Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche
Autoren: Martin Edwards
Vom Netzwerk:
verwandelt.

Kapitel Neunzehn
    »Dein Ex«, sagte Marc schläfrig, »dieser Freund - was ist aus ihm geworden?«
    Schon längst saß er nicht mehr aufrecht auf dem Sofa. Viel zu anstrengend! Nachdem er Cassies Beispiel gefolgt war, die Schuhe abzustreifen, hatte er sich ausgestreckt und bemühte sich seit einigen Minuten, die Augen offen zu halten. Heute bekam er seine Chance; er durfte sie keinesfalls vermasseln. Cassie kniete mit untergeschlagenen Beinen neben ihm auf der Couch. Ihre Brüste berührten ihn fast. Sie atmete schwer.
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Wir haben doch alle Zeit der Welt.«
    »Glaubst du?«
    »Bestimmt.« Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. »Für den Laden ist gesorgt. Ich muss da heute nicht mehr hin.«
    »Ich muss dir ein Geständnis machen.«
    »Was immer du willst.«
    »Mein Freund und ich, wir sind noch zusammen.«
    Er bewegte den Kopf. »Du meinst ...«
    »Es tut mir leid, Marc.«
    »Du klingst wie ein Chef, der gerade jemandem kündigen will.« Er lächelte, um ihr zu zeigen, dass er einfach nur versuchte, Licht in das Ganze zu bringen.
    »Weißt du was? Bei mir ist mal eine abhängige Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden, und zwar, als mein Freund und ich uns trennten und ich von der Uni abging. Meine Psychotherapeutin bezeichnete mich als überspannt, impulsiv und attestierte mir einen Mangel an Selbstbewusstsein. Mit Neigung zu dramatischer Gefühlsbetonung, so nannte sie es.«
    »Gefühlsbetonung - aha!«
    »Du magst darüber lachen, aber sie ahnte nicht einmal die Hälfte. Ach was - nicht einmal ein Zehntel.«
    »Ich glaube nicht, dass du von ihm abhängig bist.«
    »Du verstehst mich nicht. Ich habe es nicht unter Kontrolle. Was er und ich getan haben, war so schrecklich, dass er abgehauen ist.«
    Marc schnaubte verächtlich. »Er ist abgehauen?«
    Cassie ging nicht darauf ein. »Ich habe Jahre damit verbracht, dagegen anzukämpfen und über ihn hinwegzukommen. Nicht nur über ihn, sondern auch darüber, wie ich mich in seiner Gegenwart fühlte. Ich wusste, wie sehr er mich begehrte, und ich wusste auch, dass er so eifersüchtig war, dass er alles, wirklich alles tun würde, um dem Schmerz zu entkommen.«
    »Du hast recht«, sagte Marc. »Ich verstehe es wirklich nicht.«
    »Es liegt in der Natur des Abhängigkeitssyndroms«, dozierte sie, als unterrichte sie eine Klasse von Lernbehinderten. »Im Lauf der Zeit braucht man eine immer höhere Dosis Stimulans. Die Therapeutin hat mich davor gewarnt und sich nicht geirrt. Sie ermutigte mich, über meine Fantasien zu schreiben, aber wenn ich die Wahrheit in Kurzgeschichten verarbeitete, haben sie nicht funktioniert. Das, was zwischen ihm und mir passierte, konnte ich nicht erfinden. Und als er wieder in mein Leben zurückkehrte, fing alles von vorne an. Ich gebe es nicht gern zu, aber sein Herzschmerz macht mich einfach unendlich an. Ich genieße es zu sehen, wie er leidet, wenn ich ihm von anderen Männern erzähle. Seine Fantasie war schon immer ausgesprochen lebhaft. Dabei ist mir aufgefallen, dass eine erfundene Geschichte mit dem wirklichen Leben nicht vergleichbar ist. Er ist mir hörig, und meine Abhängigkeit ist nichts im Vergleich zu seiner.«
    Marcs Wangen brannten, als hätte Cassie ihn geohrfeigt. »Der Kerl muss ein ausgemachter Loser sein und ist bestimmt nicht der Richtige für dich. Du musst ganz neu anfangen.«
    »Ich brauche das, was er für mich tut.«
    »Cassie, du hast selbst gesagt, dass er dich traurig macht. Du willst doch sicher nicht ernsthaft, dass er von dir abhängig wird? Das ist keine gesunde Einstellung.«
    »Zu spät«, flüsterte sie.
    Marc zwang sich in eine aufrechte Sitzposition. Nach einer schlechten Nacht im Haus seiner Mutter mochte er vielleicht erschöpft sein, aber hier musste etwas ein für alle Mal klargestellt werden. Er konnte Cassie nicht einfach irgendeinem Niemand überlassen.
    »Keine Sorge.« Er streichelte ihre kalten, hübschen Wangen. »Du kommst da raus.«
    »Glaubst du etwa, ich hätte es nicht versucht? Als ich in die Klinik kam und er verschwand, dachte ich, ich würde ihn nie wiedersehen. Aber als er plötzlich wieder auftauchte, war ich verloren.«
    »Belästigt er dich? Oder bedroht er dich etwa?«
    »Quatsch. Er ist ganz anders.«
    »Ich passe auf dich auf.«
    Sie rümpfte die Nase. »Es ist genau, wie ich gesagt habe: Du verstehst es nicht.«
    »Was gibt es denn da zu verstehen?«
    »Das zwischen uns ist ein Geben und Nehmen. Etwas Einzigartiges
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher