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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Tatort Toewerland
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Juist: stundenlange Spaziergänge unter sonnigem, wolkenlosem Himmel am endlosen Sandstrand in eiskalter Luft; gemütliche Abende mit blonden, hochbeinigen Inselschönheiten in einer der zahlreichen Kneipen bei Grog, Glühwein und Eierpunsch; feuchtfröhliche Ausflüge in Pferdekutschen zu den Sehenswürdigkeiten der Insel; faszinierende Eisbarrieren im Wattenmeer – und was war?
    Die meisten Kneipen und Restaurants nahmen ihren Betrieb erst am 1. oder 2. Weihnachtsfeiertag wieder auf; Touristen befanden sich kaum auf der Insel, und wenn, dann waren die wenigen Blondinen fest in der Hand ihrer Ehemänner und Freunde und auch noch so dick in Wattejacken verpackt, dass selbst sein ausgeprägtes Vorstellungsvermögen nicht ausreichte, das Darunter zu erahnen. Zwar hatte er schon ein paar jungen Damen das eine oder andere Getränk an der langen Theke der Spelunke ausgeben dürfen, aber es war trotz einiger viel versprechender Ansätze leider nur beim Bezahlen des Eierpunsches geblieben.
    Die Wintersonne hatte er seit seiner Ankunft auch noch nicht gesehen, dafür aber schon mehrfach die Erfahrung gemacht, wie sich Schnee-und Graupelschauer, vom stürmischen Wind fast waagerecht über den Strand gepeitscht, auf der ungeschützten Gesichtshaut anfühlten.
    Als er sich gestern Abend am Telefon darüber bei einem seiner Freunde beschwerte, hatte der nur eine Binsenweisheit zum Besten gegeben: »Charly, es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung.«
    Und jetzt war auch noch das Sportgeschäft mit der richtigen Kleidung geschlossen. Einem kleinen Schild an der Eingangstür entnahm Schwiebus, dass er zwischen 17 und 18
    Uhr eine gewisse Chance hatte, den Laden betreten zu dürfen.
    Trotzdem hatte sein Aufenthalt auf der Insel auch etwas Gutes: Er kostete ihn nicht nur keinen Pfennig, sondern warf auch noch ein kleines Honorar ab. Schwiebus war sich allerdings nicht ganz sicher, ob sein Auftraggeber mit den bisherigen Ergebnissen seiner Arbeit zufrieden sein konnte.
    Er schlug seinen Mantelkragen höher und machte sich auf den Weg zur Spelunke, eine der wenigen Kneipen, die geöffnet hatten.
    Charly Schwiebus bestellte ein Bier und sah sich um. Wie immer um diese Zeit waren kaum Gäste im Lokal.
    Lediglich am hinteren Ende der Theke entdeckte er ein Paar, das in eine intensive Unterhaltung vertieft war. Die Reihe schmaler Tische gegenüber war bis auf einen einsamen Trinker leer. Schwiebus erinnerte die Sitzanordnung an die Bestuhlung im britischen Unterhaus.
     
    Die Thekencrew spülte Gläser und bereitete sich auf den Abend vor. Ab zehn, elf Uhr ging nach Charlys Erfahrungen in der Spelunke die Post ab. Allerdings war das Gedränge dann so groß und der Lautstärkepegel so hoch, dass an ein gemütliches Tête-à-Tête nicht zu denken war.
    Schwiebus orderte ein zweites Pils und blickte zur Uhr. Zeit für seinen täglichen Bericht. Er griff zum Handy und wählte die Nummer seines Geldgebers.
    »Schwiebus hier.«
    »Ja?«, kam die knappe Antwort.
    »Leider bin ich immer noch nicht sehr viel weiter.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Na ja, ich habe Steiner noch nicht erreichen können. Er geht nicht ans Telefon.«
    Die Stimme am anderen Ende der Verbindung schwieg. Dann sagte sie ungehalten: »Sie haben es nur über das Telefon versucht? Das kann ich auch von hier aus. Ich bezahle Sie nicht dafür, dass Sie auf Juist Urlaub machen!«
    »Nein, natürlich nicht«, beeilte sich Schwiebus zu versichern.
    »Ich war jeden Tag bei seinem Haus. Nachbarn haben mir erzählt, dass er erst am 23. oder Heiligabend wieder zurückkommen wird. Er macht mit seiner Familie Urlaub bei Verwandten. Die Nachbarn wussten aber nicht…«
    »Also übermorgen.«
    »Oder einen Tag später. Heiligabend.«
    »Sie bleiben, bis Sie mit Steiner geredet haben. Was haben Sie sonst in Erfahrung bringen können?«
    »Heute hat am Hafen ein Mann Unterschriften gegen den Bau des Golfplatzes gesammelt.«
    »Und?«
    »Ich dachte, das interessiert Sie.«
    »Haben viele unterschrieben?«
    »Soweit ich sehen konnte, nicht.«
     
    »Gut. Bis morgen.«
    »Äh, Herr…«
    »Was denn noch?«
    »Meine Spesen… Ich will damit sagen, hier haben Heiligabend nur die großen Hotels und das Kurhaus geöffnet.
    Da muss ich reservieren… ich muss doch auch eine Mahlzeit…«
    »Sie reden mit Steiner, verstanden? Und, zum Teufel, gehen Sie Heiligabend, wohin Sie wollen.«
    »Danke. Ich werde mein Möglichstes tun.«
    »Das ist zu wenig.«
    Die Verbindung war
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