Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei wilde kleine Hexen

Zwei wilde kleine Hexen

Titel: Zwei wilde kleine Hexen
Autoren: Cornelia Funke
Vom Netzwerk:
Ausschließlich im Winter.«
    »So was haben wir im Garten!«, rief Lilli. »Ein Riesenstrauch. Blüht im Januar. Aber mein Vater nennt ihn anders. Hammamella oder so.«
    »Hamamelis. Der botanische Name.« Die Verkäuferin schnippte ein paar Blütenblätter vom Ladentisch. »Würdet ihr mich jetzt meine Arbeit machen lassen?«
    »Wir brauchen aber noch Vergissmeinnicht«, sagte Rosanna mit zuckersüßer Stimme. »Ist das Ihre Arbeit?«
    Vor der Ladentür wurde Zorro langsam ungeduldig. Jaulend kratzte er mit seiner Pfote an der Scheibe.

    »Um Himmels willen, ist das Untier eures?«, fragte die Verkäuferin. »Der wird noch die Tür zerkratzen. Also, wie viel Vergissmeinnicht möchtet ihr?«
    Fragend sah Lilli Rosanna an. »Sollen wir draußen auch welche hinstellen?«
    Rosanna schüttelte den Kopf. »Erst mal fünf Sträuße«, sagte sie. »Fünf reichen zur Probe. Auf den andern Tischen lassen wir die Nelken.«
    Mit Leidensmiene machte die Verkäuferin sich ans Werk.
    »Hoffentlich verwelken die nicht so schnell«, flüsterte Rosanna. Sie zählte ihr Taschengeld auf den Tresen. Lilli zuckte die Schultern. »Wenn sie so wirken wie der Wetterzauber …«, flüsterte sie zurück.
    Als sie mit Vergissmeinnicht und beinahe ohne Taschengeld den Laden verließen, drehte Lilli sich noch mal um.
    »Mögen Sie Nelken?«, fragte sie die Verkäuferin.
    »Natürlich! Wieso?«
    »Dachte ich mir«, sagte Lilli. Kichernd lief sie mit Rosanna nach draußen.

[zurück]
Elfriedes Rückkehr
    Drei Tage sind eine furchtbar lange Zeit, wenn man auf etwas wartet. Lilli führte pausenlos den Hund spazieren, pflückte Berge von Zaubernussblättern, versuchte ohne jeden Erfolg, einen Besenstiel zu entflammen oder kleine Irrlichter auf ihren Fingernagel zu zaubern – und aß so viel Eis, dass selbst ihr schlecht wurde.
    Rosanna half ihren Eltern, gab den Vergissmeinnicht jeden Tag frisches Wasser und beobachtete, wer sich lieber an die Tische mit den Nelken setzte. Das Ergebnis war bemerkenswert. Zu den Nelken zog es eindeutig Gäste, die gern nörgelten, kein Trinkgeld gaben, rumkommandierten und ihre Mundwinkel griesgrämig nach unten zogen. Die aber, die beim Eisessen entzückt die Augen verdrehten und die Mundwinkel nach oben trugen, liebten Vergissmeinnicht. Daraufhin beschloss Rosanna, auch noch die letzten Nelken zu beseitigen, sobald sie wieder bei Kasse war.
    Abends saßen beide, Lilli und Rosanna, an ihren Fenstern und sahen zum Mond hinauf. Sie sahen zu, wie er rund und voll wurde und schließlich wie eine Silbermünze am schwarzen Himmel hing. Schon in der nächsten Nacht würde er wieder schwinden.
     
    »Wir rufen Elfriede zu dem verlassenen Haus. Das ist am hexenmäßigsten«, sagte Lilli.
    Um zehn Uhr abends holte sie Rosanna ab. Ihre Eltern schliefen schon, völlig erschöpft von 169 Eisbechern mit und 23 ohne Sahne. Lillis Eltern waren im Theater und ahnten nichts von dem Plan ihrer Tochter.
    »Warum hast du denn Zorro mitgebracht?«, fragte Rosanna, als sie zusammen durch die Straßen liefen. Jede von ihnen hatte einen Besen dabei, allerdings mit Plastikstiel, das Hexenhaar samt Hexenstoff und jede Menge Zaubernussblätter.
    »Ich habe Angst im Dunkeln«, sagte Lilli. »Aber mit Zorro nicht. Er erschrickt zwar bei jedem Schatten, aber er sieht eben auch zum Erschrecken aus, oder?«
    Das konnte Rosanna nur bestätigen.
    Dann waren sie am Ziel. Still, die zugenagelten Fenster wie geschlossene Augen, stand das leere Haus da, wie am Straßenrand abgestellt und dort vergessen.
    Lilli öffnete das Tor. Im Garten war es stockdunkel. Nur ein kleines Stück Wiese war silbrig erleuchtet vom Mondlicht.
    »Hast du eine Taschenlampe?«, flüsterte Lilli.
    »Nein, du?«
    »Hab ich vergessen. Mondlicht passt sowieso besser.«
    Rosanna hätte trotzdem gegen ein bisschen mehr Licht nichts einzuwenden gehabt.
    »Komm«, sagte Lilli und zog sie zu dem Fleckchen Silberwiese. Zorro band sie an einen Baum. Dann gab sie Rosanna drei Zaubernussblätter.
    »Hier, vergiss nicht, sie fest zu drücken.«
    Rosanna nickte.
    »Und dann«, Lilli zog Elfriedes Abschiedsgeschenk aus der Tasche, »dann pusten wir ganz kräftig auf das hier drauf. Hat sie was von einem magischen Kreis gesagt?«
    Rosanna schüttelte den Kopf. »Aber zuerst pusten ist falsch. Erst kam reiben. Dann pusten.«
    »Bist du sicher?«
    »Ganz sicher.« Vorsichtig zog Rosanna das Bündel mit Elfriedes Haar aus der Tasche und rieb es zwischen den Fingern. Dabei drückte sie die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher