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Zügel der Leidenschaft

Zügel der Leidenschaft

Titel: Zügel der Leidenschaft
Autoren: Susan Johnson
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lauten Schrei an.
    Seine neue Familie war überglücklich.
    Er hatte rötlichen Flaum auf dem Kopf, mit dem er jetzt schon aussah wie ein zauberhafter kleiner Engel, und seine blauen Neugeborenenaugen hatten bereits einen grünen Schimmer.
    Sein Gurgeln und Krähen bezauberte jeden sofort.
    May sagte später an diesem Abend: »Wo ich jetzt drei bin, kann ich ihn doch auch schon halten«, und mühte sich ab, den kleinen stämmigen Bruder aus der Wiege zu heben, während Kit vorsorglich dabeistand, falls sie das kostbare Bündel aus Versehen losließ. »Er mag mich«, schloß sie und hielt ihn fest umfangen.
    Billy schien nichts gegen den schwesterlichen Würgegriff zu haben und lächelte fröhlich gurgelnd seine Schwester an.
    »Er redet schon mit dir«, sagte Fitz, der am Fußende bei seiner Mutter saß, immer noch in Segelkleidung. Sein jungenhaftes Gesicht war völlig verzückt.
    May neigte den Kopf auf die Seite und lauschte. »Er will segeln gehen«, erklärte sie dann. »Das hat er gesagt. Können wir, Papa?« fragte sie freudig.
    »Wenn deine Mutter zustimmt«, antwortete Kit. Alle Schätze seiner Welt befanden sich in diesem Zimmer, das aufs Meer hinausging.
    Angelas streckte die Hand nach ihm aus, weil sie seine Berührung brauchte, und er trat zu ihr, nahm ihre kleine Hand und lächelte mit unendlicher Liebe auf sie herab. »Wir können gleich morgen gehen«, antwortete Angela. »Wenn du mich trägst.«
    »Ich trag dich bis ans Ende der Welt«, antwortete er und bückte sich, um sie auf die Wange zu küssen.
    Sie lächelte zu ihm hoch wie an dem Abend auf der Terrasse des Jachtclubs: Lustvoll, zauberhaft, von der ersten Sekunde an der Engel seines Herzens.
    An einem Tag im darauffolgenden Jahr trug er sie über eine breite, schöne Straße, die man durch den Dschungel geschlagen und mit Steinen gepflastert hatte. Sie führte zu einem kleinen Tempel auf einer üppigen, grünen Lichtung. Das Gebäude war ein kostbarer Juwel der javanesischen Architektur, mit Blattgold überzogen und mit prachtvollen Skulpturen und hohen, spitzen Türmchen verziert.
    Er erzählte ihr, wie Devaraja ihm in der Nacht auf dem Weg nach Wickem geholfen hatte. Da begriff sie plötzlich die Bedeutung dieser neuen Straße und sagte: »Vielleicht können wir seinen Namen dem unseres zweiten Kindes hinzufügen?«
    »Ist es schon wieder soweit?« fragte Kit überrascht und erfreut.
    »Findest du es zu früh für ein weiteres Kind?« fragte sie darauf mit einem unwiderstehlichen Lächeln.
    »Wenn man an deinen Appetit denkt, meine Liebe«, erwiderte er grinsend, »dann bin ich eigentlich überrascht, daß du nicht längst schon wieder schwanger bist.«
    »Dann hast du also nichts dagegen?«
    Er lachte. »Nein, ganz und gar nicht, mon ange . Ich bin mehr als bereit, meinen Teil dazu zu tun. Du mußt mir nur sagen, wenn wir unser Soll erfüllt haben.«

Lieber Leser,
    als ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal auf die herzzerreißende Geschichte von Daisy, Gräfin Warwick, stieß, rührte mich das Leid, das sie wegen einer unglücklichen Liebesgeschichte erlitt. Das Schicksal ging nicht freundlich mit ihr um, denn als sie endlich die große Leidenschaft ihres Lebens gefunden hatte, war es für sie unmöglich, den Mann zu heiraten, ›den sie am liebsten in der ganzen Welt hatte‹. Ich wünschte damals, daß ich ihr den Mann hätte geben können, den sie so liebte.
    Mit literarischer Freiheit und einem kleinen Eingriff in die Geschichte bietet ihr das vorliegende Buch – in Gestalt der Angela de Grae – das Glück, das sie verdiente. Daisy Warwick (Lady Brooke, ehe ihr Mann den Titel erbte) war eine bemerkenswerte Frau voller Unabhängigkeit und Geist. Sie wehrte sich gegen die Einengungen ihrer Epoche. Perfekt war sie nicht, sie machte auch Fehler – als Produkt ihrer Klasse und ihrer Erziehung. Doch von allen Frauen der oberen Zehntausend war sie die einzige, die die Ungleichheiten des Lebens ernsthaft in Frage stellte.
    Sie schreibt in ihren Memoiren: »Wenn Sie meinen Nachruf verfassen, sollten Sie von einer Frau berichten, die sich lebhaft viele Dinge ausdachte, wie sie das menschliche Los verbessern könnte, während die Götter über ihre bescheidenen Anstrengungen einer gefangenen Seele lächelten, die nach einem Fluchtweg suchte.«
    Am klarsten drückt sich Daisy Warwick in einem Gespräch aus, das sie 1896 führte. Damals fragte sie die Reporterin eines Frauenmagazins: »Wie stehen Sie dazu, daß man Frauen auch öffentliche
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