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Zuchthengst zu verkaufen

Zuchthengst zu verkaufen

Titel: Zuchthengst zu verkaufen
Autoren: Martina Hertig-Binz
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erst bewusst geworden, als sie sich auf die Couch im Wohnzimmer gesetzt hatte und dabei prompt etwas undefinierbar Klebriges zu fassen bekam.
    Aber all das verschwand in den unwichtigen Hintergrund, wenn sie an die leidenden Tiere im Stall dachte. Sie war in Chicago gross geworden – war ein echtes Stadtkind. Von Tieren hatte sie genauso viel Ahnung wie von Flügen zum Mond. Sie hatte davon gehört, davon im Fernsehen gesehen, aber nie hatte sie tatsächlich etwas mit einem lebendigen Tier zu tun gehabt. Ihr Vermieter hatte Haustiere nicht geduldet und diese wären auch nicht besonders glücklich gewesen. Nie hätten sie sie rauslassen können, oft wären sie ganz alleine in der leeren Wohnung zurückgeblieben. Das allerdings hinderte sie freilich nicht daran, ein Herz für die armen Kreaturen dort drüben zu haben und sich wegen ihrer prekären Lage schlecht zu fühlen. Auch wenn sie im vergangenen Jahr nicht persönlich hatte nach dem Rechten sehen können, so hätte sie doch bestimmt irgendetwas unternehmen können – unternehmen müssen, damit es den Tieren nun nicht so miserabel ging. Sie hatte sich damit grosse Schuld aufgeladen und hoffte, dass Scott das Ruder noch herumreissen und die Pferde ohne Ausnahme retten konnte.
    Scott – ein komischer Kauz. Erst hatte sie gedacht, er sei ein humorvoller Typ. Aber vorhin beim Nachtessen hatte er sich äusserst wortkarg gegeben. Vielleicht war es einfach die Müdigkeit, die sie ihm angesehen hatte, vielleicht hatte ihn der grosse Hunger von höflicher Konversation abgehalten oder vielleicht war er einfach ein stiller Typ, der nie viel sagte. Das glaubte sie allerdings nicht ganz. Jedenfalls hatte er über seine schlechte Meinung von ihr kein Geheimnis gemacht. Er machte sie alleine für die Misere hier zuständig und verlangte Antworten, die sie ihm nicht geben konnte. So war das Gespräch zum Stillstand gekommen noch ehe es richtig begonnen hatte, obwohl sie einen freundschaftlichen Ton angeschlagen und ihm das Du angeboten hatte. Und nun war er drüben in seiner Kammer. Ob es dort wohnlicher war? Sollte sie selbst auch lieber über dem Stall schlafen? Wenigsten wäre sie dort nicht ganz so alleine. Na ja, den Luxus konnte sie sich eigentlich sparen. Sie würde bestimmt weder hier noch dort ein Auge zukriegen. Und im Moment hatte sie sowieso zu grosse Sorgen, um sich zu entspannen. Sie musste unbedingt ihren neuesten Roman fertig kriegen. Das Geld wurde hier dringend benötigt. Nach Scotts Einkaufstour waren ihre Ersparnisse auf einen kümmerlichen Rest zusammengeschrumpft.
    Mit einem tiefen Seufzer setzte sie sich mit ihrem Laptop an den Küchentisch und liess ihrer Phantasie freien Lauf. Komisch nur, dass der imaginäre Liebhaber plötzlich Scotts Gesichtszüge aufwies und sie mit seinen strahlend blauen Augen fordernd anstarrte.
     
    ***
     
    „Herzliche Gratulation! Thomas ist ein Prachtkerl. Er wird dem Grafentitel alle Ehre machen.“
    „Rede keinen Quatsch, Brüderchen.“ auch wenn Ewan das Kompliment abtat, war sogar durchs Telefon sein fühlbarer Stolz über die Geburt des Sohnes zu spüren.
    „Wie geht es Lea?“
    „Es geht ihr gut. Wir sind vollends damit beschäftigt, sie am Aufstehen zu hindern. Die Hebamme hat gesagt, dass ein paar Tage Bettruhe für eine frisch gebackene Mutter das Allerbeste sei. Aber davon will sie natürlich nichts wissen. Am liebsten würde ich sie mit Handschellen ans Bett ketten, damit sie sich von den Strapazen der Geburt erholen kann.“
    „Ich freue mich riesig für Euch.“
    „Wann kommst Du endlich nach Hause, um Deinen neuen Neffen kennen zu lernen?“
    „Deswegen rufe ich eigentlich an – es gibt da ein paar Probleme. Ich brauche dringend Deine Hilfe. Könntest Du bitte alle Stallburschen herschicken, die Du irgendwie entbehren kannst?“
    Ewan wusste, dass Scott diese Bitte nicht grundlos äusserte. Schliesslich war er hauptsächlich verantwortlich für die Pferdezucht und er würde seinen eigenen Tieren niemals die Pfleger entziehen, wenn es kein absoluter Notfall wäre.
    „Mehr als einen Mitarbeiter wird Murdoch wohl kaum hergeben. Schon bei dem einen wird er es nur widerstrebend erlauben.“
    „Denkst Du Grant könnte auch noch kommen. Mit vier weiteren Händen sollten wir den hiesigen Notstand in absehbarer Zeit unter Kontrolle bringen können.“ Er wusste es besser, als mit Ewan über seine Argumente zu diskutieren. Schliesslich hatte er genügend Erfahrung mit dem Stallmeister und wollte ihn
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