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Zwei Toechter und drei Hunde

Zwei Toechter und drei Hunde

Titel: Zwei Toechter und drei Hunde
Autoren: Hans G Bentz
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nicht muß? Genauso denkt Stefanie, stimmt’s?«
    Sie sieht ihn nachdenklich an: »Ja, ja, natürlich — im Augenblick kommt’s mir allerdings etwas theoretisch vor, was wir uns da zurechtgemacht haben.«
    »Daran ist nur dieser Kerl schuld«, sagt Enrico. »Er braucht sich einer Frau nur auf ein paar Kilometer zu nähern, und sie verwandelt sich von einem vernünftigen Wesen in eine Henne.«
    Stefanie fährt aus ihrem Sessel hoch: »Willst du damit sagen, daß ich eine Henne bin?«
    Ich lehne mich zurück: »Na, Kinderchen, nun mal weiter. Jetzt wird’s interessant!«
    »Das möchtest du wohl!« meint Enrico. »Aber hiermit ist das Thema abgeschlossen. Wie geht es denn deiner lieben Frau Mama? Von Anette ganz zu schweigen?« Er steht auf, geht zur Tür und öffnet sie: »Außerdem haben wir ja hier...« Weiter kommt er nicht, denn Cocki stürzt herein, samt Messingschirmständer. Und mit diesem Möbelstück klettert er nach kurzem strategischem Umblick auf Stefanies Schoß, weil man von dort die beste Sicht auf die Platte mit den Sandwiches hat. Die nächsten Minuten sind wir damit beschäftigt, Schirmständer, Stefanie und Cocki auseinanderzusortieren. Das Gespräch versickert, und ich habe den Eindruck, daß es allen Beteiligten so recht ist.
    Eine halbe Stunde später gehe ich. Enrico bringt mich zur Tür.
    »Sie ist eine ganz bezaubernde Frau«, sage ich.
    Er sieht mich finster an und beißt auf seine Lippe: »Manchmal könnte ich dich umbringen. Aber da du’s nun mal so auf die Spitze getrieben hast: soll ich sie heiraten? Ja oder nein?«
    »Darauf kommt’s nicht an.«
    »Sondern?«
    »Auf Stefanie.«
    Er starrt mich völlig fassungslos an: »Du zweifelst doch nicht etwa, daß sie mich mit Kußhand nehmen würde?«
    »Genau das tue ich. Bye-bye, so long! «

18

    Drei Wochen sind vergangen. Drei geruhsame Wochen, in denen ich kaum etwas von den drei Paaren merkte, deren Schicksal mich in letzter Zeit so bewegt hatte.
    Vor etwa vierzehn Tagen hatte der Herbst seine Visitenkarte abgegeben. Mit heulendem Sturm, der Wolken von welken Blättern vor sich herjagte, gluckernden Dachrinnen, gelben Lehmbächen — der meine ewig kränkelnde Garageneinfahrt umpflügte — und den ersten Anthraziteiern, die ich in unsere Heizung warf. Alles lief herum, hustete und schnupfte, und die Alten im Dorf schauten so sonderbar um sich, als fragten sie sich, ob sie wohl noch einen Frühling erleben würden.
    Und dann, vor drei Tagen, kam plötzlich wieder ein Umschwung. Noch einmal goldener Sonnenschein, etwas schwindsüchtig und schräg, aber noch waren genug Blätter an den Bäumen, um sie in Rot und Orange flammen zu lassen, daß sie wie Fackeln über den leeren Feldern loderten. Und man konnte auch, wenn man sich einen wannen Pullover überzog, noch auf einem Bretterstapel am See sitzen und über das silberne Gleißen hinträumen, aus dem gelegentlich ein Fisch sprang.
    Ich war mit Cockchen auf einem Spaziergang gewesen, und als wir am Bootshaus vorbeikamen, saßen da Margot und Buddy. Jetzt im Augenblick sehe ich sie wieder ganz deutlich vor mir, und ich werd’s wohl überhaupt niemals vergessen, dieses Bild. Er saß da, in einem kurzen Mantel, lässig gegen die Wand des Bootshauses gelehnt, und Margot an seiner Seite, noch spitzer und mit noch größeren Augen, fuhr mit der Hand über sein Gesicht, über seine dunklen Haare, Stirn, Augen und Lippen. Immer wieder kehrten ihre Finger zu seinem Mund zurück, streichelten ihn. Sie bemerkten uns gar nicht.
    Er rührte sich nicht, saß da, ganz Pascha, im Vollgefühl seiner begehrten Männlichkeit. Dann sah ich, wie Margot plötzlich aufstand, und ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich aus sicherer Deckung mein großes Nachtglas vor die Augen nahm, um zu sehen, was da eigentlich vor sich ging. Denn irgend etwas ging vor sich. Jetzt hatte ich Margot ganz groß im Blickfeld. Sie stand hinter Buddy, die Hand in seine Schulter verkrampft und sah auf ihn nieder, und dabei schaute sie aus, als sei sie in einer Sekunde zwanzig Jahre älter geworden: enttäuschte Leidenschaft, Mitleid um den Ahnungslosen, Abschied und unendlicher Schmerz, gleichzeitig aber auch eine ganz neu aufbrechende, beflügelnde Kraft. Das alles war in diesem Gesicht, wie manchmal um diese Zeit der Himmel ist, voll der verschiedensten Wolken, drohend dunklen Drachengestalten, schneeweißen Traumburgen, lässig dahintreibenden Schiffen in Gelb und Hellrot und eisigen Zirrusgebilden in blaßblauer
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