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Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)

Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)

Titel: Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)
Autoren: Daniela Herbst
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kommen sehen; und wünschte, es wäre auch dabei geblieben.
    Patronia ... Bavariae ... Damm ... Damm ... Damm ... Hat das Lied eigentlich Text oder besteht der Schrott nur aus zwei Wörtern?
    Meine Fresse, dieses schrille Kreischen! Das feuchte Knirschen von schmutzigen Zähnen, die Gewebe zerfetzen. Die panisch rudernden Arme und die wild aufgerissenen Augen. Dieses ekelerregende Schmatzen. Die dürren Finger, von denen sich Fetzen verfaulter Haut lösten. Der brutale Ruck, der ihren Kopf nach hinten schleudert und seine geifernden Kiefer, die sich in ihren Hals versenken. Blut, das in den schmalen Spalt ihrer Brüste perlt und die Visage des Angreifers beschmiert. Hektisches Herumwerfen, die verzweifelte Suche nach einer Fluchtmöglichkeit, Treten und Zappeln, Brüllen und Schreien. Eine ziellos fuchtelnde Hand. Ein Kinn, das Spucke sprühend aus der geschlagenen Wunde rutscht. Das Schaben von schimmligen Kauwerkzeugen über Knochen. Sein Maul, das über ihr Brustbein gleitet. Noch einmal das gleiche Geräusch, als er sich in den frischen Furchen zurücktastet. Bewegungen, die sich verlangsamen. Ein Kreischen, das verebbt. Hungrige Fänge, die zerren und malmen. Der Wolf, der sich zornig schüttelt, um die Mahlzeit aus seiner Beute zu schlagen.
    Ende des ersten Aktes. Willkommen im Theater des Wahnsinns ...
     
    Wie ich von diesem dämlichen Straßencafé nach Hause gelangt bin, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr - zumindest nicht richtig. Ich habe zwar jede Menge Momentaufnahmen in meinem maroden Gehirn, aber sie fügen sich nicht lückenlos zu einem Ganzen zusammen.
    Zuerst war da Blut auf meinem Hemd; und Blut in meinem Gesicht, das ich verständnislos wegwischte. Mein Herz raste. Mir war schwindelig und ich erinnere mich an das Gefühl von Watte. Alles schien mir unscharf und dumpf zu werden. Der Schaum meines Cappuccinos hatte rote Pünktchen. Die Kellnerin lag halb auf meinem Schoß und kalte Hände gruben sich von hinten in meine Haare. Ich erstarrte. Schließlich sprang ich auf und rannte los.
     
    Und dann?
    Ein Bus? Ja,irgendwo stand ein Bus mit sicher einem Dutzend wild gestikulierender Leute quer auf der Straße. Den Fahrer konnte ich nicht sehen; jemand hatte die vorderen Scheiben eingeschlagen und mindestens drei Liter menschlichen Kirschsaft zwischen den spinnennetzartigen Bruchstellen verteilt. Ich wollte nachschauen, ob sie Hilfe brauchen, aber meine feigen Beine ließen sich einfach nicht zum Stehenbleiben überreden.
    Das war entweder kurz vor oder kurz nach der Begegnung mit der Nudistin. Ja, richtig gehört, inmitten des blanken Chaos stolperte tatsächlich eine nackte Frau an mir vorbei! Die Szene hatte allerdings wenig Erotisches an sich, denn sie schrie unentwegt konfuses Zeug und hielt sich krampfhaft die zerfetzten Enden ihres Kleides vor den Bauch. Davon unbeeindruckt küsste ihr Schamhaar ebenso den Fahrtwind wie ihre herausquellenden Gedärme.
    Als Nächstes jagte ich durch die Altstadt, hetzte kopflos Richtung Norden und kreuzte auf halber Strecke die Frauenkirche, deren Stufen ein voll ausgerollter roter Teppich schmückte. Hollywood zu Besuch in München. Nur würde auf diesem Spezialbelag sicher nie ein Filmstar laufen - zumal der nasse Untergrund mittlerweile wohl längst zu einem schmutzigen Kupfer geronnen sein dürfte.
    Mein Puls raste, der Schweiß floss mir in Strömen das Rückgrat entlang und mein Schädel drehte sich wie ein Karussell. Miese Voraussetzungen für eine erfolgreiche Flucht. Deshalb drängte ich die Panik zurück, atmete ein paar Mal tief ein und drosselte mein Tempo.
    Patronia Bavariae ...
    Nein, das war gelogen. Um bei der Wahrheit zu bleiben, schaffte ich es für exakt dreißig Sekunden, meinen Fluchtinstinkt zu besiegen, damit ich ohne bleibenden Schaden in die Büsche kotzen konnte. Anschließend rannte ich mit leichterem Magen aber nicht weniger Panik im Leib einfach weiter.
    Maximilian Freese: Freund, Grafiker, Hobbyzyniker und offensichtlich nicht zum Helden geboren ...
    Vielleicht galoppierte ich sogar noch schneller als zuvor über das Pflaster, da meine Lungen den spärlichen Rest Sauerstoff egoistischerweise für sich beanspruchten und die Versorgung meines Hirns auf Minimallevel fuhr. Ich ähnelte einem orientierungslosen Rennpferd mit Asthma. Keuchend, klatschnass und auf der verzweifelten Suche nach meinem Stall.
    Außerdem war ich dank Schweiß und tränender Augen annähernd blind, sodass ich fast in eine Gruppe dieses Abschaums hineingerannt
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