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Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer

Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer

Titel: Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
Autoren: Babsy Tom
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klar, dass sie immer noch annahm, Paul sei verheiratet. Ich musste das Missverständnis aufklären. Nur wie anfangen? Das konnte ein langer Abend werden. Und das wurde es auch. Und es wurde eine lange Nacht. Während alle Irrtümer wortreich aufgeklärt wurden, wurde die Musik nach und nach immer lauter aufgedreht. Irgendwann fingen alle an zu tanzen. Um Mitternacht feierte unser 93-jähriger Gustav Hartmann sein Comeback als Fred Astaire und zwar mit der wenig talentierten Ilse-Dore, die sich wahrscheinlich für Ginger Rogers hielt. So hatten wir unsere Mutter auch noch nicht erlebt. Gott sei Dank war Felix da, der eine weitere Salve von Blitzen abfeuerte (das hätte einem ja sonst keiner geglaubt im Nachhinein).
    Bono und Antje hatten sich schon früh verabschiedet. Sie waren mit ihren Facebook-Freunden zu einem Kinoabend verabredet. Also waren die doch gar nicht nur virtuell. Alle Achtung! Mein Vater ging unter dem Vorwand, mein französisches Wasserbett ausprobieren zu wollen, ins Schlafzimmer und schien ein Rendezvous mit dem Sandmann zu haben oder einen Vertrag mit der Waldinnung, er schnarchte, als hätte er es sich zur Aufgabe gemacht, ganz Zehlendorf mit Feuerholz zu beliefern. Noch eine Stunde später warf Susi eine uralte CD von Doro Pesch in den Player und es spielte das Lied „Für immer“. Lutz und Susi, Kerstin und Felix, Rosa und Horst und Paul und ich lagen uns weinselig in den Armen und feierten unsere Liebe. Steffi und Mischa waren zu betrunken, um zu tanzen und schliefen zusammen mit dem alten Gustav auf meiner Wohnzimmercouch.
    Um drei Uhr, nachdem alle einen Platz zum Schlafen gefunden hatten, war ich froh, dass Paul und ich uns in seine Wohnung zurückziehen konnten. Wir schliefen eng umschlungen und glücklich ein.

Kapitel 23

    Am nächsten Morgen weckte uns das schrille Klingeln von Pauls Türklingel. Wer konnte das sein? Irgendwer drückte ohne Unterlass den Klingelknopf.
    Paul stand auf und wankte noch im Halbschlaf zur Tür. Ich vernahm Steffis aufgeregte Stimme und setzte mich langsam auf. Sie kam ins Schlafzimmer gestürmt und schien völlig außer sich. Dicke Tränen liefen ihre Wangen hinab, während sie hilflos nach Luft schnappte.
    „Meine Güte, Steffi! Was ist denn bloß passiert?“, fragte ich erschrocken. Steffi kam ums Bett gelaufen und flog mir in die Arme.
    „Paula“, schluchzte sie, „der Gustav ist tot, der liegt da oben auf deiner Recamiere und atmet nicht mehr.“ Ich nahm Steffi fest in die Arme und versuchte, sie zu beruhigen. „Der hat keinen Puls mehr und sein Gebiss hängt ihm halb aus dem Mund. Was machen wir denn jetzt?“ Ohnmächtig vor Trauer weinte sie leise in meinen Armen und erwartete sicher, dass ich etwas sagte. Aber was sagt man bloß, wenn jemand stirbt? Das wusste ich in dem Moment auch nicht.

    14 Tage später... November
    Die Kirchturmglocken läuteten und luden ein, unserem lieben Gustav Hartmann die letzte Ehre zu erweisen. Hand in Hand standen Steffi und ich an Gustavs offenem Grab. Im Halbkreis standen viele Leute aus unserem Viertel, die Gustav ebenso gern hatten wie wir, um von ihm Abschied zu nehmen. Gemeinsam lauschten wir dem Pfarrer, der unseren Gustav gar nicht so gut kannte wie wir, wie er dennoch eine Lobeshymne auf sein Leben hielt. Hin und wieder wehten Wortfetzen an mein Ohr.
    „Nichts anderes fällt uns im Leben so schwer wie das endgültige Abschied nehmen von einem Menschen, den wir kennen und lieben gelernt haben, mit dem wir ein Stück des Lebens gemeinsam gegangen sind, dem wir uns persönlich verbunden fühlen. Der Tod geliebter und hoch geschätzter Menschen zwingt uns innezuhalten und darüber nachzudenken, was dieser Mensch uns bedeutet hat, ob wir seinen Erwartungen entsprochen haben.“
    Steffis Hand hielt meine fest umklammert und Tränen liefen ihr unaufhaltsam die Wangen hinunter.
    Die Worte des Pfarrers machten allmählich Platz für meine eigenen Gedanken. Vor meinem geistigen Auge sah ich Gustavs letzten Tanz mit meiner Mutter. Er hatte sein Leben gelebt. Er war immerhin stolze dreiundneunzig Jahre alt geworden. Und auch tröstete mich der Gedanke, dass der arme Gustav nun bei „sein“ Lausbub war und seinen Löffel in so illustrer Runde abgegeben hatte, nicht in einem miefigen Altersheim. Rosa stand in einiger Entfernung neben Horst und Thea und hielt sich versonnen ihren noch kaum vorhandenen Babybauch.
    Ein Leben kommt, ein Leben geht. Vielleicht klingt das pathetisch. Aber einmal mehr fühlte sich in
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