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Zwei Toechter und drei Hunde

Zwei Toechter und drei Hunde

Titel: Zwei Toechter und drei Hunde
Autoren: Hans G Bentz
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erklärt sie mir. »Erstaunlich unverdorben.«
    »Es wird sehr interessant«, meint Enrico, »wenn sich dieser Zustand allmählich legt! Dann erhebt sich nämlich die Frage, ob sie’s noch reizt? Was meinst du?«
    Ich nehme einen Schluck von dem zweiten Highball: »Ich könnte mir vorstellen, daß ihr das ewige Verführen allmählich langweilig wird und daß sie sich mal einen eigenen Mann für die Dauer zurechtbauen möchte.«
    »Natürlich möchte sie das«, sagt er, »aber ich bin ja kein Anker-Steinbaukasten.«
    »Na ja, mit einigen Zacken wird sie sich schon abfinden, nicht wahr, Frau Stefanie?«
    Sie gießt sich einen Campari ein und mischt ihn mit doppelt soviel Wasser. Er schimmert rubinrot wie ihre Lippen: »Das dürfte mir gar nicht schwerfallen, Colonel, da ich ja gottlob nicht verpflichtet bin, seine unangenehmen Seiten zu erdulden.«
    Ich trinke den Highball mit einem Zug aus: »Dann wollt ihr also tatsächlich nicht heiraten?«
    »Warum sollten wir?« erkundigt sich Enrico erstaunt.
    Ich wende mich an Stefanie: »Ist das auch Ihre Ansicht?«
    »Ja, natürlich! Es soll doch möglichst so bleiben, wie es jetzt ist. Die Zuneigung zwischen zwei Menschen bewegt sich in Wellenlinien, ich glaube, dieser Ausspruch stammt von Ihnen. Warum sollen wir uns nicht die Rosinen aus dem Kuchen picken und nur dann zusammen sein, wenn uns danach ist und wir uns wirklich mögen? Kommt ein Wellental, hat Enrico seinen Beruf und ich mein Haus. Das Leben ist kurz, man muß es genießen, meinen Sie nicht auch?«
    »Das ist eine Frage der Einstellung«, erwidere ich.
    »Aber es ist doch zweifellos die vernünftigste Einstellung, das wirst du uns zugeben«, sagt Enrico. Stefanie beugt sich vor, das Campariglas nachdenklich in der Hand drehend: »Sie scheinen nicht ganz einverstanden?«
    »Tja — hm — hm...«
    »Hm«, erklärt Enrico, »sagt er immer, wenn er nicht weiter weiß.« Stefanie nickt: »Das habe ich auch schon an ihm bemerkt.« Er wirft ihr einen argwöhnischen Blick zu: »So? Ach ja — er war ja bei dir, ziemlich lange sogar, wie ich gehört habe. Was hast du denn sonst noch an ihm bemerkt, bei dieser Gelegenheit?«
    Sie lacht: »Ist er nicht goldig? Ich möchte dich zu gern noch eifersüchtiger machen, Schatz, aber ich lüge prinzipiell nicht.«
    Enrico: »Gibt’s so was überhaupt bei Frauen?«
    »Mir ist bisher noch keine begegnet, aber vielleicht ist die gnädige Frau hier eine Ausnahme. Außerdem bleiben Mummelgreisen wie mir bei solchen Aussprachen leider keine Möglichkeiten, die dich eifersüchtig machen könnten.«
    »Ich trau’ dir nicht fünf Meter weit, du Aas«, sagte Enrico herzlich. »Mummelgreis! Daß ich nicht lache! Aber abgesehen davon bist du uns noch eine Antwort schuldig. Nämlich, ob du’s nicht auch vernünftig findest, daß wir nicht heiraten.«
    »Ist es vernünftig, wenn ihr vom Leben nur Genuß wollt?«
    »Und warum sollten wir das nicht wollen?«
    »Na, weil ich das Gefühl habe, daß einem auf die Dauer nichts erspart wird. Mal müßt ihr doch den ganzen Kuchen futtern und nicht nur die Rosinen. Ich habe vorhin gesagt, es wäre eine Einstellungsfrage — natürlich ist das, was ich hier von mir gebe, auch nur eine Einstellung.«
    »Und worauf läuft die hinaus?« fragt Stefanie, die jetzt nachdenklich aussieht.
    »Darauf, daß irgendeine höhere Macht irgend etwas ganz Bestimmtes mit uns vorhat. Eine richtige Ehe — ich meine damit gar nicht diese ganz seltenen Ehen, in denen ein animus seine anima findet, sondern eine ganz normale, einigermaßen gesunde Ehe — die zwingt uns dazu, auch die schlechten Tage miteinander zu tragen, die Mißgeschicke, die Mißstimmungen, die Kindersorgen, mehr an den anderen als an uns zu denken. Ein Mensch ist doch eine so unglaublich komplizierte Angelegenheit, und die Möglichkeit, daß da Zahn in Zahn ineinanderpaßt, daß es wie ein Synchrongetriebe läuft, ist so unwahrscheinlich, daß nur eins übrigbleibt: die Selbstverleugnung, der Sprung über den eigenen Schatten.«
    »Mit anderen Worten«, sagt Enrico, »du mußt dich so völlig rundschleifen lassen, daß du dich zum Schluß selbst nicht mehr erkennst.«
    »Hältst du denn deine Zacken für so ungeheuer wertvoll, daß du sie dir auch um eines geliebten Wesens willen nicht abschleifen lassen willst?«
    »Ich halte sie nicht für wertvoll, aber es sind meine Zacken, ich hab’ mich an sie gewöhnt, und ich finde mich überhaupt ganz sympathisch. Warum sollte ich das aufgeben, wenn ich
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