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Zurück im etwas anderen Tunesien

Zurück im etwas anderen Tunesien

Titel: Zurück im etwas anderen Tunesien
Autoren: J Derouich
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chupolla Straße“ ein. Ist am Anfang noch ganz witzig, aber dann wiederholt sie fast sekündlich, dass wir doch bitte Richtung „Milano“ fahren sollen.
    Obwohl das Wetter nicht sehr schön ist, habe ich einen gigantischen Ausblick auf die Gegend, die ich mir bestimmt noch einmal bei schönem Wetter anschauen werde. Mein Mann meint, dass es von hier recht schnell geht und wir in zirka zwei Stunden schon die Schweiz erreichen werden. Theoretisch ja, aber praktisch baut sich in „Milano“ gerade ein Monsterstau auf und die Navidame kann uns keine Umleitung empfehlen. Da wo in Tunesien bei den Autobahnzahlstationen gerade mal vier bis fünf Kassenhäuschen aufgestellt sind, stehen hier jetzt ganze fünfundzwanzig, vor denen sich überall lange Schlangen bilden. Ja ist denn hier ganz Italien unterwegs?
    Hinter der Zahlstation sollen diese fünfundzwanzig Spuren dann auch noch zu zwei Fahrspuren zusammengefasst werden, das kann doch gar nicht klappen! Nix mit geordnet einfädeln, jeder fährt, wie er will, das haben sie sich wohl bei den Tunesiern abgeschaut. Das Ende vom Lied ist, das aus fünfundzwanzig nicht zwei, sondern fünfzig Spuren werden. Stillstand, jetzt ist erst einmal parken auf der Autobahn angesagt, als wenn wir sonst nichts zu tun hätten. Neben uns fährt ein Auto, was mit uns auf dem Schiff gewesen war. Wir hatten es dort schon bemerkt, weil es eine dicke Hochzeitsschleife auf dem Wagen kleben hat. Das Pärchen hat wohl etwas Hunger und öffnet eine Dose Harissa und stippt fröhlich ein Baguette hinein. Zwischendurch versucht er, verzweifelt beim Stop and NOGO vor uns einzufädeln. Irgendwann hat mein Mann erbarmen und lässt ihn vor, was sich als Fehler herausstellt. Der Typ rollt nämlich mit seinem Auto immer wieder zurück, sodass ich es schon krachen sehe. Kein Wunder, wenn man eine Hand immer in der Harissadose hat.
    Tatsächlich, beim zehnten Anlauf hatte er es endlich geschafft. „Rumms!“ Gott sei Dank ist nicht viel passiert, aber mein Mann ist leicht am Fluchen und meint, dass er nie wieder einen Tunesier vorlässt. Es dauert fast zwei Stunden, bis Bewegung in diesesverstopfte Wollknäuel kommt, aber nach dreihundert Metern ist schon wieder Schluss. Ein Autobahnkreuz und die nächste Zahlstation folgen und es gibt das gleiche Spiel in Grün. Wieder warten und als wir nach weiteren Stunden endlich weiter fahren können, sehen wir den Grund des Übels. Eine komplette Autobahn ist gesperrt und der ganze Verkehr wird über unsere Fahrtrichtung umgeleitet. Was haben wir für ein Glück, da sollte man doch glatt wirklich einmal Lotto spielen.
    Neben uns gestikuliert ein Italiener in seinem Auto herum und möchte, dass mein Mann die Scheibe runterkurbelt. Er sagte dann irgendwie zu meinem Mann, dass er wohl lieber mit seinem Auto den Bus genommen hätte, dann wäre er vielleicht schneller gewesen. Lustig, aber warum erzählt er es gerade uns?
    Keine Ahnung, ist vielleicht ein Pausenclown, den man als Bonus zu den Autobahngebühren bekommt. Helfen tut er nicht viel, denn mein Mann ist langsam so gereizt und müde, dass er nur noch über alles am Schimpfen ist!
    Und wie das so üblich ist, bin ich natürlich schuld, weil ich die italienische Fähre gebucht hatte und nicht die CTN. Ja, klar! Ich KONNTE die CTN nicht buchen, weil es zu der Zeit wegen der Revolution nicht ging. Ich hatte alles versucht, aber es war nur die italienische Gesellschaft freigegeben. Bei der CTN fährt man von Freitag auf Samstag, nicht von Samstag auf Sonntag. Dann fährt von Tunis nur eine und nicht zwei Fähren gleichzeitig. Das Personal auf der CTN ist fast nur tunesisch, da kann man mit denen besser mauscheln. Es gibt tunesisches Essen zu besseren Preisen. Die CTN ist ein paar Stunden schneller und man ist eher in Genua. Und, und, und! Mein Mann ist eindeutig auf Harissaentzug und er findet einen Grund nach dem Anderen. Sicherlich auch einige berechtigte, die aber auch nicht helfen, wenn man das Schiff NICHT buchen kann!
    Diskutieren ist jetzt zwecklos, denn ich sehe in seinen Augen schon die Harissawarnlampe auf Rot blinken. Wenigstens haben wir durch sein Gemecker die Zeit ein wenig überbrückt und sind schon durch die Schweiz durch und passieren gerade die Grenze nach Deutschland.
    Es ist 1 Uhr nachts und normalerweise wären wir jetzt schon zu Hause gewesen. So müssen wir noch mindestens sechs Stunden durchs Ländle gurken. Ich fahre jetzt ein Stück und mein Mann schläft. Besser so, denn so kann er
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