Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zurück im etwas anderen Tunesien

Zurück im etwas anderen Tunesien

Titel: Zurück im etwas anderen Tunesien
Autoren: J Derouich
Vom Netzwerk:
noch gefehlt. Rechte Hand kraftlos und bandagiert und mit der eh schon schwachen linken Hand soll ich mit einem stumpfen Messer schnippeln. Das Schnippeln sieht gerade eher aus wie ein Gemüse-platt-drücken. Nur gut das die Küche, wie immer, mit vielen fleißigen und neugierigen Helferlein gefüllt ist. Schnell reißen sie mir Messer und Kochlöffel aus den Händen und übernehmen meine Arbeiten. Keine Ahnung wie die mit dem Messer schneiden können, aber irgendwie klappte es und wir haben zu fünft einen großen Topf Gemeinschafts-Käsesuppe gekocht.
    Endlich, ich darf duschen! Danach genehmige ich mir ein Tellerchen Suppe und genieße meine Ruhe. Kann man in Deutschland machen, aber nicht hier in Tunesien! Von dem großen Topf Suppebekomme ich gerade noch ein kleines Tellerchen ab, da die Familie schon während meines Duschens mit großem Appetit angefangen hatte zu essen. Und an Ruhe konnte ich jetzt auch nicht denken. Irgendjemand ruft mich schnell nach draußen, weil dort gerade eine Musikkapelle vorbeizieht, die ich mir anschauen soll.
    Was läuft denn jetzt noch für eine Kapelle hier durch die Straßen? Ein Nachbar heiratet und er hat so eine Art Junggesellenabschied. Mit seinen Freunden zieht er begleitet von Trommlern und Flötenspielern durch die Straßen und biegt in ein Nachbarhaus ein, wo oben auf dem Dach schon ein Zelt thront. Ein paar Minuten später verklingen die Trommeln und Flöten und aus einer gigantischen Soundanlage dröhnt ein extrem lauter Bass, den wir bis runter auf die Straße spüren. Da wird die Käsesuppe wenigstens im Magen noch etwas hin und her geschleudert.
    Im Haus ist es inzwischen so warm, dass man es kaum noch aushalten kann und so verlagert sich das ganze Familieleben vor die Haustür. Irgendwie ist es sehr schön, wenn nicht dieses laute Bassgewummer wäre und der Wind nicht den ganzen Sand und Dreck durch die Straße wirbeln würde. Auch die Teegläschen bleiben davon nicht verschont und immer wieder schaufelte der Wind ein Schüppchen Sand mit ins Glas. Er nimmt inzwischen richtig Fahrt auf und will uns eine Überraschung bescheren. Damit nichts mehr in den Gläsern landet, was dort nicht hineingehört, organisiert er uns rasch eine Überdachung. Mit einem kräftigen Windstoß baut er das Hochzeitszelt vom Nachbarn auf dem Dach ab und lässt es zu uns wie in Zeitlupe heruntersegeln. Na, wenn ich heute schon keinen Internetstick bekommen habe, dann habe ich wenigstens jetzt ein Dach über dem Kopf.

Hochzeitskeks für unterwegs
    Der zweite Tag meines Urlaubs bricht an und ich hoffe sehr, dass ich heute mein erstes Rendezvous mit der Sonne haben werde. Der Blick durch die Balkontür lässt schon viel Gutes ahnen und ich eile schnell hinauf auf meine Dachterrasse, ehe mich die kleine Großfamilie wieder völlig in Beschlag nimmt. Leise will ich die Stufen nach oben schleichen, da werde ich auch schon wieder von den Verwandten entdeckt.
    „Asslema, guten Morgen! Wir haben schon auf dich gewartet.“
    Mist, so wird das nichts und ich gehe anstatt rauf in die Sonne runter zur Familie in die schattige Wohnung.
    Käsesuppen-Karim möchte heute Nachmittag mit seiner fünfköpfigen Familie wieder nach Hause fahren und weil ich ihnen vorher immer versprochen habe Torten für sie zu backen, mache ich mich nun auf die Suche nach den Zutaten, um wenigstens eine kleine Torte zum Abschied servieren zu können.
    Prima, es ist alles über drei Etagen verstreut und ich starte eine kleine Schnitzeljagd, um alles einzusammeln. Hier was, da was, dort was. Es ist mir unbegreiflich, wieso alles verstreut ist, denn ich hatte zu Hause alles geordnet, in Tüten verpackt und beschriftet. War hier jetzt ein großer Lebensmittel-Wandertag ausgebrochen? An den unmöglichsten Stellen finde ich mein Backmaterial und sammle nebenbei noch ein paar neugierige Helferlein ein. Zusammen machen wir es uns in der Museumsküche gemütlich und ich breite meine gefundenen Schätze auf dem Tisch aus.
    Hat denn wenigstens die Museumsküche die Revolution überstanden, oder war sie geplündert worden? Also die Kochgeräte des 21. Jahrhunderts stehen noch alle feinsäuberlich auf ihren Plätzen und müssten auch funktionieren.
    Einen Tag vor meinem Abflug hatte ich extra noch einen Kontrollanruf getätigt und nachgefragt, ob es denn den Mixer noch gibt, denn ohne Mixer hätte ich ganz schlechte Karten für die Torten! So flitzte an dem Abend noch jemand in die Küche, holte den Mixer und führte mir per Telefon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher