihen kann, oder was?«
     
    Rainer entschloss sich für eine ehrliche Antwort. »Ich weiß es nicht. Dezcweratsky bezahlt die Spesen, ein Fixum von dreihundert Mark täglich und zuzüglich eine Provision.« Er versuchte einen Frontalangriff: »Elke, wir sind selbstständige Anwälte, keine Wohlfahrtsveranstaltung. Wir leben davon, als Dienstleister den Wünschen unserer Mandanten nachzukommen.«
    »Was ist mit deinem Freund Cengiz? Du wolltest ihn doch Weihnachten einladen?«
    »Er hat sich nicht wieder gemeldet. Vermutlich ist er noch nicht von der Beerdigung seines Onkels aus der Türkei zurück.
    Außerdem wollte er sich auf seine Abschlussprüfung Anfang Januar vorbereiten. Diese seltsame Umschulung zum Computerfachmann. Ich muss ohnehin noch seine Blumen gießen. Ich schreibe ihm eine Nachricht und deponiere sie in seiner Wohnung. Er wird es verstehen.«
    »Vermutlich.« Elke drehte sich weg. Das war ihre Art, ihm zu zeigen, dass sie in Ruhe nachdenken wollte. Esch betrachtete seine Freundin: Vor zwei Wochen hatte sie ihre Haarfarbe gewechselt, das Ergebnis war zwar nicht schlecht, aber ihm sagte das Original mehr zu.
    Seine vorsichtig vorgetragene Skepsis hatte sie mit der knappen Bemerkung »Mir gefällt’s« beiseite gewischt. Die neue Haarfarbe harmonierte mit ihren schon fast klassischen Gesichtszügen. Auch heute noch würde er sich vom Fleck weg in sie verlieben.
    Einige Minuten lang fiel kein Wort. Dann fragte sie:
    »Dreihundert, sagst du? Und Provision?«
    Rainer nickte.
    »Zeig her.«
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