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Zu Schnell

Zu Schnell

Titel: Zu Schnell
Autoren: John Boyne
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du dir das vorstellen?«, fiel ihm seine Frau empört ins Wort. »Diese Frau rast wie eine Verrückte mit dem Auto unsere Straße hinunter und überfährt unseren kleinen Jungen – sie hat ihn fast umgebracht, und jetzt wird nicht einmal Anzeige gegen sie erstattet! Was für ein Rechtssystem haben wir eigentlich, wenn jemand …«
    »Samantha – das haben sie uns doch alles erklärt. Es war nicht ausschließlich ihre Schuld.«
    »Was soll das heißen? Willst du damit sagen, dass es Andys Schuld war?«, rief seine Frau. »Du machst ihn für den Unfall verantwortlich?«
    »Nein, ich sage nicht, es war Andys Schuld. Ich will nur sagen, wenn …«
    »Das ist doch vollkommen lächerlich!«, schrie Sarahs Mutter. »Diese Frau, diese fürchterliche Frau, die nicht weiß, was falsch und was richtig ist, tut so etwas Schlimmes, und dann kommt sie ungestraft davon? Ich sag dir eins – das lasse ich mir nicht bieten. Und wenn ich höchstpersönlich …«
    Ich konnte das nicht länger mit anhören. Ich kroch unter dem Bett hervor und knallte dabei fast mit dem Kopf gegen das Metallgestell. Sarahs Vater stieß einen überraschten Schrei aus, und ihre Mutter hopste rückwärts, als hätte sie gerade eine Maus gesehen.
    »Es war gar nicht ihre Schuld!«, schrie ich los. Ich spürte, wie mein Gesicht vor Wut feuerrot anlief. »Es war Sarahs Schuld. Fragen Sie doch Ihre Tochter, was wirklich passiert ist, bevor Sie …«
    Ich redete nicht weiter. Wir starrten uns alle gegenseitig an, und keiner wusste, was tun. Dann tat ich das Einzige, was mir noch blieb.
    Ich rannte los.

Kapitel 9
    »Danny!« Das war mein Vater, der später am Nachmittag ohne anzuklopfen in mein Zimmer kam. »Danny, sag bitte, dass das nicht wahr ist.«
    »Dass was nicht wahr ist?«, fragte ich und schaute ihn unschuldig an, als hätte ich tatsächlich keine Ahnung, wovon er redete.
    »Du weißt ganz genau, was ich meine. Und ich sehe dir an, dass es wahr ist. Was zum Teufel ist nur in dich gefahren?«
    »Wovon redest du? Ich …«
    »Ach, spiel doch nicht das Unschuldslamm«, schimpfte er. »Gerade war die Polizei hier, und ich hatte ziemliche Mühe, die Beamten davon zu überzeugen, dass sie lieber mit mir reden sollen als mit dir. Anscheinend haben Mr und Mrs Maclean Anzeige gegen dich erstattet, wegen Hausfriedensbruchs – weil du unrechtmäßig ins Krankenzimmer ihres Sohnes eingedrungen bist. Sag mir, dass das so nicht stimmt. Bitte, sag mir, dass die beiden irgendetwas missverstanden haben.«
    Ich ließ beschämt den Kopf hängen. Einen Moment lang überlegte ich ernsthaft, ob ich sagen sollte, Andys Eltern hätten mich bestimmt verwechselt, weil ich überhaupt nicht im Krankenhaus war, nicht mal in der Nähe. Warum sollte ich dort hingehen? Garantiert konnte ich Luke Kennedy überreden, mir ein Alibi zu geben, falls ich eines brauchte. Aber mir war klar, das war kein Ausweg. Ich musste alles gestehen.
    »Es ist nicht so, wie’s aussieht,«, begann ich, doch Dad ließ mich nicht weiterreden. Er fuchtelte wütend mit den Armen und brüllte: »Ich fasse es nicht! Als hätten wir nicht schon genug Probleme! Reicht es nicht, dass die Polizei neulich schon mal hier war mit schlechten Neuigkeiten? Was hast du dir nur dabei gedacht? Verdammter Mist! Was hast du überhaupt im Krankenhaus verloren?«
    »Ich wollte ihn sehen«, antwortete ich. »Sarah hat gesagt, sie möchte, dass ich mitkomme, und da …«
    »Sarah?«, fragte er und starrte mich überrascht an. »Wer ist Sarah? Du hast noch nie von ihr erzählt.«
    »Sarah Maclean. Andys Schwester.«
    »Andys … wie bitte?« Dad überlegte kurz, setzte sich kopfschüttelnd auf die Bettkante und lachte leise. »Du bist mit der Schwester des kleinen Jungen befreundet? Und davon erfahre ich jetzt erst?«
    »Ich bin nicht mit ihr befreundet«, erklärte ich. »Bevor das alles losging, habe ich sie nicht mal gekannt. Sie ist hierhergekommen. Vor zwei Wochen oder so.«
    »Sie ist hierhergekommen? Zu uns ins Haus?«
    »Nein, sie hat draußen auf der Straße gewartet. Ich habe gemerkt, dass sie mich beobachtet, und dann habe ich sie gefragt, wer sie ist, und wir haben geredet. Später haben wir uns im Park getroffen und noch mal geredet. Und dann ist sie nach meiner Geburtstagsparty wieder hier vorbeigekommen.« Diesen Punkt erwähnte ich, weil ich hoffte, dass ihn das milde stimmen könnte, denn schließlich war der Abend nicht gerade optimal gelaufen. »Sie ist nett«, fügte ich noch hinzu, obwohl ich
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