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Zwei wilde kleine Hexen

Zwei wilde kleine Hexen

Titel: Zwei wilde kleine Hexen
Autoren: Cornelia Funke
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nach den Mädchen umzusehen, stiefelte sie zu einem großen Apfelbaum, kletterte geschickt den krummen Stamm hinauf und verschwand zwischen den Blättern.

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Große Hexerei
    Das Weckerklingeln verschlief Rosanna. Doch um Viertel vor zwölf sprang Ramses auf ihren Bauch und weckte sie. Gähnend zog sie sich an, schlich am Schlafzimmer ihrer Eltern vorbei und tappte mit Ramses die Treppe zum Café hinunter. Dort brannte schon Licht. Lilli saß mit baumelnden Beinen auf dem Tresen und Zorro leckte unter den Tischen den Fußboden ab. Er war so beschäftigt, dass er Rosanna nicht mal begrüßte.
    »Hier, dein Schlüssel.« Lilli warf ihn Rosanna zu. »Aber ich konnte trotzdem fast nicht reinkommen. Das Schloss klemmte.«
    »Tut es immer. Ist eben alt, wie alles hier.« Rosanna musste schon wieder gähnen. Müde ließ sie sich auf den nächsten Stuhl fallen. Ramses rollte sich auf der kalten Heizung zusammen.
    »Komisch sieht es hier nachts aus«, stellte Lilli fest. »Ganz anders. Findest du nicht?«
    Rosanna zuckte die Achseln. Ob im Dunkeln oder Hellen, sie kannte hier jeden Stuhl besser als die Möbel oben in der Wohnung. »Hast du eine Ahnung, was Elfriede vorhat? Den ganzen Nachmittag zerbrech ich mir schon den Kopf darüber.«
    Lilli zuckte die Achseln, nahm sich eins von den Hörnchen und knabberte daran herum. »Ich lass mich überraschen.«
    »Nimm dir ruhig Eis«, sagte Rosanna.
    Aber Lilli schüttelte den Kopf. »Ich bin zu aufgeregt«, sagte sie und warf Zorro das angebissene Hörnchen zu. Haps, weg war es.
    Im selben Moment ging die Tür auf, und Elfriede kam herein, den Besen unterm Arm, ums Handgelenk ihre Schlange.
    »Wunderbar! Alle schon versammelt«, sagte sie und lehnte ihren Besen gegen den Tresen. »Dann können wir ja gleich anfangen, was?«
    »Klar«, sagte Lilli. »Aber womit?«
    Mit spöttischem Lächeln tippte die Hexe ihr auf die Nase. »Erst mal musst du da verschwinden. Den Platz brauch ich.«
    Lilli sprang vom Tresen.
    »Was hast du vor?«, fragte Rosanna.
    »Moment, Moment.« Elfriede zog einen kleinen Beutel aus ihrem Kleid und schnupperte daran. »Hexendreck. Das sind die falschen.« Ärgerlich wühlte sie in ihren Taschen herum, bis sie noch ein Beutelchen fand. Wieder steckte sie die Nase hinein, nickte zufrieden und hielt es den beiden Mädchen zum Schnuppern hin.
    »Mädesüß«, sagte sie. »Eine bemerkenswerte Pflanze. Jede mittelmäßige Hexe wüsste jetzt, was ich vorhabe. Aber …«, kichernd holte sie Brunhilde hervor, »ihr wisst es nicht, stimmt’s?«
    »Oh, bitte, Elfriede«, sagte Rosanna. »Mach es nicht so spannend.«
    »Guck dir die beiden an, Brunhilde. Keine Geduld! Dabei ist das das Allerwichtigste für eine Hexe.« Kopfschüttelnd setzte Elfriede die Kröte auf den Tresen. »Ihr wollt, dass diese Stühle besetzt sind. Bei Regen und bei Sonnenschein. Richtig?«
    Die Mädchen nickten. Langsam watschelte Brunhilde den Tresen entlang.
    »Und unsere Freundin Rosanna will Hexe werden. Das braucht viel Zeit und Arbeit. Zeit hat sie aber nicht, wenn sie hier helfen muss. Auch richtig?«
    Wieder nickten die Mädchen.
    »Dieses verzwickt verzwackte Problem …«, bedeutungsvoll senkte Elfriede die Stimme, »löst nur ein sehr vertrickt vertrackter Zauber. Ein großer Zauber, für den ich absolute Stille brauche.« Warnend sah sie Lilli an. »Hast du verstanden, kleines Plappermaul?«
    Beleidigt kniff Lilli den Mund zusammen.
    »Gut!« Warnend legte Elfriede den Finger vor die Lippen. »Keine Fragen, keine Zwischenrufe, kein Gekicher. Klar?«
    »Klar!«, hauchten die Mädchen.
    Ohne ein weiteres Wort drehte die Hexe ihnen den Rücken zu. Dann griff sie mit zwei Fingern in den Beutel mit dem Mädesüß und streute einen Kreis von Blütenblättern auf den Tresen. Um den Kreis herum stellte sie vier kleine Kerzen auf, rieb an ihren Dochten, bis sie brannten, und flüsterte: »Wissen, wollen, wagen, handeln.«
    »Komm, Brunhilde«, sagte sie laut. »Oder hast du es dir etwa anders überlegt?«
    Die Kröte watschelte auf den Blütenkreis zu, hüpfte hinein und setzte sich genau in die Mitte.
    »Bestens, meine Liebe, bestens«, sagte Elfriede und kraulte ihr den Rücken. Dann nahm sie ihren Besen, schwang sich auf den Stiel und flog im Zickzack bis unter die Decke. Mit flatterndem Rock und fliegendem Haar drehte sie drei schnelle Runden um die Lampen herum, klatschte in die Hände und ließ das Licht erlöschen. Nur die Kerzen flackerten noch. In ihrem Schein saß Elfriedes
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