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Zuckersuesse Todsuenden

Zuckersuesse Todsuenden

Titel: Zuckersuesse Todsuenden
Autoren: Janet Evanovich
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Muggin. Zwei Wochen nach dem Examen und eine Woche vor der Hochzeit wurden Anthony und sein Onkel Gordo beim Diebstahl eines mit Rinderhälften beladenen Kühllastwagens erwischt. Das stellte sich als Glücksfall heraus, denn nachdem ich Anthony im Gefängnis besucht und ihm den Ring zurückgegeben hatte, tröstete ich mich schluchzend mit einigen Gläsern Wodka, fiel im Vollrausch vom Klo, krachte gegen das Waschbecken und brach mir die Nase. Als sie mich zusammengeflickt hatten, war ich den Spitznamen Hakennase los.
    Jetzt habe ich die hübscheste Nase in der ganzen Stadt, und meine Brüste sind mittlerweile auch gewachsen. Sie sind zwar nicht besonders groß, aber besser als gar nichts, und sie sind, wie man mir versicherte, fest und keck. Keck klingt gut, oder?
    Im Januar, drei Tage nach meinem achtundzwanzigsten Geburtstag, erbte ich ein Haus von meiner exzentrischen Großtante Ophelia. Das Haus steht in Marblehead, nördlich von Boston. Also räumte ich mein Bankkonto ab, um die Steuern für das Haus bezahlen zu können, kündigte meinen Job in einem Restaurant in Manhattan und zog in Ophelias alten Kasten ein. Wahrscheinlich wäre es das Klügste gewesen, das Haus zu verkaufen, aber ich bin nicht bekannt dafür, immer kluge Entscheidungen zu treffen. Und in New York hatte es mir ohnehin nicht gefallen. Die Arbeitszeiten in dem Restaurant waren grauenhaft, das Betriebsklima war vergiftet, und der Küchenchef konnte Cupcakes nicht ausstehen.
    Seit fünf Monaten lebe ich nun in meinem neuen Zuhause in Marblehead und arbeite als Kuchenbäckerin bei Dazzle’s Bakery in Salem, eine Ortschaft weiter. Die Bäckerei ist schon seit den Zeiten der Puritaner im Besitz der Familie Dazzle und wird nun von Clarinda Dazzle geführt. Sie lebt in einer Wohnung über der Bäckerei, ist zweimal geschieden, geht auf die vierzig zu und sieht aus wie Cher an einem freien Tag. Clara ist eins fünfundsechzig – also so groß wie ich –, wirkt aber größer. Ich glaube, das liegt an ihrem Haar. Claras Haar ist schwarz und von grauen Strähnen durchzogen – und wäre es glatt, würde es ihr bis auf die Schultern reichen. Doch der gewaltige, widerspenstige Lockenschopf bedeckt nur knapp ihre Ohren und scheint vor Energie zu sprühen. Manchmal bindet Clara ihr Haar auch zu einem schlampigen Knoten zusammen. Sie hat stechende blaue Augen, und ihre Nase und ihren Mund verdankt sie angeblich indianischen Vorfahren mütterlicherseits, die dem Stamm der Wampanoag angehörten. Ich bin bei Weitem nicht so exotisch. Meine Vorfahren stammen aus Österreich und Dänemark und haben mir dünnes blondes Haar und einen Körper vererbt, der sportlicher aussieht, als er tatsächlich ist.
    Es war Dienstagmorgen, die Junisonne schien hell über Salem, und Clara und ich backten bereits seit fünf Uhr morgens. Ich trug meine übliche Kluft – Laufschuhe, Jeans, ein T-Shirt und einen weißen Kittel. Ich hatte mein Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und war mit Mehl und Puderzucker bestäubt. Die Welt war in Ordnung, nur Clara war aufgebracht. Es war acht Uhr, Zeit, den Laden zu öffnen, und unsere Verkaufskraft Gloria Blinkly war noch nicht erschienen.
    »Herrgott noch mal«, schimpfte Clara. »Ich hab schließlich kein Heer an Ersatzkräften. Hier gibt es nur dich und mich und Glo. Wie sollen wir alles gebacken kriegen, wenn wir ständig nach vorne laufen müssen, um Muffins zu verkaufen? Wo zur Hölle steckt sie?«
    Wir standen in dem großen vorderen Raum, in dem die Backwaren verkauft wurden. Auf dem Boden lagen breite Kiefernbohlen, die Wände waren ungleichmäßig verputzt und schief. Der Verkaufsraum war in einem annehmbaren Zustand, wenn man bedachte, dass er aus der Zeit der Salemer Hexenprozesse stammte. Die Vitrinen bestanden aus altmodischen, mit dunklem Holz eingefassten Glasscheiben und enthielten im Moment einige Zimtrollen, vier verschiedene Sorten Muffins, Mandeltörtchen und Apfelstrudel. Die Brote lagen in Drahtkörben an der Wand. Der verbleibende Platz hinter der Glasscheibe war für meine Cupcakes vorgesehen. Die Registrierkasse stammte aus dem Jahr 1920. Immerhin war das Kreditkartengerät auf dem neuesten Stand der Technik.
    Ein schnittiger, tief liegender schwarzer Wagen fuhr vor, und ein Mann stieg aus. Er war gut eins achtzig groß und hatte sein schulterlanges, schwarz glänzendes Haar aus dem Gesicht gestrichen. Seine Haut war gespenstisch blass, und seine Augen waren so schwarz wie sein Haar. Er trug einen perfekt
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