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Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Titel: Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)
Autoren: Alexandra Pilz
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groben, weißen Strichen verputzt worden. Über der halbrunden Eingangstür, die beinahe ein Tor war, prangte das obligatorische Eisenschild eines Pubs. Die Zeichnung ließ sich von Emilys Fensterplatz aus nicht erkennen, den Namen allerdings konnte sie mit zusammengekniffenen Augen entziffern: »Holyhome«.
    Sie seufzte. Sie hatte keine große Lust, im Dunkeln um das Dorf zu spazieren, auf der Suche nach einem Handynetz. Sie würde stattdessen nach unten laufen und ihre Vermieterin bitten, ihr Festnetz benutzen zu dürfen, um ihre Großmutter anzurufen. Womöglich könnte sie bei dieser Gelegenheit auch gleich das Gespräch auf ihre Mutter lenken. Bei Fee würde sie es morgen noch einmal versuchen. Gerade wollte Emily sich umdrehen, um ihre Schuhe anzuziehen, da nahm sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung auf der Straße wahr.
    Matt lehnte an einer der Laternen. Sofort begann Emilys Puls zu rasen. Eine Hand in der Hosentasche vergraben, massierte er sich mit der anderen den Nacken. Seine Stirn lag in tiefen Falten, seine Augen waren geschlossen. War dies wirklich derselbe Junge, von dem sie geträumt hatte? Emily konnte ihren Blick nicht von ihm abwenden, da öffnete er plötzlich seine Augen und starrte in ihre Richtung.
    Instinktiv ließ sie die Gardine fallen und trat einen Schritt zurück. Matt konnte sie eigentlich nicht gesehen haben, schließlich brannte kein Licht in ihrem Zimmer, aber ihr Herz schien dennoch durchzudrehen. Sie atmete einige Male tief ein und aus, bis sie sich beruhigt hatte, dann wandte sie sich langsam wieder dem Fenster zu und schob vorsichtig den Vorhang einen Spalt auf.
    Rose hatte sich zu Matt gesellt. Die beiden unterhielten sich, aber das Gespräch sah alles andere als freundschaftlich aus. Matt hatte die Arme inzwischen vor der Brust verschränkt und sah ziemlich kalt auf die alte Dame herab. Diese redete gestenreich auf ihr Gegenüber ein. Die Tür des Pubs öffnete sich, und Emily beobachtete, wie zwei weitere junge Männer auf die beiden zusteuerten. Der eine, ein kräftiger Typ mit dunklen Locken, legte Matt eine Hand auf die Schulter und schien leise auf ihn einzureden. Der andere, ein schmächtiger Blonder mit raspelkurzen Haaren, schlang seinen Arm um Roses Hüften.
    Emily konnte kein Wort verstehen, aber ihr war klar, dass sie ein Streitgespräch beobachtete. Und sie war sich sicher, dass es um sie ging, noch bevor Rose sich umdrehte und mit einer Hand zu ihrem Zimmer deutete.

4
    E mily drehte den Wasserhahn zu und lauschte. Ihre Zimmertür war von innen verriegelt, trotzdem dachte sie, ein Geräusch gehört zu haben. Sie wartete einige Sekunden, doch als sich nichts weiter rührte, stellte sie das Wasser wieder an.
    Der Strahl der Dusche war heiß und eine Wohltat auf ihrer angespannten Haut. Sie war sich nicht sicher, wie lange sie in der vergangenen Nacht geschlafen hatte, aber viel konnte es nicht gewesen sein. Die ersten Stunden war sie im Dunkeln auf dem Bett gesessen, den Blick auf die Tür gerichtet. Nachdem sich die Gruppe unter der Laterne aufgelöst hatte, war sie ängstlich darauf gefasst gewesen, dass jemand in ihr Zimmer stürmen würde.
    Irgendwann in dieser Nacht hatte sie ein paar Stunden verloren, was wohl bedeutete, dass sie doch eingeschlafen war. Nichts war passiert, niemand war gekommen. Inzwischen war es Morgen und alles sah wieder ganz anders aus.
    Vergangene Nacht hatte sie beschlossen, am nächsten Morgen abzureisen, und zwar sofort. Nach dem Aufstehen und bei Tageslicht hatte sie sich umentschieden. Die Angst war nagender Unzufriedenheit gewichen – sie würde nicht nach Hause fahren, ohne vorher ein paar Antworten zu bekommen.
    Während sie sich den Schaum aus den Haaren wusch, ging Emily im Geiste noch einmal ihren Fragenkatalog durch.
    1. In welchem Verhältnis stand Rose zu ihrer Mutter? Denn dass sie sie kannte, schien spätestens seit der nächtlichen Diskussionsrunde sicher zu sein.
    2. Warum tauchte Matt in ihren Träumen auf? Gut, das würde sie ihn nicht fragen können, aber sie wollte zumindest wissen, ob und warum er mit ihrer Vermieterin über sie stritt.
    3. Was um Himmels willen hatte ihre Mutter angestellt? Irgendetwas musste doch vorgefallen sein, sonst würden sich die Menschen, die sie bisher in diesem Dorf gesehen hatte, nicht so eigenartig benehmen.
    Emily stellte das Wasser ab und griff entschlossen nach dem großen Handtuch, das über einem kupferfarbenen Ständer drapiert war. Ihr schien es, als habe sie mit dem heißen
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