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Zwei Toechter und drei Hunde

Zwei Toechter und drei Hunde

Titel: Zwei Toechter und drei Hunde
Autoren: Hans G Bentz
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kann’s noch besser!< Und damit schlüpft er unter dem Drahtzaun durch und ist plötzlich mitten unter den Kolossen, ihrer Gnade ausgeliefert. Ein Gewimmel von gehörnten Riesenhäuptern schließt sich über ihm, und ich sehe mir sicherheitshalber die Zwischenräume zwischen den Drähten an, damit ich notfalls durchschlüpfen kann. Einen Spazierstock habe ich leider nicht zur Hand, ein kräftiges >Öha!< und Klaps aufs Hinterteil muß also genügen. Hoffentlich verstehen sie mich, besonders die da mit dem abgebrochenen Horn. Sie sieht gar nicht so aus, als ob sie auf >Öha< reagieren würde.
    Aber all das erweist sich als überflüssig. Der kleine Löwe verteilt weiterhin Küßchen nach allen Seiten, und nun beginnen ihn unter gewaltigem Schnaufen eine Reihe von dicken Sandpapierzungen gegen den Strich zu polieren. Es ist das Äußerste an Liebkosung, was eine Kuhseele aufbringen kann. Zunächst macht der Dicke einen krummen Buckel und wedelt höflich, aber dann wird ihm die Sache doch unheimlich. Irgendwie ist er zwischen einem Wald von Kuhhörnern plötzlich hindurch, wieder unter dem Zaun weg und bei mir auf dem Weg. Gewissermaßen um sich für diesen Rückzug vor mir zu rehabilitieren, nimmt er Kurs auf einen kleinen roten Kater, der auf der gegenüberliegenden Wiese vor einem Mauseloch hockt. Ich kenne diesen Kater, er heißt Bimbo und ist mit einem bedeutend älteren Bruder befreundet, der Bambi heißt. Erst versucht Bimbo den üblichen Trick, den auch die jüngsten Kater gegenüber ausgewachsenen Bedrohern oft mit Erfolg anwenden, er macht nämlich einen Buckel. Dann aber verläßt ihn doch der Mut, angesichts des mit flatternden Riesenohren heranbrüllenden Cocker-Löwen, und er fegt in Blitzeseile die alte Eiche hinauf, die auf dieser Wiese steht, bis in die oberste Spitze. Ebenso schnell jedoch ist Bambi da. Er kümmert sich überhaupt nicht um Cocki, der brüllend, zähnefletschend und völlig maßlos im Triumph seiner Überlegenheit an der Eiche emporspringt, sondern schießt wie ein roter Pfeil nach oben, wo das kleine Etwas von Brüderchen sitzt. Und dann sehe ich etwas unbeschreiblich Rührendes. Bambi ist nicht ohne Grund auf den Baum hinaufgeschossen. Denn Klein-Bimbo, offenbar zum erstenmal bis in eine Eichenspitze geflüchtet, traut sich nicht wieder herunter! Zuerst versucht Bambi, ihn am Genick zu packen und abwärts zu schleppen. Aber das geht nicht, anscheinend sind die Zweige zu dünn, um die Last beider Tiere tragen zu können. Und so lotst er denn den kleinen Bruder hinunter, indem er ihm immer einen Ast vorausspringt und ihm zeigt: >Schau mal, du kannst ruhig drauf hüpfen, er trägt dich! Wenn er mich trägt, trägt er dich schon lange!< Und so kommen die beiden denn ganz langsam und vorsichtig wieder herunter. Als sie an Cocki vorbeimarschieren, drängt Bimbo sich ganz eng an seinen großen Bruder. Der dicke rote Bambi jedoch stolziert an Cocki vorüber, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Er nimmt sich nicht mal die Mühe, ihn anzufauchen.

    Und wieder vergehen einige Wochen, während derer die Schneegrenze auf den Bergen allmählich tiefer kriecht. Manchmal, in warmen Intervallen, weicht sie widerwillig noch einmal etwas zurück, aber dann ist sie sofort wieder da und gewinnt noch ein paar Meter darüber hinaus. Die nackten Felsen, die Moose und die Krüppelkiefern hat sie bereits unter ihrem blendenden, kalten Weiß begraben. Jetzt dringt sie bereits in die obersten Reihen des Hochwaldes ein, und manchmal, wenn ich des Morgens die Läden aufstoße, sind die Gräser schon bereift.
    Zwischendurch gibt es wüste Regenfälle, die von dem Hügel über uns braune Wasserfluten durch das Grundstück schießen lassen, wobei meine Garageneinfahrt unweigerlich wieder in ihre Urbestandteile zerfällt. Um dieses Unheil abzuwenden, habe ich nach langem und tiefem Nachdenken einen Ausweg gefunden und eine Rille in die Straße gehackt, so daß der braune Strom nicht mehr in mein Grundstück, sondern auf die Sumpfwiese daneben fließt. Tagelang gehe ich mit geschwellter Brust ob dieser genialen Lösung herum und lasse mich von der Familie bewundern. Sobald es wieder gießt, müssen sie alle ans Fenster und beobachten, wie die schäumende Brühe in die Sumpfwiese saust. Letzte Nacht hat es wieder geregnet. Ich stehe mit der lässigen Sicherheit des Siegers über die Elemente auf und mache mit Cockchen unseren Morgenspaziergang, um mich wieder einmal an meinem Wasserabfluß zu weiden. Von diesem jedoch
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