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Zuflucht Im Kloster

Zuflucht Im Kloster

Titel: Zuflucht Im Kloster
Autoren: Ellis Peters
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daß der schmächtige Körper des Jungen angespannt zitterte wie ein Hund, der an der Leine gehalten wird. Mahnend legte er die Hand auf seinen Arm, wie um ihn daran zu erinnern, daß er nichts Unbedachtes tun dürfe. Aber diese Sorge war unbegründet. Liliwin wandte ihm sein blasses Gesicht zu und nickte. »Ich weiß. Ich vertraue ihm – mir bleibt ja nichts anderes übrig. Er weiß, was er tut.«
    Hinter ihnen trat Walter Aurifaber hinter einem Baum von einem Fuß auf den anderen, biß sich voller Verzweiflung über seinen Verlust auf die Fingernägel und führte leise und weinerlich murmelnd Selbstgespräche, die halb aus Gebeten, halb aus Verwünschungen bestanden. Wenigstens war noch nicht alles verloren. Den Übeltätern war die Flucht noch nicht gelungen, und es konnte und durfte nicht geschehen, daß sie den Ring durchbrachen und nach Westen entkamen.
    »Iestyn!« rief Beringar zur Luke hinauf. »Ich bin es, Hugh Beringar, der Stellvertreter des Sheriffs. Ihr kennt mich, Ihr wißt, warum ich hier bin, und Ihr wißt, daß ich gezwungen bin, meine Pflicht zu tun. Meine Männer haben Euch umstellt – ein Fluchtversuch ist daher aussichtslos. Seid vernünftig, kommt heraus und ergebt Euch, bevor noch Schlimmeres geschieht.
    Ihr sollt sehen, daß das vor Gericht zu Euren Gunsten sprechen wird. Es ist Eure einzige Chance. Das wißt Ihr, und Ihr solltet einsichtig sein.«
    »Nein!« rief Iestyn mit rauher Stimme. »Wir sind nicht so weit gegangen, um uns nun widerstandslos vor Gericht bringen zu lassen. Ich sage Euch noch einmal: Wir haben das Mädchen Rannilt in unserer Gewalt. Ich schwöre, ich werde sie töten, wenn einer Eurer Männer zu nahe kommt. Haltet sie also zurück. Ich meine es ernst.«
    »Seht Ihr denn im Umkreis von fünfzig Schritten außer mir noch einen anderen?« Beringars Stimme klang klar, ruhig und gelassen. »Ihr habt also ein Mädchen in Eurer Gewalt. Na und?
    Sie hat Euch nichts getan. Wenn Ihr ihr etwas zuleide tut, wird Euch das nur einen heißeren Platz in der Hölle einbringen.
    Wenn Ihr meine Kehle durchschneiden könntet, wäre es möglich, daß Euch die Flucht gelingt, aber ihr die Kehle durchzuschneiden, wird Euch weder nützen noch Euch befriedigen. Es paßt auch nicht zu dem, was ich von Euch weiß. Ihr habt bis jetzt keine Blutschuld auf Euch geladen.
    Warum wollt Ihr jetzt einen Mord begehen?«
    »Ihr habt leicht reden«, rief Iestyn bitter, »aber für uns steht alles auf dem Spiel, und wir sehen nicht ein, warum wir nicht die Waffen anwenden sollten, die uns zur Verfügung stehen.
    Und ich sage Euch: Wenn Ihr mich dazu zwingt, werde ich sie töten, und wenn Ihr dann gewaltsam hier eindringt, werde ich so viele mit ins Grab nehmen, wie ich kann. Aber wenn Ihr Eure wohlklingenden, ach so vernünftigen Worte ernst meint… Ja, Ihr könnt das Mädchen haben, gesund und unbeschädigt – zu einem Preis!«
    »Nennt ihn«, rief Beringar.
    »Ein Leben gegen ein Leben erscheint mir nur gerecht. Also Rannilts Leben gegen das meiner Frau. Laßt Susanna unbehelligt abziehen, mit ihrem Pferd und allem, was ihr gehört, ohne sie zu verfolgen, und ich werde Euch das Mädchen hinüberschicken, ohne ihm ein Haar zu krümmen.«
    »Und es würde Euch genügen, wenn ich Euch zusage, daß Susanna nicht verfolgt wird?« fragte Beringar, der versuchte, wenigstens einen kleinen Vorteil zu erringen.
    »Ich kenne Euch als einen Mann, der sein Wort hält.«
    Zwei der Anwesenden hatten scharf Luft geholt, als diese Bedingungen genannt wurden, und zwei Stimmen riefen gleichzeitig: »Nein!« Walter, der nur an sein Gold und Silber dachte, rannte einige Schritte auf Beringar zu, bis Cadfael ihn am Arm packte und zurückzog. Er zappelte und stieß empört hervor: »Nein! Einen solchen schändlichen Handel werde ich nicht zulassen! Alles, was ihr gehört? Es gehört mir, nicht ihr – sie hat es mir gestohlen! Ihr dürft auf einen solchen Handel nicht eingehen. Soll diese niederträchtige Verbrecherin etwa mit ihrer Beute nach Wales entkommen? Niemals! Ich werde es nicht zulassen!«
    In der Luke über der Tür waren undeutlich Bewegungen auszumachen, und dann erklang Susannas schneidende Stimme: »Was, ist mein liebender Vater auch bei Euch? Er will sein Geld und mein Leben, wie das eines jeden, der es wagen sollte, sein Geld anzurühren. Ihr kennt ihn schlecht, wenn Ihr erwartet habt, er würde bereit sein, auch nur einen Penny für das Leben eines Dienstmädchens oder auch das seiner Tochter zu bezahlen.
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