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Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern
Autoren: Adalbert Stifter
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Jahre gesprochen hatten, und die Mutter noch Manches von den jungen Leuten erzählt hatte, führte mich Rikar in sein Schreibzimmer, und zeigte mir die zwei Wouvermann, die er dort aufgehängt hatte. Ueber dem Schreibtische hing ein kleines Bildniß von Guido, das ihm Maria zum Geburtstage gegeben hatte. Die Mutter zeigte mir meine Bände auf dem Ehrenplaze in ihrer Büchersammlung.
    Als wir in den Garten hinunter gegangen waren, und ich Alles, was in der Zeit geschehen war, besah, führte mich Maria zu dem Plaze, wo meine Blumen standen. Sie waren in dem vortrefflichsten Zustande. Die Hiacinthen waren längst verblüht, aber sie standen allein in einem eigenen Beete beisammen.
    Am andern Tage führte mich Maria zu ihren neuen Feldern hinaus. Als wir so an der schönen Saat dahin gingen, sagte sie sanft: »Er hat mich errathen und hat mich belohnt. Sie leben sehr glüklich. Sie gab ihr ganzes zärtliches Herz hin, und liebt ihn unermeßlich. Er liebt sie auch, und schont und ehrt und achtet sie. Ich habe es gewußt, daß Alfred so handeln werde. Er horcht auf ihre schönen Töne, wenn sie ihr Gefühl ausspricht, und sie wird bei ihm tüchtiger thätiger und an den Wirthschaftssorgen theilnahmsvoller. Sie werden sehen, wenn wir hinab kommen, wie gesund sie ist. Sie ahnt von dem Zusammenhange nichts. Auch hier Oben weiß man nichts, wenn es nicht etwa der Vater ist, der Alles erkennt.«
    Maria hatte keinen Neid, als sie dieses sprach, sondern die reinste Freude strahlte aus ihren Augen.
    »Ich habe mir hier etwas anderes zusammengerichtet,« sagte sie leise, »sehen Sie, da ist Weizen, da ist Gerste, da ist Korn.«
    Bei diesen Worten führte sie mich auch gegen ein kleines gemauertes Gebäude, das an einen Gartenschoppen angebaut war. In dem Gebäude standen zwei jener schönen glatten Gebirgsochsen, wie man sie in der Gegend zuweilen trifft.
    »Ich habe sie mir angeschafft, daß sie meine Feldarbeit verrichten,« sagte sie.
    Von dem Neubruche der Felder gingen wir in die Hallthäler, wo sie mir eine kleine Alpenwirthschaft zeigte, die sie auf den grünen Matten im Schuze der Felsen angelegt hatte.
    Dann gingen wir wieder zurük.
    Wir waren ganz allein gegangen. Sie ging freundlich neben mir, bükte sich manchmal um eine Blume, sprach mit mir, oder grüßte liebreich einen Mann aus ihren Leuten, der uns begegnete. Man sah dem Manne die Freude an, und wie er das Mädchen liebte und achtete.
    Am nächsten Tage gingen wir Alle zu Alfred. Mit einem wahren Sturme von Freude wurden wir empfangen. Camilla konnte mir nicht genug sagen, wie es sie freue, daß ich da sei. Ich aber gerieth fast in ein Erstaunen, wie sie sich geändert hatte. Eine volle klare Gestalt stand vor mir, die Wangen waren dunkler, die Augen glänzender. Mit einer lieben Geschäftigkeit ordnete sie die Dinge des Hauses an, die unsere Ankunft nothwendig gemacht hatte. Im Triumphe zeigte sie mir meine Geige, die sie bei den andern in ihrem Fache aufbewahrt hatte. Unaufgefordert spielte sie etwas Heiteres und Kräftiges auf diesen Saiten. Alfred behandelte sie sehr zart, und man sah, er hegte und pflegte sie in seinem Herzen.
    Wir blieben außer Maria, die zurük mußte, zwei Tage auf dem Gehöfte, und wurden mit Freude und Bewirthung überhäuft.
    Auch Alfred und Camilla kamen später zu uns auf das Haidehaus, und blieben zwei Tage.
    Als die Zeit, die ich mir bei Rikar bestimmt hatte, vorüber war, als wir Alles geredet hatten, was zu reden war, nahm ich Abschied. Der Abschied war sehr herzlich, und man trug mir auf, recht bald wieder zu kommen.
    »Leben Sie wohl, lieber theurer Mann,« sagte Maria, »und kommen Sie sehr bald wieder.«
    Ich hatte mir dieses Mal den Weg über Sanct Gustav gewählt, und von da nach Riva, und in der kürzesten Linie nach Treulust zurük.
    Zu Maria hatte ich nicht das Leiseste - nicht das Leiseste gesagt. Wie sollte ich auch? Dieses Mädchen steht so fest auf dem irdischen Boden, und sein Herz ragt doch so schön und zart in den höchsten Himmel hinein. Ich trage ihr Bild heiß - heiß in meinem Herzen. Aber was kann sie mir sein? Sie ist gut, freundlich und lieb gegen mich, aber sie hat, wenn auch ohne Wunsch und Begehr, ein anderes Bild in sich.
    Ich werde nie mehr zu Rikar gehen.
    Der Zufall, der immer eine solche Rolle in meinem Leben gespielt hat, hatte mich in dieses Haus geführt, um mir zu zeigen, welch' ein Glük es für mich gäbe, und um es mir auf immer zu nehmen.
    Ich hatte gar nie gewußt, daß ein solches
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