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SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller

SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller

Titel: SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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1. Kapitel
     
    »Tascha«

Yucca Springs, 1990
    Wieder sitze ich hier über meinen Schreibtisch gebeugt, mitten in der Nacht, mit brennenden Augen und doch wach und schreibe. Wie lange ist es wohl her, als ich zum letzten Mal dieser Beschäftigung nachging? Tage? Wochen? Monate? – Jahre? Es wird wohl letzteres sein – mir verschwimmen teilweise die zeitlichen Dimensionen – aber dennoch sehe ich die zurückliegenden Geschehnisse klar und deutlich vor mir, so, als habe sich alles erst gestern ereignet.
    Mein Gedächtnis hat so präzise wie eine Kamera gearbeitet, jede Stunde, jede Minute scheint farbgetreu und gestochen scharf aufgenommen und gespeichert worden zu sein, wie ein Dokumentarfilm in Realzeit. Und doch reicht es nicht aus. Das Wissen, welches sich in mir angesammelt hat, droht meine Gehirnwindungen zu sprengen. Es ist zu viel für einen einzigen Menschen. Wenn ich dem ungehörigen Druck nicht nachgebe, werde ich zerplatzen wie eine überreife Melone. Ich werde verrückt werden oder ganz einfach nur sterben. Vielleicht ist es bereits schon zu spät; vielleicht habe ich schon zu lange gewartet. Kann es sein, dass mich der Wahnsinn bereits in seinen Fängen hält? Aber natürlich doch; der wirklich existierende Wahnsinn zeichnet sich schließlich dadurch aus, dass man ihn nicht bemerkt.
    Wie dem auch sei. Ob ich nun verrückt oder nur sehr verwirrt bin, ich werde versuchen, die Dinge so wiederzugeben, wie sie mein inneres Auge fotografiert hat. Was immer geschehen wird, es kann nur positiv für mein Seelenheil sein. Vielleicht ist das Schreiben dabei mehr, als eine bloße Therapie; vielleicht gelingt es mir, indem ich die unfassbaren Erlebnisse ordne und in Worte kleide, so etwas wie einen Sinn , eine innere Logik, daraus zu filtern. Ein optimistisches Ziel. Noch bevor ich überhaupt damit beginne, befallen mich bereits ernste Zweifel. Einen Sinn, eine Logik? Ich kann es mir einfach beim besten Willen nicht vorstellen. Wie sollte das, was ich erlebt habe, mit Begriffen wie ›Sinn‹ und ›Logik‹ in Einklang gebracht werden können? Es sind irdische, menschliche Kategorien, was auch sonst. Das, was ich erlebt habe (oder glaube, erlebt zu haben) – nein!!! – was ich tatsächlich erlebt habe, hat aber nur einen sehr schwachen Bezug zu derartigen Philosophien oder wissenschaftlichen Modellen. Es entzieht sich allen geltenden Gesetzen und Regeln.
    Es ist eine andere, nicht menschliche Wirklichkeit. Eine eigene Welt, die über allen Dingen existiert. Oder treffender formuliert: Eine düstere Welt, die sich bis in die tiefsten Abgründe der Hölle erstreckt.
    Welche Ironie, aber ich schreibe in das gleiche Notizbuch, in welchem sich schon meine liebestrunkenen Gedanken über meine erste Zeit mit Natascha befinden. Welcher Kontrast zwischen dem ›Damals‹ und dem ›Heute‹. Eigentlich hätte ich ein neues Buch nehmen müssen, denn dies hier ist eine völlig andere Geschichte. Aber vielleicht auch wieder nicht; vielleicht ist das, was sich nach jenen glücklichen Monaten ereignete, nur eine logische (nein, ich muss mich daran gewöhnen, andere Begrifflichkeiten zu suchen) – nur eine unausweichliche, schicksalhafte Entwicklung, eine Verkettung. Das eine kann ohne das andere nicht existieren. Ja, wenn es so etwas wie ein unentrinnbares, vorgezeichnetes Schicksal gibt, eine Art Karma, dann bestehen zwischen dem ›Damals‹ und dem ›Heute‹ deutlich erkennbare Verbindungspunkte.
    Ich habe gerade – nicht ohne Schmerz und Wehmut – nochmals meine alten Aufzeichnungen gelesen. Wer war nur jener Mann, der diese Zeilen niedergeschrieben hat? Es fällt mir schwer, mich selbst in diesen Worten wiederzuerkennen. Manche Gefühle sind mir heute so fremd, so unverständlich. Und doch; irgendwo schimmert in mir die Erkenntnis, dass tatsächlich ich es war, der so empfunden hat.
    Besonders eine Passage rief verdrängte Erinnerungen in mir wach. Über einer eng beschriebenen Seite fand ich ein Gedicht von François Villon:
     
    Tod, deine Strenge will mir ans Herz:
    Meine Geliebte, sie lebte noch eben,
    Doch du willst dir nicht Ruhe geben,
    Gierst auch nach mir in meinem Schmerz.
     
    Treffender ließ sich meine damalige Gemütsverfassung wohl nicht beschreiben. Ich muss mich wieder an die Tiefe meiner Liebe Natascha gegenüber besinnen – gerade während meiner nun geplanten Fortsetzung der Geschichte. Ich darf es nie vergessen. Nur so erblicke ich einen roten Faden. Nur so begreife ich vielleicht, wie und
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