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Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern
Autoren: Adalbert Stifter
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um zu sehen, ob er schön sei. Daneben lag das Fernrohr, lag der Lichtschirm, die Bücher Maria's, die Büchschen mit dem Geigenharz, die Fächer mit den Saiten und alle die landwirthschaftlichen Gegenstände und Dinge. Nur was an Knollen und Sämereien noch im Herbste in die Erde mußte, hatte der Gärtner nach meiner gesendeten Anweisung untergebracht.
    Die Zimmer waren nicht im geeigneten Zustande.
    Als ich ein wenig gesessen war, und mich wieder an den Anblik meiner Wände gewöhnt hatte, befahl ich, daß man die Zimmer etwas in Ordnung bringe, namentlich daß man sie lüfte und dann heize, ich würde unterdessen ein Weilchen in dem Hause herum gehen.
    Als meine Anordnung in Vollzug gesezt und die Zimmer in Bereitschaft waren, ging ich in dieselben hinauf. Es war mittlerweile auch die Nacht herein gebrochen. Noch bei dem Scheine der Kerzen ließ ich die geschenkten Sachen ihrer Bestimmung zuführen. Ich ließ den Teppich unter den Schreibtisch breiten, stellte den Schirm vor meine Lichter, legte Camilla's Geschenke zu meinen Geigensachen, stellte die Bücher in den Bücherschrank, that das Fernrohr zu seines Gleichen, und brachte die landwirthschaftlichen Gegenstände an den geeigneten Pläzen unter. Als dies geschehen war, und als ich den Abend gar mit Lesen, mit Verzehrung meines Nachtmahles und mit Unterredung mit meinen Leuten hingebracht hatte, legte ich mich auf das Bett, um das erste Mal wieder in meinem Hause zu schlafen.
    Am andern Morgen ging ich an die Arbeit und Besichtigung meiner Angelegenheiten.
    Als die ersten dringenden Beschäftigungen vorüber waren, und als die Vorrichtungen, die ich brauchte, fertig waren, schikte ich auch einige Geschenke nach Rikar's Hause. Ich schikte ihm zwei ausgezeichnete und gut erhaltene Wouvermann, damit er nicht mehr zu sagen brauchte: Vielleicht kommen auch wieder Bilder in das Haus. An die Mutter sendete ich einen schön gebundenen Dante und mehrere Bücher der neuern Zeit, die sie noch nicht hatte. An Camilla schikte ich meine Cremoneser Geige, zu der ich ein Fach aus Ebenholz mit violettem Sammet gefüttert hatte machen lassen, genau, wie es bei ihren Geigen ist. An Maria sandte ich die Bücher desselben Inhaltes, wie sie mir gegeben hatte, nachdem ich sie sehr schön hatte binden lassen. Ueberdies schikte ich ihr Pflanzen aus meinem Garten und bat, sie möchte dieselben, wenn sie auch nicht so schön wären, als die ihrigen, doch annehmen, und ihnen bei sich einen Plaz anweisen. Auch bat ich, daß sie jeden Herbst eine Zusammenstellung von Hiacinthenzwiebeln von mir annehme. An Alfred ließ ich ebenfalls eine Sendung kleiner Landwirthschaftsdinge nebst einem guten Chronometer abgehen.
    Alle Sachen wurden von mir eigenhändig in eine Kiste gepakt und auf den Weg gegeben.
    Sie kamen sehr gut an; denn nach ein Paar Wochen bekam ich ein Schreiben, das die glükliche Ankunft und den außerordentlichsten Dank aussprach. Das Schreiben bestand aus fünf Briefen, deren vier aus Rikar's Hause und der fünfte von Alfred waren. Jeder freute mich herzlich; denn jedes sprach in demselben seine wahrsten freundschaftlichsten Gesinnungen aus. Ich legte die Briefe von den fünf liebsten Menschen, die ich jezt auf der Erde hatte, zu meinen Kostbarkeiten in einen Schrein. Kostbarkeiten sind bei mir Dinge, die mir in irgend einer Beziehung zu einem Menschen lieb geworden sind.
    Ein Winter kam und verging. Ein Sommer kam und verging. Ein neuer Winter kam und verging auch. Als der Frühling angebrochen war, wurde es mir wie den Zugvögeln. Ich that die nothwendigen Anordnungen in meiner Besizung, sagte, daß ich eine Weile aus sein würde, sezte mich in einen Wagen, und fuhr fort.
    Ich fuhr auf dem geradesten Wege nach Riva.
    Als ich dort angekommen war, ging ich in das Häuschen Gerardo's.
    »Da seid ihr ja wieder,« rief er, als er mich ansichtig wurde.
    »Ja,« sagte ich, »ich bin doch nicht auf immer von Riva fort gegangen, sondern ich bin wieder gekommen, und will sogar wieder in dieselben Berge gehen, in denen ich vor zwei Jahren gewesen war, und du mußt mich über den See fahren.«
    »Hat es euch dort so gefallen?« fragte er, indem er mich ansah.
    Bei der Anfrage dieses natürlichen Menschen war es mir, als durchschaue er mich, und ich erröthete.
    »Heute müßt ihr aber auch in unser Haus herein gehen,« sagte er.
    Er führte mich in das Häuschen, in welchem ich die Schwester fand.
    Wirklich war es so, wie mir ein Instinkt gesagt hatte. Die zwei Menschen wohnten allein
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