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Zügel der Leidenschaft

Zügel der Leidenschaft

Titel: Zügel der Leidenschaft
Autoren: Susan Johnson
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Angela Lawton zuerst ihren Großpapa aus der Wiege heraus angelächelt hatte. Viscount Lawton hatte damals entschieden, seinen Taugenichts von einem Sohn in seinem Testament zu übergehen und sein Vermögen der schönen Enkelin zu hinterlassen.
    »Warten Sie«, sagte Kit hinsichtlich ihrer Pose und anderer, beunruhigender Gefühle, die das verführerische Lächeln der Gräfin in ihm ausgelöst hatten. Er sprang hinab auf den Rasen, der die Blumenbeete umgab, trat vorsichtig zwischen die hohen Lilienstengel, blieb direkt unter ihr stehen, hob die Arme und sagte lächelnd: »Jetzt.«
    Ohne zu zögern, sprang sie in einem Wirbel von Unterrocken und handgearbeiteter Spitze herab und fiel in seine Arme. Beide standen lachend zwischen den Lilien, so eng aneinandergepreßt wie zwei Jugendliche, die sich fröhlich einer Autorität entzogen haben. Doch dann verstummten sie plötzlich, weil ihnen eine jähe, drängende Empfänglichkeit füreinander den Atem verschlug. Ungeachtet der Umstände zeigte Kits Körper eine Reaktion auf seine stürmisch hochschlagende Begierde, und auch Angela wurde von einer rasch aufflammenden Erregung erfaßt. In dieser Umarmung, die seidenbeschuhten Füßchen in der Luft baumelnd, während ihre kleinen Hände auf seinen starken Schultern ruhten, fand die Gräfin als erste ihre Stimme wieder – weil Priscilla Pembroke in diesen gutaussehenden jungen Mann verliebt und Charlotte ihre beste Freundin war.
    »Wenn Sie so freundlich sein würden, Mr. Braddock, mich abzusetzen«, sagt sie mit freundlich-neutraler Stimme. Er zögerte den Bruchteil einer Sekunde, denn sein Leben war bisher in sorgloser Zurückweisung aller Konventionen verlaufen. Ihr prachtvoller Körper lag eng an seinen gepreßt – in dem die Erregung anschwoll –, und er hatte die erstaunte, aufblitzende Lust in ihrem Blick gesehen. Er kannte alle Geschichten über sie. Sie war eine Frau von großer Leidenschaft, Geliebte des Prinzen von Wales und anderer – Gräfin Angel, die große Verführerin ihrer Epoche.
    »Sie müssen mich jetzt absetzen, Mr. Braddock. Priscilla hätte dafür kein Verständnis.«
    Die Erwähnung der jungen Frau, mit der er sich seit einiger Zeit verbunden fühlte, reichte aus, um Kits weniger prinzipientreue Impulse in die Schranken zu weisen. Er löste seinen Griff und ließ sie auf die Füße gleiten. »Ich hoffe, sie hat Verständnis für meinen unvermuteten Abschied«, sagte er leichthin und ignorierte die leise Ermahnung, die sie ihm erteilt hatte. Er lächelte: »Aber der Sieg in dem Rennen morgen ist wichtiger.«
    »Priscilla weiß, wie gern Männer gewinnen, Mr. Braddock«, erwiderte die Gräfin, ebenfalls lächelnd. »Sie ist ein sehr vernünftiges junges Mädchen.«
    »Aber nicht so schön wie Sie«, gab er leise zurück – und im gleichen Moment, als er diese Worte aussprach, wußte er, daß er sie nicht hätte sagen dürfen.
    Darauf folgte eine winzige Pause, ehe sie, sich genau wie er der unbedachten Gefühle bewußt, mit höflicher Stimme sagte: »Wie schmeichelhaft, Mr. Braddock.«
    Sie rückte auf einen weniger intimen Abstand zu ihm und fügte hinzu: »Ich möchte mich nun verabschieden.«
    »Möchten Sie, daß ich Sie nach Hause begleite?« antwortete Kit mit geschulter Politesse.
    »Nein, ich wohne ganz in der Nähe.«
    »Dann gute Nacht, Gräfin. Ich wünsche Ihnen angenehme Träume.«
    »Ich träume niemals, Mr. Braddock.« Sie schritt durch die hohen, majestätischen Lilien, deren prachtvolle Blüten ihrer zierlichen Gestalt bis zur Schulter reichten. »Doch haben Sie herzlichen Dank dafür, mich vor diesem elenden Abend gerettet zu haben. Ich stehe in Ihrer Schuld.« Sie wandte sich lächelnd um und winkte mit ihrem weißen Glacehandschuh, der hell aufglänzte, durch die Nacht.
    Als sie sich über den samtigen Rasen entfernte, vertiefte sich Kit in Gedanken über die Möglichkeit, diese Schuld eines Tages einzutreiben.
    Eines Tages, wenn er sich in einer weniger diplomatischen Phase befand.
    Oder wenn er sich einfach ein schlechteres Benehmen leisten konnte.
    Kit kehrte auf seine Jacht zurück und dachte im Laufe der Nacht noch viele Male an Angela de Grae. Jedesmal, wenn die Realität in seine Träume eindrang und sein Blick sich auf die Frauen in seinem Bett richtete – von denen keine der hellhaarigen Gräfin ähnelte – erbebte er unter einem für ihn völlig ungewohnten Schauder von Reue.
    Angela konnte ebenfalls nicht schlafen. Sie stand auf dem Balkon vor ihrem Boudoir und
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