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Zuflucht Im Kloster

Zuflucht Im Kloster

Titel: Zuflucht Im Kloster
Autoren: Ellis Peters
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Keine Angst, lieber Vater, ich sage genauso laut nein wie du. Ich werde bei diesem Handel nicht mitmachen. Selbst unter Lebensgefahr werde ich meinen Mann nicht im Stich lassen. Hast du mich verstanden? Meinen Mann, meinen Geliebten, den Vater meines Kindes! Nur unter einer Bedingung würde ich mich von ihm trennen: Gebt Iestyn ein Pferd und laßt ihn unbehelligt in seine Heimat zurückkehren, dann werde ich freiwillig mit Euch gehen – in den Tod oder in ein jämmerliches, armseliges Leben, je nachdem, wie das Gericht entscheidet. Ich bin es, die Ihr vor Gericht stellen müßt, nicht er. Ich habe getötet, und ich sage es frei heraus…«
    »Sie lügt«, rief Iestyn heiser. »Ich bin der Schuldige. Was immer sie getan hat, hat sie nur für mich getan…«
    »Still, Geliebter, sie wissen es besser! Sie wissen, wer von uns beiden den Plan geschmiedet und ausgeführt hat. Sollen sie mit mir tun, was sie wollen – dich sollen sie nicht haben!«
    »Ach, Liebste, glaubst du denn, daß ich dich alleinlassen würde? Nicht für alle Schätze der Welt…«
    Sie schienen über ihren Streit die Verfolger vergessen zu haben. Nichts war zu erkennen außer den erregten Bewegungen schemenhafter Umrisse, die Gesichter und Hände sein mochten – Gesichter, die aneinander gepreßt wurden, Hände, die einander streichelten und liebkosten. Im nächsten Augenblick rief Iestyn: »Halt sie fest! Schnell, beeil dich! Sie will fliehen!« Die beiden fuhren auseinander, und der leise, enttäuschte Schrei, der gleich darauf ertönte, ließ Liliwin erzittern und Cadfaels Arm umklammern.
    »Das war Rannilt! O Gott, wenn ich doch nur bei ihr sein könnte…!« Aber das war nur geflüstert, denn er war sich der Spannung bewußt, die bewahrt werden mußte; Rannilts junges Leben und seine eigene Hoffnung auf eine glückliche Zukunft hingen davon ab. Seine Verzweiflung und sein Schmerz waren etwas, das er schweigend ertragen mußte.
    »Wenn sie schreien kann«, flüsterte Cadfael ihm ins Ohr, »dann ist sie noch am Leben. Und wenn sie einen Fluchtversuch machen konnte, als sie miteinander beschäftigt waren, dann ist sie unverletzt und nicht gefesselt. Denk daran.«
    »Ja, das ist wahr! Und sie hassen sie nicht, sie können sie nicht hassen oder ihr irgend etwas antun…« Und doch hörte er die Wut und den Schmerz aus den beiden trotzigen Stimmen heraus, und er wußte, wie Cadfael wußte, daß diese beiden, wenn man sie zum Äußersten trieb, schreckliche Dinge tun konnten, selbst wenn diese gegen ihre Natur waren. Mehr noch: Er verstand ihr Leid, und es quälte ihn, als erfahre er es am eigenen Leib.
    »Ihr habt Euch zu früh gefreut«, rief Iestyn vom Heuboden.
    »Wir haben sie immer noch in unserer Gewalt. Ich mache Euch einen anderen Vorschlag. Nehmt das Mädchen und das Gold und Silber, und gebt uns dafür zwei Pferde und eine Nacht Vorsprung!«
    Walter Aurifaber stieß einen Laut aus, der Begierde, Hoffnung und gleichzeitig Zweifel ausdrückte, und stürzte aus der Deckung. »Mylord! Mylord, das wäre annehmbar. Wenn sie mir mein Gold zurückerstatten…« Im Vergleich dazu schien ihm an einer Bestrafung nicht viel zu liegen.
    »Es ist jemand ermordet worden, und sein Leben kann nicht zurückerstattet werden«, erwiderte Beringar kurz und bedeutete ihm so streng, sich zurückzuziehen, daß der Goldschmied mit gesenktem Kopf wieder in Deckung ging.
    »Hört Ihr mich, Iestyn?« rief Beringar und hob seine Augen wieder zu der dunklen Luke. »Ihr mißversteht meine Pflicht. Ich stehe hier als Hüter der königlichen Gesetze, und ich bin bereit, die ganze Nacht hier zu stehen. Denkt noch einmal und gründlicher nach, und stellt Euch. Das ist das beste, was Ihr tun könnt.«
    »Ich bin hier. Ich höre Euch. Ich habe meine Meinung nicht geändert«, antwortete Iestyn grimmig von oben. »Wenn Ihr meine Frau und mich haben wollt, dann kommt und holt uns – aber dann werdet Ihr einen Tod auf dem Gewissen haben.«
    »Habe ich meine Hand erhoben?« sagte Beringar bedächtig.
    »Habe ich mein Schwert in der Scheide gelockert? Ihr könnt mich sehen, besser als ich Euch sehen kann. Wir haben noch die ganze Nacht vor uns. Wenn Ihr etwas zu sagen habt, dann sagt es. Ich werde hier sein.«
    Für Belagerer wie Belagerte schlich die Nacht mit zermürbender Langsamkeit dahin. Meist herrschte Stille, aber wenn sie zulange anhielt, unterbrach Beringar sie, um sicher zu sein, daß Iestyn nicht einschlief. Dabei ging er allerdings vorsichtig zu Werk, denn wenn die
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