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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh
Autoren: Julie Kibler
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mädchenhaft! Ich war ein trauriger Spatz inmitten
von Paradiesvögeln. Unsicher holte ich die Zigarettenspitze von Tante Bertie
aus der Handtasche. Vielleicht würde ich so eher wie eine Frau wirken. Und
tatsächlich: Sofort kam ein attraktiver junger Mann in einem marineblauen Anzug
durch den verrauchten Raum auf mich zu.
    Â»Feuer, Süße?«
    Ich schielte zu Trudie auf der Tanzfläche hinüber. Sie schien sich
prächtig zu amüsieren. Und in diesem Moment fällte ich eine Entscheidung. »Ja,
und eine Zigarette.« Ich betonte jede Silbe extra, um den Eindruck zu erwecken,
dass ich wusste, was ich tat.
    Er fischte ein Päckchen aus seiner Tasche und steckte eine Zigarette
in Tante Berties Spitze. Ich beugte mich zu ihm vor, das Jademundstück zwischen
den Lippen, wie ich es bei anderen gesehen hatte, und sog an der Zigarette,
während er sie anzündete. Der heiße Rauch war beißender als erwartet. Ich hielt
den Atem an, um nicht zu husten.
    Â»Was trinkst du?«, fragte der Mann.
    Â»Ich hab noch nichts bestellt.«
    Â»Was hättest du denn gern?«
    Ich versuchte, mich an die Filme zu erinnern, die ich mir mit
Freundinnen angesehen hatte. Da tranken die Hauptdarsteller immer Cocktails.
»Einen Sidecar?«
    Â»Kommt sofort.« Er gab dem Kellner ein Zeichen, und wenig später
hielt ich ein Glas mit der köstlichsten Flüssigkeit in der Hand, die ich je
probiert hatte – nachdem ich den Schock beim ersten Schluck überwunden hatte.
Vielleicht würde es ja doch noch ein netter Abend werden. Schnell leerte ich
mein Glas. Zu schnell? Ich hatte keine Ahnung. Aber nur Sekunden später
überreichte mir der junge Mann einen weiteren Cocktail, und ich nahm ihn an.
    Â»Bist du zum ersten Mal hier?«, fragte er.
    Â»Sieht man mir das an?« Bevor er antworten konnte, sprach ich
schnell weiter: »Ich habe gehört, dass das hier ein richtig exquisiter
Nachtklub sein soll.« Die Asche am Ende meiner Zigarette ringelte sich wie eine
Schlange und wurde immer länger. Angeekelt hielt ich sie von mir weg. Der junge
Mann nahm eine Kristallschale aus einer Nische, sodass ich die Asche
hineinschnipsen konnte.
    Â»Danke. Sie haben mich gerettet, Mr …?«
    Â»Louie. Eigentlich heiße ich Louis, aber meine Freunde nennen mich
Louie.« Er zwinkerte mir zu. »Wie wär’s mit einem Tänzchen?«
    Â»Gern, äh, Louie.« Er wirkte wie ein Gentleman in seinem makellosen
Anzug und hatte bisher Stil bewiesen. Ich drückte die Zigarette aus und
verstaute die Spitze in der Handtasche, während Louie mein Glas wegstellte,
zusammen mit den etlichen, die er geleert hatte.
    Louie führte mich auf die Tanzfläche, wo er mich an sich drückte – fester,
als mir lieb war. Ich hielt die Arme steif an den Körper gepresst, damit
zwischen uns noch ein wenig Abstand blieb. Wenn ich den Parkettboden ansah,
wurde mir schwindelig, also richtete ich den Blick auf Louies Kinn. Als der
Song zu Ende war, löste ich mich von ihm und stellte erleichtert fest, dass
Trudie mit ihrem Tanzpartner gerade zur Bar zurückkehrte. Außerdem musste ich
zur Toilette. Doch Louie packte mich am Arm und dirigierte mich auf eine Tür am
hinteren Ende des Raums zu. »Lass uns ein bisschen frische Luft schnappen,
Süße. Hier ist es ziemlich stickig.«
    Ich versuchte, seine Hand abzuschütteln. »Zu fest?«, fragte er
grinsend. »Entschuldige, aber hier drin ist es heiß wie in einem Ofen. Ich
kann’s gar nicht erwarten rauszukommen.« Er lockerte seinen Griff etwas, schob
mich jedoch weiter in Richtung Tür. Ich reckte meinen Hals, um nachzuschauen,
ob Trudie uns gehen sah. Und obwohl ich ihr hektisch zuwinkte, bekam sie von
alldem nichts mit. Stattdessen lachte sie mit ihrem Tanzpartner, einen neuen
Drink in der Hand. Ich ließ mich von Louis durch die Tür schieben, in der
Hoffnung, nach ein paar Minuten wieder in den Klub zurückkehren zu können, ohne
unhöflich zu wirken.
    Inzwischen war es dunkel geworden, und in der Gasse roch es süßlich
nach verrottendem Abfall. Hoffentlich gab es hier keine Ratten.
    Louie klopfte auf meinem Arm eine Zigarette aus der Packung. »Noch
eine, Süße? Moment mal. Du kennst meinen Namen, ich deinen aber nicht. Das ist
nicht fair.«
    Â»Isabelle. Es tut mir leid, aber ich muss zur Toilette.«
    Â»Nein, musst du nicht.« Louie packte mich erneut am Arm.
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