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Zurück im etwas anderen Tunesien

Zurück im etwas anderen Tunesien

Titel: Zurück im etwas anderen Tunesien
Autoren: J Derouich
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„brumm, brumm“ vor, dass ernoch lief. Na ja, vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser, denn ich vermute mal, dass der Mixer in den letzten drei Jahren Sendepause hatte.
    Gut, die Elektrogeräte haben also die Revolution überstanden, aber alle anderen Kleinteile wie Schüsseln, Messer, Löffel und Scheren sind verschwunden. Meine Laune ist leicht im Keller, denn nun muss ich mich wieder wie in der Steinzeit behelfen, obwohl ich alles in den letzten Jahren hier zusammengetragen hatte, was man so zum einfachen Kochen und Backen benötigt. Clevererweise habe ich wenigstens gestern Abend schon ein paar Päckchen Sahne, die Mixstäbe und einen Rührbecher in den Kühlschrank gelegt, damit ich hoffentlich die Creme bei diesen heißen Temperaturen geschlagen bekomme. Und wenn meine schlechte Laune aus dem Keller zurückkommt, dann kann sie mir sicher die Sahne und das Zubehör mit hochbringen. Da das allerdings etwas dauern könnte, hole ich mir die Sachen lieber selber.
    Nein! Welcher Witzbold war denn das? Die Sahne befindet sich noch da, wo ich sie hingelegt habe, aber Mixstäbe und Rührbecher stehen fein aufgereiht auf der Anrichte in der Wärme. Glückwunsch ihr Experten!
    Ich lege die Sachen einen Moment ins Gefrierfach und hoffe so, die Temperatur wenigstens etwas wieder anzugleichen. Die Sahne fülle ich inzwischen in eine Behelfsschüssel und sie ist schon jetzt so dickflüssig, als hätte sie sich bei der Hitze im Tetrapack selber geschlagen. Fein, ein Arbeitschritt weniger für mich. Normalerweise schaffe ich es zu Hause die Zitronencreme, die ich zubereiten will, mit einem Päckchen Cremepulver bombenfest zu schlagen. Hier schwimmt sie nach einem Päckchen noch fröhlich in der Schüssel herum und macht keine Anstalten auch nur etwas fest zu werden. Also muss ein zweites Pulvertütchen nachhelfen und Gott sei Dank hält es. Schnell alles auf dem mitgebrachten Biskuitboden verteilen, Früchte drauflegen und mit Tortenguss begießen. Sieht gar nicht mal so schlecht aus!
    Schnell zurück in den Kühlschrank stellen und hoffen, dass sie bis zum Nachmittag ganz fest wird. Die Chancen liegen bei 50 zu 50. Der Kühlschrank ist erstens uralt und wärmt mehr als das er kühlt,und zweitens schließt er nicht mehr richtig und so findet man immer mal wieder mehrbeinige Hausbewohner auf Shoppingtour darinnen. So ein leckeres Sahneschnittchen lassen die sich bestimmt nicht entgehen.
    Bei den tunesischen Kühlschränken muss ich mich eh immer sehr beherrschen und viel Überwindung aufbringen, wenn ich hineinschaue. Meiner in Deutschland wird regelmäßig aufgeräumt, aussortiert, mit Kühlschrankputzmittel ausgewaschen und gesäubert. Dazu ordne ich die Lebensmittel gut verpackt in Tüten, Töpfen oder Plastikdosen in die verschiedenen Regale ein.
    Öffne ich hier in Tunesien die Tür, blicke ich in das blanke Chaos und frage mich immer wieder, ob die Lebensmittel darin noch „leben“. Dumme Frage! Beantwortet sich doch schon aus dem Namen! LEBENsmittel!
    Zur Kontrolle schaue ich erneut in den „Wärmschrank“ und entdecke ein Paket Schokostreusel, ein paar verbogene Tafeln Schokolade und Unmengen an Trauben und Bananen. Ich schüttel die Streusel, aber es ertönt nicht das bekannte Rasselgeräusch, denn die Streusel hatten sich auf der langen Fahrt zu einem Schokoklumpen formiert.
    Wusste ich es doch, aber mein Mann wollte ja nicht auf mich hören. Ich hatte ihm vor der Abfahrt so oft gesagt, dass er jetzt im Sommer keine Schokolade oder Ähnliches mitnehmen braucht, denn das würde schmelzen. Aber er ist ja Tunesier, hat ja jahrelang in diesem Land gelebt und weiß alles besser.
    „Schatz, was ist denn übrigens mit der Schokolade passiert?“ Gong, die Diskussion ist eröffnet. Er konnte ja nicht ahnen, dass es so warm wird und er hatte auch bis dahin noch nie gesehen, dass die Temperaturanzeige in unserem Auto 40 Grad anzeigt!
    Na sicher, dieses Jahr war überraschenderweise anscheinend das erste Mal in seinem Leben Hochsommer in Tunesien.
    „Und wo kommen die ganzen Trauben und Bananen her? Du hast mir doch gesagt wir müssen unbedingt in Deutschland welche kaufen und mitnehmen, da es die hier nicht gibt oder viel zu teuer sind!“
    Ich höre nur ein leichtes Grummeln und die Diskussion ist beendet. Bei der Menge an Obst und aufgeweichter Schokolade konnten sie wenigstens bei der Ankunft meines Mannes Schokoladenfondue in unserem Auto machen. Besser, ich sage da nichts mehr zu. Leise versuche ich mich
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