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Zwei wilde kleine Hexen

Zwei wilde kleine Hexen

Titel: Zwei wilde kleine Hexen
Autoren: Cornelia Funke
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Tagsüber hast du keine Zeit. Und abends bist du zu müde. Weißt du, was ich mach, wenn das so weitergeht? Ich mach auch einen Wetterzauber. Jawohl. Genau wie Elfriede.«
    »Ach ja?«, rief Rosanna wütend zurück. »Willst du, dass es wieder den ganzen Tag regnet? Willst du das?«
    »Ich will Hexe werden!«, brüllte Lilli. »Ich will fliegen und mit einer Kröte spielen. Und nicht den ganzen Tag dasitzen, den Hund ausführen oder zu irgendwelchen blöden Klavierstunden gehn. Oder fernsehen. Oder mich über Puppenkleider unterhalten.«
    »Dann tu es doch!«, brüllte Rosanna zurück. »Setz dich auf einen Besen, zieh dir die Sachen von deinen Schwestern an und tanz im Mondlicht. Davon kommt sie aber auch nicht zurück!«
    Totenstille. Zorro legte den Kopf auf die Pfoten und jaulte. Lilli ließ sich auf ihren Stuhl plumpsen.
    »Stimmt«, sagte sie leise. »Davon kommt sie nicht zurück. Weißt du was? Ich hab versucht, mir die Himmelsrichtungen zu merken. Fehlanzeige. Ich krieg sie immer wieder durcheinander. Ich bin beim Tümpel hinterm Friedhof gewesen. Aber die Kröten wollten nichts mit mir zu tun haben. Zorro hat sogar versucht, eine zu fressen.«
    »Ramses ist verschwunden«, sagte Rosanna. »Seit Elfriede weg ist, hab ich ihn nicht gesehen.«
    Erstaunt sah Lilli sie an. »Davon hast du ja noch gar nichts gesagt.«
    Bedrückt schüttelte Rosanna den Kopf. »Erst hab ich gedacht, er stromert nur ein bisschen rum. Hat er ja schon öfter getan. Aber so lange war er noch nie weg. Ich glaub, er ist mit ihr weggeflogen.«
    »Mit Elfriede?«
    Rosanna nickte.
    »Es ist schon fast Vollmond«, sagte Lilli. »Zwei Nächte noch, dann nimmt der Mond ab. Sagt mein Vater.«
    »Seit wann weiß der denn so was?«, fragte Rosanna misstrauisch.
    »Er hat im Kalender nachgesehen.«
    »Aha.«
    Wieder schwiegen sie sich an, jede mit ihren eigenen dunklen Gedanken beschäftigt. Unter dem Tisch wälzte Zorro sich schmatzend auf den Rücken.
    »In Ordnung«, sagte Rosanna plötzlich. »In drei Nächten holen wir sie zurück. Was willst du ihr sagen?«
    »Dass wir sie vermissen«, sagte Lilli.
    »Ich weiß nicht, was sie von dem Grund hält«, sagte Rosanna. »Vielleicht sollten wir sie lieber fragen, wo Ramses ist.«
    »Ja, das ist gut.« Lilli nickte. »Und was sagen wir wegen des Wetters?«
    »Was sollen wir dazu sagen?« Ratlos zuckte Rosanna die Schultern. »Wir haben doch genau das gekriegt, was wir haben wollten. Und irgendwann wird es bestimmt wieder regnen.«
    »Und dann?«, fragte Lilli. »Hast du darüber schon mal nachgedacht?«
    Rosanna schüttelte den Kopf. »Lass uns Schularbeiten machen. Mir dreht sich der Kopf.«
    Wenig begeistert wandten sie sich ihren Mathebüchern zu.
    »Davon wird das mit dem Kopf bestimmt nicht besser!«, stellte Lilli fest.
    Aber Rosanna war mit ihren Gedanken sowieso schon wieder ganz woanders. Nachdenklich kaute sie auf ihrem Füller herum und guckte überallhin, nur nicht ins Mathebuch. »Diese Zaubernussblätter brauchen wir noch. Hast du eine Ahnung, wie die aussehen?«
    Lilli schüttelte den Kopf.
    »Was meinst du?«, fragte Rosanna. »Ob die im Blumengeschäft wissen, wie so eine Zaubernuss aussieht?«
    »Kann schon sein«, sagte Lilli. »Da können wir auch gleich Vergissmeinnicht fürs Café besorgen. Die in unserm Garten hat meine Schwester gepflückt und ihrem neuesten Verehrer geschenkt.«
    »In einer Stunde muss ich aber zu Hause sein«, sagte Rosanna.
    »Schaffen wir«, antwortete Lilli.
    Das Mathebuch klappten sie zu und ließen es da, wo es war.
     
    Die gelangweilte Verkäuferin im Blumengeschäft hob nur verächtlich die Augenbrauen, als sie nach der Zaubernuss fragten.
    »Verwelkt«, sagte sie mit spitzem Mund. »Längst verwelkt. Und die Blüte ist sowieso völlig uninteressant.«
    »Wie sieht sie denn aus, diese Blüte?«, fragte Lilli und schnupperte an den riesigen roten Rosen, die neben dem Ladentisch standen.
    Missbilligend sah die Verkäuferin auf sie herab. »Nimm bitte die Nase aus den Rosen«, sagte sie.
    »Die riechen sowieso nicht!«, stellte Lilli fest. »Nicht das klitzekleinste bisschen.«
    »Bitte, wie sieht sie aus?«, fragte Rosanna. »Die Zaubernuss.«
    »Klein«, sagte die Verkäuferin, drehte ihr den Rücken zu und stellte ein paar Tulpen in eine Vase. »Klein, gelb, struppig.«
    »Und die Blätter?«, fragte Lilli.
    »Wie groß ist sie?«, fragte Rosanna.
    Seufzend drehte die Verkäuferin sich wieder um. »Die Zaubernuss ist ein Strauch. Blüht im Winter.
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